Geplanter Bettenabbau, mögliche Kürzungen und offene Chefarzt-Fragen verärgern Kaufmann.

Leonberg: Thomas Slotwinski (slo)

Leonberg - Dass das Thema Krankenhaus ihn nicht minder beschäftigen wird wie seinen Vorgänger, das ist Martin Kaufmann schon seit seiner Kandidatur klar. Doch jetzt, da sich der Oberbürgermeister in die Materie tiefer eingearbeitet hat, hegt er große Bedenken, dass die Leonberger Klinik spätestens nach der geplanten Eröffnung einer Großklinik auf dem Böblinger Flugfeld massiv an Bedeutung verlieren könnte.

 

Kaufmann stützt sich in seiner Skepsis auf den sogenannten Feststellungsbescheid des Sozialministeriums aus dem Jahr 2014. „Der hat nach wie vor Bestand“, sagt der OB. „Und darin ist eine Bettenzahl in Leonberg mit 162 angegeben. Das ist ein deutlicher Abbau, denn bislang gibt es bei uns 239 Planbetten.“

Doch je weniger Betten, desto weniger medizinische „Fälle“ rechnet der OB vor. „Und dann bekommen wir ein finanzielles Problem mit den Krankenkassen.“

Basisversorgung schwächt die Klinik

Auch dass im vor vier Jahren vom Kreistag beschlossenen Medizinkonzept in Leonberg nur eine Basisversorgung vorgesehen ist, werde die Attraktivität der Klinik schwächen und den Patientenabfluss nach Stuttgart verstärken. „Das scheint man in Böblingen billigend in Kauf zu nehmen.“ Ohne medizinische Schwerpunktabteilungen, die von Chefärzten geführt werden, daran hat Kaufmann keinen Zweifel, werde das Krankenhaus ernsthafte Probleme bekommen. „Wenn ich dann noch höre, dass darüber nachgedacht wird, die Gynäkologie nach der Klinikeröffnung am Flugfeld zu schließen und in der Unfallchirurgie lediglich einen Tagesdienst zu installieren, kann man nicht beruhigt sein“, so der OB.

„Deshalb kann mich ein Sanierungsprogramm für 50 Millionen Euro nicht trösten. Was wir brauchen, ist eine klare Standortzusage, die medizinische Schwerpunkte beinhaltet“, fordert Kaufmann. Dass Landrat Roland Bernhard zuletzt deutliche Bekenntnisse für ein chefarztgeführtes Krankenhaus in Leonberg abgelegt hat, reicht dem Oberbürgermeister nicht: „Man kann viel erklären. Aber Lippenbekenntnisse reichen nicht aus. Wir brauchen Taten.“ Schließlich habe der Landrat das Medizinkonzept selbst mitgeschrieben.

Enge Bindungen innerhalb und außerhalb des Krankenhauses

Auch Bernhards Pläne, rund um das Krankenhaus eine Art Gesundheitscampus mit medizinischen Dienstleistungen anzulegen, können Kaufmann nicht besänftigen. „Das funktioniert nur, wenn es eine ganze enge Bindung zwischen der Medizin im und außerhalb des Krankenhauses gibt.“ Dass womöglich jetzige Aufgaben des Krankenhauses in ambulante Praxen verlegt werden, kommt für ihn nicht in Frage.

Eine dort geplante Einrichtung jedoch wird sich nach Einschätzung von Medizinern auf jeden Fall gut mit der Klinik ergänzen. Direkt nebenan will ein privater Investor ein hochmodernes Strahlentherapiezentrum errichten. Eine enge Zusammenarbeit mit der Gastroenterologie und der Bauchchirurgie liegt auf der Hand.

Zumal beide Abteilungen von renommierten Fachärzten geführt werden: die Gastroenterologie von der Darmspezialistin Barbara John. Und in der Bauchchirurgie, wo der Chefarzt Karl Josef Paul in den Ruhestand geht, folgt der Tumorexperte Wolfgang Steurer, der bisher Chefarzt im Robert-Bosch-Krankenhaus ist.

Hochkarätige Chefärzte sind kein Garant

Doch auch der Umstand, dass in Leonberg mehrere hochkarätige Chefärzte arbeiten, ist für den Oberbürgermeister kein Garant, dass dies dauerhaft so bleibt. Einige von ihnen, darunter der Gefäßchirurg Joachim Quendt und der Unfallchirurg Michael Sarkar, verabschieden sich zu jenem Zeitpunkt in den Ruhestand, in dem mit der Fertigstellung der Böblinger Zentralklinik gerechnet wird.

Dass die jüngeren Klinikleiter in Leonberg bleiben, sei nicht ausgemacht: „Niemand ist verpflichtet, bis zur Rente hier zu arbeiten.“ Und noch eine Gefahr sieht der OB: „Für ein Krankenhaus, in dem abgebaut wird, wird es zusehends schwieriger, gutes Personal zu finden, sowohl bei den Ärzten wie auch in der Pflege.“

Deshalb will er zeitnah das Gespräch mit dem Landrat suchen: „Menschlich habe ich kein Problem mit Herrn Bernhard. Aber zu einer guten Zusammenarbeit gehört Transparenz. Sonst kommen wir schnell an den Point of no Return.“