Weil Ostern für die Christen eines der Hochfeste ist, ist Feiern an stillen Tagen nicht erlaubt. Viele Gastronomen halten das für überholt.

Leonberg - Freitag und Montag sind Feiertage, drumherum Ferien. Das lange Osterwochenende nutzen viele für einen Kurzurlaub, verlängerte Familienbesuche oder einfach nur zum Ausspannen. Auch den Feierwütigen käme das verlängerte Wochenende gelegen – wenn eben nicht Ostern wäre. Denn die Feier- und Festtage sind sogenannte stille Tage, an denen ein Tanzverbot gilt. Am Karfreitag sogar bundesweit. Christen in aller Welt gedenken an diesem Tag dem Tod Jesus Christus’ am Kreuz. Das gesamte Osterfest gilt als höchstes des Kirchenjahres.

 

Überholt finden viele Leonberger Gastronomen das Tanzverbot. „Zeitgemäß? Nein, das ist es nicht mehr. Warum schafft man das nicht ab?“, fragt sich Marc Horvat, der das „Glashouse“ an der Sonnenkreuzung betreibt. Zwar sei Ostern nur einmal im Jahr. „Doch wenn du als Betreiber überleben willst, musst du deinen Gästen immer wieder etwas bieten“, meint Horvat. Dabei seien verlängerte Wochenenden und Feiertage sehr wichtig. Sein „Glashouse“ sei jedoch an allen Tagen geöffnet. Nur Disco-Musik werde es nicht geben.

Auch Sport ist tabu

Erlaubt ist an den stillen Feiertagen nur gängiger Schank- und Gaststättenbetrieb, auch Hintergrundmusik ist möglich. Verboten sind außerdem öffentliche Veranstaltungen, sofern sie nicht „der Würdigung des Feiertages oder einem höheren Interesse der Kunst, Wissenschaft oder Volksbildung dienen“, wie es im Feiertagsgesetz heißt. Am Karfreitag sind in Baden-Württemberg auch keine Sportveranstaltungen erlaubt.

„Das tangiert uns nicht so sehr“, meint der Fußballlehrer und Besitzer des „Domizils“, Lothar Mattner. „Es ist ja lediglich Tanzmusik nicht erlaubt. Wir haben offen und unsere Gäste vergnügen sich trotzdem“, meint er. Dennoch empfindet auch er die Einschränkungen als nicht mehr zeitgemäß. Dass es anders geht, hat Bayern erst im vergangenen Jahr bewiesen. Dort hatte an allen stillen Tagen ein Musikverbot von 0 bis 24 Uhr gegolten, bis die Regelungen im vergangenen Juli gelockert wurden. Seitdem muss die Musik erst um 2 Uhr nachts abgedreht werden. Dadurch sollte dem veränderten Feierverhalten der Bevölkerung Rechnung getragen, andererseits auch der Schutz der kirchlichen Feiertage gewährt werden.

Stille ist wichtig – „Mehr denn je“

„Gerade in unserer gehetzten Gesellschaft braucht es stille Tage und Zeit zum innehalten, mehr denn je“, ist Jürgen Oettel, der Pastoralreferent der katholischen Kirchengemeinde Leonberg, überzeugt. Bei dem Fasten, mit dem die Osterzeit einher geht, komme es nicht primär auf den Verzicht an. „Es geht in erster Linie darum, sich neu zu orientieren, zu spüren und zu erkennen, was brauche ich wirklich“, meint Oettel. „Das erste Viertele Wein nach sieben Wochen ohne hat einen ganz besonderen Geschmack, denn was wir haben, wird häufig nicht geschätzt.“ In zahlreichen Lebenslagen gehe die Wertschätzung für vieles verloren und kehre nur zurück, wenn ein Verlust eintrete. „Die christliche Botschaft der Auferstehung, die die Grundlage unseres Glauben ist, rückt immer mehr in den Hintergrund“, bemängelt Oettel. Was er vermisse, sei das früher mit einem Witz in der Liturgie praktizierte „Oster-Lachen“, damit hätten die Christen den Tod ausgelacht, der keine Macht mehr über sie hat.

Die Welt lebe in einer hektischen und lauten Zeit, der die stillen Tage gut tun, ist der evangelisch-methodistische Pastor Thomas Schmückle aus Leonberg überzeugt. „Stille zu suchen und zu finden und das Gespräch mit Gott zu suchen – das wird in unserer Zeit, in der alles dicht gedrängt und verplant ist, immer schwerer“, sagt der Pastor. Jeder sollte die Möglichkeit nutzen, wenn auch nur für Augenblicke, zur Ruhe zu kommen. „Diese Zeit der Ruhe muss man sich nehmen, um auf andere zugehen zu können“, meint Schmückle.