Mit einer aufwendigen Broschüre an alle Haushalte wirbt das Landratsamt für den Klinikneubau am Flugfeld. Ein dauerhafter Verbleib der Gefäßchirurgie in Leonberg wird als medizinisch nicht sinnvoll bezeichnet.

Leonberg - Die Menschen im Kreis bekommen dieser Tage Post vom Landratsamt und vom Klinikverbund. „Gesundheit! Informationen zu den Krankenhäusern im Landkreis Böblingen“ heißt eine vierseitige Farbbroschüre, in der, optisch ansprechend verpackt, Angaben über die sechs Einrichtungen im Klinikverbund Südwest, deren finanzielle Situation und die Zukunftspläne dargestellt werden.

 

Die Kreisverwaltung hat sich für das Heft, das in 100 000 Haushalte verteilt wird, professioneller Hilfe bedient: Die Texte sind von der in Berlin, München und Stuttgart ansässigen Kommunikationsagentur Sympra erstellt worden. Um die Optik hat sich das Stuttgarter Designbüro „Minister von Hammerstein“ gekümmert, das sonst Anbieter von Luxusprodukten, Modemagazine oder Architekturprojekte betreut.

„Mitten im Leben“

Die Kommunikationsprofis haben die komplexe Gesamtthematik in kleine gut konsumierbare Einheiten aufgeteilt. Die Lage des geplanten Großklinikums auf dem Flugfeld zwischen Böblingen und Sindelfingen wird als „mitten im Leben“ gepriesen: „Die Bahn ist fußläufig erreichbar, an die A 81 und die B 464 gibt es eine direkte Anbindung.“ Bedenken, dass ein Gebiet zwischen Autobahn, Gewerbe und Bahnlinie für ein Krankenhaus nicht der optimale Standort sei, werden beiseite geschoben: „Es sind keine Anhaltungspunkte erkennbar, die den Bau an dieser Stelle aus Gründen des Lärms oder sonstiger immissionsschutzrechtlicher Regelungen ausschließen. Damit bietet das Flugfeld optimale Voraussetzungen für das Gesundwerden.“

Daumen nach oben, Daumen nach unten

Ganz klar sprechen sich Landratsamt und Klinikverbund in dem Prospekt für einen Neubaus aus. Der würde 333 Millionen Euro kosten, sieben Jahre dauern und „voraussichtlich“ vom Land mit bis zu 45 Prozent unterstützt. Die in jüngster Zeit immer wieder ins Gespräch gebrachte Erweiterung des Krankenhauses Böblingen kostet demnach 293 Millionen Euro und würde 17 Jahre dauern. Eine Sanierung des Sindelfinger Hauses wird gar mit 356 Millionen Euro und einer 19-jährigen Bauzeit beziffert. Damit’s auch jeder versteht, sind die Neubau-Zahlen mit einem Daumen nach oben versehen, bei den Angaben zur Sanierung der bestehenden Häuser zeigt der Daumen nach unten.

Der Jahresverlust, der in den Krankenhäusern in Böblingen und Sindelfingen entsteht, wird mit 11 Millionen Euro angeben. In Leonberg beträgt er 3 Millionen, in Herrenberg 2 Millionen Euro. Der Leonberger Klinik wird ein „derzeit ausdifferenziertes Leistungsspektrum“ attestiert, das eine „sehr gute Grund- und Regelversorgung“ anbietet. Als Kernkompetenzen des Hauses werden die Unfallchirurgie und die Herzinfarktversorgung genannt. Dass die Gefäßchirurgie nach 2020 in Leonberg bleibt, scheint unwahrscheinlich: „Aus medizinischer Sicht ist es wegen der Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen sinnvoll, die Gefäßchirurgie am Flugfeld vorzuhalten.“

„Wir möchten mit der Broschüre unseren Bürgern einen umfassenden Überblick geben“, erklärte auf Anfrage ein Sprecher des Kreises. Zu den Kosten konnte er keine Angaben machen.