Trotz Wolken und Regenschauer lassen sich begeisterte Wasserfreunde den Spaß nicht nehmen.

Leonberg - Das, was sich am frühen Samstagmorgen am Leobad abgespielt hat, dürfte in etwa den Szenen vor Sportläden geähnelt haben, die kürzlich mit dem Abverkauf einer limitierten Sneaker-Kollektion des US-Rappers Kanye West für großen Andrang sorgten. Gut, zahlenmäßig ist das ein klein wenig übertrieben. Aber im Prinzip ging es um das gleiche: Macht doch endlich die Tore auf! Schon kurz nach sieben Uhr tummelten sich mehrere Dutzend Wasserfreunde am Eingang des Freibads. Die konnten es kaum erwarten, ins kühle Nass zu springen, wie die Dame im Kassenhäuschen berichtet.

 

Morgens zeigt sich die Welt in Eltingen auch noch von ihrer sonnigen Seite. Die Temperatur klettert auf fast 20 Grad. Das gab es in den vergangenen Jahren nicht immer beim Auftakt der Freibadsaison. Doch die eine oder andere pausbäckige graue Wolke am blauen Himmle sollte sich später als Spielverderber erweisen.

Mit Sekt und Brezel lässt es sich aushalten

„Das wechselhafte Wetter stört mich nicht“, sagt eine ältere Dame, die eine Liege ansteuert. Das Bad sei dann nicht überfüllt, und außerdem hole man sich auch keinen Sonnenbrand. Bevor sie sich stattdessen ein Gläschen Sekt und eine frische Brezel holt – ein Willkommensimbiss der Hausherren – sagt sie: „Das Wichtigste ist, dass es mit den gewohnten Öffnungszeiten doch noch hingehauen hat!“

Denn der Ärger über reduzierte Öffnungszeiten (10 bis 20 Uhr statt 7.30 bis 20.30 Uhr), die aufgrund Personalmangels im Raum standen, hatte der Vorfreude auf die neue Badesaison einen ordentlichen Dämpfer verpasst und für lange Gesichter bei Besuchern und Mitarbeitern gesorgt.

Stefan Hilse muss sich auch erst Mal auf dem weißen Monoblock-Stuhl setzen, bevor er die ganze Geschichte erzählt. „So extrem wie in diesem Jahr war es noch nie“, sagt der Bäderleiter. Der 47-Jährige, der seit 2009 das Sagen im Leobad hat, erinnert sich an seinen „Schwarzen Montag“ Ende März: „Innerhalb von drei Stunden hatte ich eine komplette Schicht verloren!“ Zwei eigene Mitarbeiter hätten einen Rückzieher gemacht, und auch zwei Saisonarbeiter seien kurzfristig abgesprungen.

Öffnungszeiten freuen jeden

Am Ende konnte die Stadt auf den letzten Drücker über einen Personaldienstleister dann doch noch eine volle Kraft gewinnen. Frühaufsteher, vor allem Senioren, aber auch Berufstätige, die vor oder nach der Arbeit ihre Runden ziehen, atmeten erleichtert auf. Bei der ganzen Sache geht es um die Sicherheit im Bad.

„Eine bestimmte Anzahl an Aufsichtspersonal am Beckenrand ist vorgeschrieben”, sagt Hilse. „Vier Mitarbeiter pro Schicht – bestenfalls zwei Fachkräfte und zwei Rettungsschwimmer“, sagt er. Der Unterschied? Bei den Fachkräften gibt es den Schwimmmeister und den Fachangestellten für Bäderbetrieb, die eine dreijährige Ausbildung machen und geschult sind in Technik und Wasserchemie – sie überprüfen etwa den Chlorgehalt in den zehn Becken. Der Rettungsschwimmer, der indes über eine Wasserrettungsorganisation wie die DLRG ausgebildet wird, macht das, wofür sein Name steht: Leben retten. „Aber wenn es einen Notfall im Wasser gibt, dann sind natürlich alle gefragt“, stellt Hilse klar.

Und weil die Mitarbeiter nicht sieben Tage die Woche durcharbeiten können, seien zwölf Mitarbeiter in drei Schichten das Optimal-Szenario. Dazu kämen noch einige Aushilfen. Drei weitere Vollzeitkräfte sind Hilse zufolge für den Betrieb der Sauna notwendig, die eigentlich ganzjährig geöffnet sein sollte, aber im Sommer aller Wahrscheinlichkeit nach zubleiben wird. „Wir sind dran, eine Lösung zu finden“, sagt Rainer Weller vom städtischen Sportamt, der auch den Weg ins Freibad gefunden hat.

Auch von oben kommt das Nass

Kaum ist Hilse fertig, ziehen auch schon graue Wolken auf und ein kräftiger Regenschauer ergießt sich über das Freibad. Die einen drehen im Schwimmerbecken unbekümmert ihre Bahnen, andere flüchten ins Trockene. Nein, richtig viel los ist bei der Saisoneröffnung nicht. Da macht sich selbst der Imbissbetreiber nicht die Mühe, die Stühle von den Tischen zu holen.

Die Rettungsschwimmer schlendern am Beckenrand entlang. Ab und an klirrt das Walkie-Talkie. Denn der strenge Blick ist stets gen Himmel gerichtet. Bei Gewitter heißt es nämlich: Alle raus aus dem Wasser! Doch so weit kommt es nicht. „Spätestens nach einer Viertelstunde ist wieder alles gut“, beschwichtigen die Experten in Shorts und haben Recht. Am Ende des Tages zählt Bäder-Chef Hilse 300 Gäste.

Ob es regnet, das interessiert Margarete Helmes vom Förderverein herzlich wenig. Vielleicht ist die Vorsitzende auch schon abgehärtet, nachdem sie sich im Vorfeld so einiges von erbosten Jahreskarteninhabern anhören musste, die sich mit den kürzeren Öffnungszeiten partout nicht anfreunden wollten. Zugleich habe sie 500 Unterschriften gesammelt, um den Förderverein zu unterstützen, erzählt sie stolz.

Überhaupt: Schlechtes Wetter gibt es für echte Wasserfreunde gar nicht. „Im Wasser ist es nie zu kalt, höchstens wenn man aus dem Becken kommt!”, bringt es Anna Kron auf den Punkt. Die Dame aus Leonberg war eine der ersten, die ins Wasser sprangen. „Es schadet aber nicht, wenn man an Tagen wie diesen den Regenschirm einpackt.“