Dienstags wird der Pferdemarkt seinem Namen gerecht, denn vor der historischen Kulisse der Altstadt bieten die Händler ihre Pferde zum Kauf an. Die Preisrichter nehmen die Tiere unter die Lupe und bewerten ihre Vorzüge.

Leonberg - Mein Esel ist weg! Es war der Esel mit den schönsten Augen!“ Die Enttäuschung von Gessy Gessner ist unüberhörbar. Die junge Lörracherin ist zum ersten Mal auf den Leonberger Pferdemarkt. Ihr Fazit: „Es ist herrlich, wen wird das bisschen Regen schon stören.“

 

Gessy Gessner begleitet die beiden Händler-Veteranen Gerd Henke und Anton Moser aus der Hauptstadt des Markgräflerlandes, die seit Jahrzehnten mit Pferden nach Leonberg kommen. Sie kaufen junge Rösser auf, ziehen sie groß und Gessy Gessner reitet sie ein, bevor sie wieder verkauft werden. Und weil bereits um 9.30 Uhr der erste Pferdegeschäft per Handschlag besiegelt war, wollte sie jetzt einen Esel kaufen.

Wozu braucht es einen Esel? Anton Moser, dessen Vorfahren, wie er scherzt, „wegen Reichtums“ aus dem bettelarmen Schweizer Berner Oberland nach Lörrach ausgewandert waren, hat die Antwort parat. „Die Mädels brauchen ihn zum Streicheln und Striegeln, ich genieße ihn lieber in der Salami“, sagt er pragmatisch.

Der Übeltäter, der das Herz von Gessy Gessner gebrochen und ihr den Esel weggeschnappt hat, wird bei einem Schwätzle mit den Rutesheimer Bulldog- und Schlepperfreunden Georg Philippin und Hans Eckert entlarvt. Es ist der Eltinger CDU-Stadtrat Willi Wendel. „Eigentlich wollte ich nur ein Halfter für eine meiner Eselsdamen kaufen, doch nun hab ich zwei Halfter und einen Esel “, gibt er zu.

Eine tragische Geschichte Doch warum kauft sich ein Eltinger Kfz-Meister einen Eselhengst? Wendel hält nämlich auch Schafe und zu denen gesellt er auch immer bis zu sechs Esel. „Schafe fressen das weiche Gras, Esel die härteren Stängel und so wird die Wiese gut in Schuss gehalten.“ Doch im Sommer hätten höchstwahrscheinlich nicht angeleinte Hunde den Eselhengst so schwer verletzt, dass er verendet sei. „Dem Hengst ist sein Mut zum Verhängnis geworden, denn er hat immer tapfer seine Herde verteidigt“, schildert Willi Wendel.

Prämierte Händlerpferde Georg Philippin und Hans Eckert schauen sich die Auszeichnung der Tiere in der Schloßstraße an. „Seit mindestens 60 Jahren kommen wir auf den Pferdemarkt nach Leonberg“, rechnen die beiden nach. „Das war schon mit der Landjungend“, blickt der 75-jährige Philippin zurück und erzählt: „Ich war noch keine 14, da habe ich beim Pflügen, Säen und Ernten mit den Pferden mithelfen müssen.“ Der 70-jährige Eckert erinnert sich daran, dass sein Opa der einzige im Dorf war, der drei Pferde hatte und damit den Paketdienst nach Stuttgart und den Personentransport zum Rutesheimer Bahnhof schaffen konnte.

In der Schloßstraße nehmen die Richter Frieder Breining, Wilhelm Gieck und Christian Ziegler die Pferde der Händler unter die Lupe. „Das Pferd kommt besser dahe, als sein Vorführer“, befinden die Richter bei einem gefleckten vierjährigen Pinto-Wallach, dessen aufmerksames Ohrenspiel zeigt, dass er voll dabei ist. „Der verweigert sich und will nicht in die Gänge kommen, aber der tut das aus Rücksicht auf die Stöckel der Begleiterin“, lassen die Richter die lachenden Zuschauer bei einem anderen Gaul wissen.

Der Esel aus Eltingen „Da ist einer aus Eltingen“, werden Zwischenrufe laut, als Willi Wendels Esel den Richtern vorgeführt wird. „Also ihr Leonberger, dem geben wir glatt einen ersten Preis, denn wir wollen doch keine Händel mit Eltingen“, beschließt Breining salomonisch.

„So war unser Baldur auch, vielleicht sogar noch größer“, kramt ein älterer Herr in seinen Kindheitserinnerungen. Mit seinem Begleiter steht er vor einem riesigen Kaltblut. Es gehört zu den sieben Pferden, die Erwin Bergold aus dem pfälzischen Wachenheim anzubieten hat. Seit mehr als 30 Jahren kommt der 56-jährige Händler nach Leonberg auf den Pferdemarkt.

Der Pferdemetzge r „Hier ist es oft wie auf einer Messe, auf der die Pferde präsentiert werden“, sagt Bergold. Im vergangenen Jahr habe er kein Pferd am eigentlichen Markttag verkauft, aber dafür haben in den folgenden Tagen zwei Vierbeiner in Wachenheim den Besitzer gewechselt.

Bergold ist außerdem Pferdemetzger und war ein gefragter Gesprächspartner der Medien, als der Skandal um Pferdefleisch in Tiefkühl-Lasagne Wellen schlug.

„Das war beste Werbung, die Menschen waren neugierig, wie denn Pferdefleisch nun wirklich schmeckt und viele waren angenehm überrascht“, erläutert Bergold. „Auf anderen Märkten müssen wir sogar Auftriebsprämien bezahlen“, sagt er und eilt davon. „Nach alter Väter Sitte muss ich den Kauf, den einer meiner Begleiter in die Wege geleitet hat, mit einem festen Handschlag besiegeln“,ruft er noch.

Prämien für die Besten Die Preisgelder zahlen die Stadtmitarbeiterinnen Kristian Yeboah und Stefanie Blaschko im Foyer der Alten Rathauses aus. Für den ersten Platz gibt es 20, den zweiten 15 und den dritten zehn Euro, hinzu kommen noch zehn Euro Wegegeld für große und fünf Euro für kleine Pferde. 93 Händlerpferde waren angemeldet, aber einige Händler haben anscheinend dem Wetter nicht getraut und sind weggeblieben.

„So schnell ist die Prämierung schon lange nicht mehr über die Bühne gegangen“, befinden um 11 Uhr auch die Richter Helmut Kayser, Eberhard Geiger und Hans-Peter Philippin in der Klosterstaße.

Das Fazit des Tierarztes Philippin: „Mit der Qualität sind sehr zufrieden, es hätten aber ruhig etwas mehr sein können.“

Das Preisgericht tagt Die Richter hatten sich zuvor im Sitzungssaal des Alten Rathauses mit Oberbürgermeister Bernhard Schuler getroffen. Von Gerhard Ziegler, dem Präsidenten des Pferdesportverbandes Baden-Württemberg, hatten sie letzte Anweisungen bekommen, bevor sie das Feld für den Empfang der Delegationen aus den Partnerstädten Belfort, Bad Lobenstein, Rovinj und Neukölln räumen mussten. Für die stand auch ein Besuch im bereits gut besuchten Schmauder-Keller auf dem Programm. Doch für den Pferdemarkt 2017 muss eine neue Lokalität her, denn das Etablissement in der Tiefe hat zum letzten Mal geöffnet.