Von neuen Lebensmittlern oder Drogeriemärkten sind die Kommunalpolitiker nicht begeistert. Außergewöhnliche Angebote sollen das Zentrum längs der Stadtachse zum Schmuckstück machen. Jetzt werden renommierte Stadtplaner eingebunden.

Leonberg - Der Gemeinderat drückt die Reset-Taste und stellt die Diskussion über die Zukunft der Stadtmitte sozusagen auf null. Bevor eine definitive Entscheidung fällt, was wann wo und wie gebaut wird, sollen zunächst diverse renommierte Stadtplaner das Leonberger Zentrum in Augenschein nehmen, um dann ihre Empfehlungen für die künftige Gestaltung des Bereiches zwischen dem Neuköllner Platz und dem Marktplatz abzugeben.

 

Das ist das Ergebnis einer denkwürdigen Ratssitzung, in der eigentlich die städtebauliche Marschroute für das unfertige Gebiet längs der Eltinger Straße beschlossen werden sollte. Doch statt zwei Marktanalysen zu folgen, in denen die Potenziale für mehr Handel und ein neues Hotel untersucht wurden, wollen sich die Kommunalpolitiker auf architektonische Fachkompetenz von außen, vor allem aber auch auf die eigenen Einwohner verlassen.

Jahrhundertchance Stadtachse

„Die Gestaltung der Stadtachse ist eine Jahrhundertchance, die wir nicht mehr allein verantworten können“, brachte Wolfgang Schaal die Kehrtwende im Rat ins Rollen. „Wir brauchen die Ideen der Bürger, der Vereinsaktiven und auch der Investoren.“ Ob die von den Gutachtern angeregten neuen Lebensmittel- und Drogeriemärkte wirklich zielführend sind, wurde nicht nur vom Fraktionsvize der Freien Wähler angezweifelt.

Auch Christa Weiß (SPD) und Elke Staubach (CDU) sahen keinen Bedarf für weitere Großmärkte. Weiß wies auf die Gefahr zusätzlichen Verkehrs in der ohnehin stark belasteten City hin. Staubach wiederum lehnte ein von den Gutachtern ins Spiel gebrachtes Hotel kategorisch ab: „Unsere bestehenden Häuser sind schon nicht ausgelastet.“

Mehr Verkaufsflächen schwächen die Altstadt

Die Kommunalpolitiker nannten noch weitere Gründe, warum mehr Handel nicht zwangsläufig das Allheilmittel für eine lebendige Innenstadt ist. „Egal, wie wir es drehen: Mit mehr Verkaufsflächen an der Stadtachse schwächen wir die Altstadt“, mahnte Rainer Zachert von der Neuen Liste. Und durch den Dauerstau in der Eltinger Straße sähen die Perspektiven selbst für die dortigen Gewerbetreibenden mau aus: „Da steigt doch keiner aus und geht Kaffee trinken oder shoppen.“

Es sind besondere Angebote, die sich die Fraktionen für ein neues Zentrum wünschen: Bernd Murschel von den Grünen warb für eine Markthalle mit vornehmlich biologischen Produkten. Gitte Hunter (Linke) kann sich dort ein Apartmenthotel für Geschäftsreisende vorstellen. Dieter Maurmaier (FDP) plädierte für „planerische Offenheit“: Gastronomie, Erlebnisorte, Markthalle, Hotel – alles sei denkbar.

Nicht mit der Wünschelrute

Während die Stadträte mit wachsender Begeisterung Ideen entwickelten, hielt sich einer auffällig zurück: der Oberbürgermeister. Krankheitsbedingt hatte Bernhard Schuler die Vorberatungen in den Fachausschüssen verpasst und bekam jetzt zum ersten Mal einen Eindruck, wie viel Energie und Herzblut sein Gemeinderat in dieses wichtige Zukunftsthema steckt.

„Um nicht mit der Wünschelrute herumzulaufen“, so setzte der OB an, „brauchen wir jemanden an unserer Seite, mit dem wir das Projekt nach vorne bringen.“

In seinen Augen sind das renommierte Stadtplaner, die noch vor der Sommerpause auf einem Hearing mit den Kommunalpolitikern die Zukunft des Zentrums diskutieren sollen. „Dadurch würden wir ein paar Monate verlieren“, räumte Schuler ein. „Aber keiner kann sagen, wir hätten uns nicht ausreichend informiert.“

Der spontane Vorschlag des Rathaus-Chefs stieß bei allen auf fruchtbaren Boden. Im Spiel um die Stadtmitte werden die Karten also neu gemischt.