Es ist Sommer: Zeit also, die Wanderstiefel zu schnüren und die Augen zu öffnen. Wir stellen den Christian-Wagner-Dichterpfad in Warmbronn vor.

Leonberg - Christian Wagner hätte sich über den Dichterpfad wohl gefreut. Nicht etwa, weil er nach ihm benannt ist, sondern weil er durch Wald und Flur führt, für Wagner ein idealer Spazierweg. „Er ist ununterbrochen gelaufen“, sagt Axel Kuhn. Der zweite Vorsitzende der Christian-Wagner-Gesellschaft lehrte früher Neuere Geschichte an der Uni Stuttgart und befasst sich jetzt intensiv mit Wagners Leben und Werk. So weiß er auch, dass der Dichter sogar Mitglied in der Ortsgruppe Renningen des Schwäbischen Albvereins war. Der 1835 in Warmbronn geborene Wagner, der zum Broterwerb auch eine Landwirtschaft betrieb, war häufig rund um seinen Heimatflecken zu sehen. Seine bekannten „Sonntagsgänge“ haben Eingang in die Literatur gefunden.

 

Wer Christian Wagner sozusagen auf dem Fuße folgen und dabei immer wieder schöne Ausblicke auf Warmbronn genießen will, für den ist der von der Wagner-Gesellschaft angelegte Dichterpfad genau das Richtige. Dabei ist ein Ortsplan von Warmbronn mit den eingezeichneten Stationen zur Orientierung hilfreich. Dieser steht auf der Homepage der Christian-Wagner-Gesellschaft oder ist als Broschüre an vielen Stellen zu haben.

Die Verbindung von Poesie und Landschaft

Elf Stationen rund um den beschaulichen Ort haben die Vereinsmitglieder angelegt – meist mitten im Grünen. Ihnen ging es dabei darum, „durch die Verbindung von Poesie und Landschaft das Naturerlebnis zu intensivieren“. Los geht es am ehemaligen Wohnhaus des Dichters, das heute ein Museum ist. Von dem prächtigen Fachwerkgebäude mit Bauerngarten (Axel Kuhn: „So schön ist es zu Wagners Zeit nie gewesen“) steigen die Wanderer auf der Magstadter Straße immer leicht bergan aus dem Ort hinaus. Die Strecke ist mit einem etwas unscheinbaren gelben Schild mit geschwungenem W darauf gekennzeichnet.

Schon an der zweiten Station ist man mitten in der Natur und hat einen schönen Blick auf das Dorf. Dort gibt es den „Gruß an Warmbronn“ des Dichters zu lesen. Zu seinen Lebzeiten hatte das Dorf 640 Einwohner, weiß Kuhn, heute sind es rund 4000. Wie an den anderen zehn Stationen auch sind Gedichte und Gedanken von Christian Wagner auf Metallplatten eingraviert, in Sandsteinquader eingelassen. Die Steine sind rau und oft von Moos bewachsen. Sie wirken ganz natürlich und wie hingeworfen in die Landschaft.

Weiter geht es hoch Richtung Wald und am Schützenhaus links vorbei. Nach einer Linkskurve erreicht man die dritte Station mitten auf einer Wiese. „Blühender Kirschbaum“ heißt das Gedicht aus der Sammlung der „Sonntagsgänge“. Jetzt im Hochsommer blüht natürlich nichts mehr. Die Wanderer folgen dem kleinen gelben Schild und dem Weg weiter geradeaus bis zur Station vier mit dem Titel „Auf der Lichtung“. Dort beschreibt Wagner, wie der „Sommermittag auf dem Hochwald brütet“. Von Brombeeren, Silberdisteln und Schmetterlingen ist die Rede. „Am Anfang steht ein Bild dessen, was dem Dichter in der Natur begegnet“, erklärt Axel Kuhn. „Dann sieht er mit seinem inneren Auge mehr.“ Das Wort „Lichtgedanke“ finde man in keinem Wörterbuch. „Wagner ist berühmt für seine Wortschöpfungen“, sagt Kuhn.

Abkürzung oder weiter zum Warmbronner See

Zur fünften Station geht es wieder in den Ort. Wer nicht weiß, dass sie dort an der Einmündung des Bulachwegs in die Büsnauer Straße ist, geht daran vorbei. Ein Hinweisschild gibt es nicht. Gegenüber liegt der Friedhof, wo Wagner 1918 seine letzte Ruhe fand. Sein Grabmal nahe dem Eingang ist prächtig von Blumen umsäumt. Wem der bis hierher einstündige Spaziergang reicht, marschiert nun an der Durchgangsstraße zurück Richtung Ortsmitte. Alle anderen wandern am Friedhof vorbei geradeaus zwischen Wiesen, Feldern und Wald zum idyllischen Warmbronner See.

Wer dort nicht eine Verschnaufpause einlegt, sollte das spätestens auf der Bank an der Station sechs machen. Das dortige Gedicht trägt den bezeichnenden Titel „Müdigkeit“. Von dort aus geht es nun nämlich kräftig bergauf zum Kammerforst. Damit der richtige Weg zu den Stationen sieben und acht nicht verfehlt wird, heißt es gut auf die kleinen gelben Pfeile achten.

Auf der Ruhebank des Dichters Kraft schöpfen

Der Wald spendet glücklicherweise an heißen Sommertagen Schatten, was den Aufstieg etwas erleichtert. Oben an der Station acht angekommen, würde sich ein schöner Blick Richtung Feinau bieten, wäre der Platz nicht von Büschen zugewachsen. Müde Wanderer, die auf „Dichter Wagners Ruhebank“ mit dem Hinweis „Gestiftet vom Verein der Waldechten Eltingen“ verschnaufen wollten, säßen auf einem etwas klapprigen Bänkle und stünden mit den Füßen in einem großen Ameisenhaufen. Christian Wagner hätte dieses Ensemble sicher gefallen, plädierte der Naturliebhaber doch stets für die möglichste Schonung alles Lebendigen.

Zurück von der Anhöhe findet sich mitten in den Wiesen in der Nähe der Gärtnerei der neunte Punkt mit Wagners Gedanken. Und beim Verweilplatz schließlich steht der zehnte Steinquader auf dem Dichterpfad. Darauf beschreibt der Dichter, der laut Axel Kuhn zu seinen Lebzeiten bekannter war als heute, unter dem Titel „Sehnsucht“ „unendliche Pappelreihen reichen voran, zurück . . .“. Man braucht sich nur umzudrehen und findet noch heute einige dieser Bäume, deren Blätter im Wind rauschen. Hier ist ein idealer Ort zum Ausruhen. Vor allem Kinder toben gern auf dem rustikalen Spielplatz.

Der Weg zurück in den Ort zur Kirche ist nur noch ein kleiner Spaziergang. Dort, an der elften Station, steht auch eine große Info-Tafel. Sie zeigt nicht nur den Dichterpfad, sondern auch andere Sehenswürdigkeiten. Der direkt neben der Kirche stehende Christian-Wagner-Brunnen des berühmten Warmbronner Architekten Frei Otto ist nicht zu übersehen und bildet einen schönen Abschluss der Wanderung auf dem Christian-Wagner-Dichterpfad.

Daten und Fakten

Name
Christian-Wagner-Dichterpfad Streckenlänge etwa 8 Kilometer Start und Ziel Christian-Wagner-Haus Gut zu wissen Die Strecke verläuft teils auf Wald- und Schotterwegen. Einkehrmöglichkeiten Gasthaus Grüner Baum, neben dem Christian-Wagner-Haus Übersichtsplan Auf der Homepage der Christian-Wagner-Gesellschaft