Ein 40-jähriger Vermieter erhält sechs Monate Haft auf Bewährung – die Mindeststrafe. Denn das Leonberger Schöffengericht verurteilt ihn wegen Raubes mit vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung.

Leonberg - Das Gericht sprach von einem „atypischen Fall“: Ein entnervter Vermieter beschimpft seinen unliebsamen Mieter, er verdreht ihm das Handgelenk und entreißt ihm den Mietvertrag, bevor er sich aus dem Staub macht. Jetzt ist der Rottenburger am Leonberger Schöffengericht wegen Raubes mit vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten – der Mindeststrafe – verurteilt worden.

 

Der Amtsrichter machte klar: Ein klassischer Raub sei es nicht. „Normalerweise geht es um Dinge mit materiellem Wert“, sagte Armin Blattner. Dennoch seien die Tatmerkmale eines Raubes erfüllt. „Sie haben dem Geschädigten unter Gewaltanwendung wichtige Dokumente dauerhaft entzogen“, befand der Richter, der von einem minderschweren Fall ausging.

Streit über mehrere Monate

Die Streitigkeiten zwischen beiden Parteien zogen sich über mehrere Monate hin, bis dem Rottenburger im Juli 2015 der Kragen platzte. Weil das Pärchen wieder einmal mit der Mietzahlung in Rückstand war, suchte sie der 40-Jährige in ihrer Renninger Wohnung auf, um das Geld einzufordern. Im Treppenhaus eskalierte der Streit, nachdem der Vermieter den beiden mit einer fristlosen Kündigung gedroht hatte.

Als der Mann – der Gastarbeiter ist wieder in sein Heimatland zurückgekehrt und konnte nicht an der Verhandlung teilnehmen – lautstark auf sein Recht bestand, packte ihn der Rottenburger am Arm und drehte ihn mit einer Schimpftirade auf dessen Rücken. Schließlich riss er dem Mieter die Klarsichtfolie mit dem Mietvertrag und einem Gewerbeschein aus der Hand und suchte das Weite. Das Pärchen erstattete am nächsten Tag Anzeige.

Die Frau lebte eigener Aussage nach drei Jahre in der Dachgeschosswohnung, die zuvor ihr Freund alleine bewohnt habe. Wie die 28-Jährige vor Gericht erzählte, kamen die Probleme erst auf, als der Rottenburger das Haus pachtete. Obwohl das Gemeinschaftsbad lange Zeit außer Betrieb gewesen sei, habe der Vermieter dennoch auf die Zahlung der vollen Miete bestanden. Eines Tages habe der 40-Jährige dann auch noch den Strom abgestellt. „Immer wenn wir uns sahen, hat er sich entweder wutentbrannt davon gemacht oder ich knallte ihm die Tür vor der Nase zu“, berichtete die mittlerweile umgezogene Frau.

Angeklagter streitet Vorwürfe ab

Der angeklagte Rottenburger stritt die Vorwürfe ab. Er habe nicht gewusst, dass auch der Gastarbeiter in der Wohnung lebte. „Ich habe ihm den Vertrag zwar aus der Hand gerissen, aber nur, um ihn als Beweis zu fotografieren“, erklärte der 40-Jährige und behauptete, diesen wieder zurückgegeben zu haben. Das verdrehte Handgelenk und Beleidigungen stritt er ab.

Die Staatsanwältin beantragte für den Rottenburger, der früher schon wegen Betrugs und Insolvenzverschleppung vor Gericht stand, eine Bewährungsstrafe von 18 Monaten, dazu 2000 Euro Geldstrafe. Der 40-Jährige hatte neben seinem Anwalt auch einen Rechtsassessor dabei – beide sprachen von einer „flüchtigen Aneignung“ der Dokumente und forderten einen Freispruch für ihren Mandanten.

Eine gewisse Mitschuld für die Eskalation gab der Richter auch den beiden Bewohnern, die ihm zufolge sicherlich keine „Wunschmieter“ waren. „Aber für Sie als Vermieter gibt es gesetzliche Wege, um an Ihr Geld zu kommen“, betonte Blattner.