Paramjeet Gill hilft als Kümmerer den Senioren in Warmbronn. Drei ältere Damen hat er jetzt für einen Tag in die Hansestadt begleitet. Denn eine von ihnen ist noch nie in ihrem Leben geflogen.

Leonberg - Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“, singt Elsa Maisch beschwingt den Reinhard-Mey-Klassiker. „Lebt der überhaupt noch“ fragt sie in die Runde am Mittagstisch. Zu der gehören Renate Witt und Margarete Scheuerle. Dabei sind die drei Damen selbst nicht mehr die Jüngsten. Elsa Maisch ist 88 Jahre alt, Margarete Scheuerle 87. Nur Renate Witt will ihr Alter nicht verraten. Da ist Reinhard Mey mit 73 Lenzen noch vergleichsweise jung.

 

Die drei Seniorinnen und den Liedermacher verbindet dafür etwas anderes. Über die Wolken, da hat es sie hingezogen. Mit dem Flugzeug sind sie nach Hamburg gereist. Für Elsa Maisch war es der erste Flug überhaupt in ihrem Leben. „Ich hatte aber keine Angst“, sagt sie. Denn begleitet wurden die drei von Paramjeet Gill. Der Warmbronner, ebenfalls bereits im Ruhestand, engagiert sich als Kümmerer im Gemeindeverein Warmbronn. Und die kümmern sich eben um die Senioren im Teilort, sei es nun zur Unterhaltung oder bei Erledigungen.

Der Kümmerer führt die Damen regelmäßig aus

Der gebürtige Inder ist ein echter Kosmopolit. Ein Teil seiner Familie wohnt noch in Indien, ein anderer Teil lebt in San Francisco. Auch in Paris, London oder Bristol hat er Verwandtschaft, die er regelmäßig besucht. „In unserem Bürgertreff in Warmbronn erzählte mir Frau Maisch einmal, dass sie noch nie geflogen ist. Und da habe ich gesagt: Das machen wir jetzt einfach“, erzählt Gill. Auch die Begleitung war schnell gefunden. Denn die zwei anderen Damen kommen ebenfalls zum Bürgertreff. Gemeinsam mit Gill gehen sie auch regelmäßig in der Stadt essen oder er fährt sie zum Einkaufen. „Einfach, damit wir mal wegkommen“, erzählt Margarete Scheuerle.

Hamburg war jedoch ein ganz anderes Abenteuer. Bereits um sechs Uhr morgens ging es zum Flughafen, wo die Seniorinnen ihre Rollatoren beziehungsweise den Spazierstock gegen Rollstühle eintauschen mussten. Dafür durften sie als erste ins Flugzeug. „Beim Fliegen war es dann, als wäre ich schon immer geflogen“, erzählt Elsa Maisch, auch wenn sie sich noch in der Nacht zuvor Gedanken gemacht hatte. „Ich bewundere, dass sie diese Gelegenheit wahrgenommen hat“, meint Gill.

Warum nicht noch nach Florida?

Mit dem Taxi ging es in die Hamburger Innenstadt, wo die vier erst einmal ausgiebig gefrühstückt haben. „Wir sind dort richtig aufgefallen mit unseren Rollatoren und dem schwäbischen Dialekt“, berichtet Margarete Scheuerle und lacht. „Wir waren die einzigen in der Stadt mit Rollator. Da gab es sonst keine Touristen in unserem Alter“, wundert sich Scheuerle. Ein Stadtrundfahrt auf der Alster, Mittagessen im bekannten Café Paris, in dem schon Henry Miller und Ernest Hemingway verkehrten – von der Hansestadt haben die vier reichlich gesehen, auch wenn die Tour nur einen Tag dauerte. „Ich musste komplett umdenken und mich auf die Damen einstellen. Ich habe die Langsamkeit, in der wir alles gemacht haben, sehr genossen“, sagt der Fotograf.

„Wir sind jetzt die Sensation in Warmbronn“, sagt Elsa Maisch und lacht. Die Reise nach Hamburg soll nicht die letzte gewesen sein. Berlin könnte das nächste Ziel werden. „Warum nicht gleich Florida?“, fragt Renate Witt. Bis dahin treffen sich alle weiter im Bürgertreff Warmbronn. Jeden Dienstag gibt es von 15 bis 17 Uhr Kaffee und Kuchen, gemeinsam werden Handarbeiten gemacht. Am Donnerstag ist dann von 9.30 bis 12 Uhr parallel zum Wochenmarkt geöffnet. Außerdem gibt es einmal im Monat an einem Montag die Supersuppe, derzeit ist allerdings Sommerpause.

Alle Angebote des Gemeindevereins Warmbronn gibt es auf http://gemeindeverein-warmbronn.de. Ansprechpartnerin für die Kümmerer ist Christiane Hug-von Lieven.