Der Warmbronner Johannes Misselwitz hat bei der „Challenge Roth“ im Juli bereits zum vierten Mal teilgenommen. Mit der Geburt des dritten Kindes hat der Ausdauersportler beschlossen, eine längere Auszeit zu nehmen.

Leonberg - Der Mann verschlingt ein Stück Johannisbeerkuchen, und ein schlechtes Gewissen hat er nicht. Er könnte doch glatt die ganze Platte verputzen, und man würde es ihm nicht ansehen. „Ja, bei einem Wettkampf verbrennt man so einiges“, sagt Johannes Misselwitz mit einem verschmitzten Lächeln, bevor er den leeren Teller in den Geschirrwagen des Cafés einräumt. Mit Wettkampf meint der Ausdauersportler beispielsweise die „Challenge Roth“, das weltweit größte Rennen auf der Triathlon-Langdistanz, bei der er Anfang Juli nach elf Stunden ins Ziel kam.

 

Eigentlich hatte er sich eine Zeit von unter zehn Stunden und 15 Minuten vorgenommen. Dass nichts daraus wurde, lag aber nicht nur an den tropischen 30 Grad und der hohen Luftfeuchtigkeit am Wettkampftag. „Mir haben auf dem Rad einige Trainingskilometer gefehlt, und dann hatte ich in der Vorbereitung auch noch muskuläre Probleme“, erklärt der Triathlet. Bereits bei den 3,8 Kilometern Schwimmen – seine stärkste Disziplin – wusste er, dass er keinen guten Tag erwischt hat. „Statt der angepeilten 55 Minuten waren es etwas mehr als eine Stunde“, erzählt er. „Zum Ende hin ist es dann besser geworden, aber gerade der Anfang hat mir die Zeit verhagelt.“

Und überhaupt stand seine Teilnahme unter keinem guten Stern, wenngleich der Warmbronner trotz der damals „unnötigen Aufregung“ mittlerweile darüber schmunzeln kann. „Als ich einen Tag vor dem Start mein Fahrradequipment in der Wechselzone abgab, kam bei der Kontrolle heraus, dass mein Helm angebrochen war“, erzählt Misselwitz, der dann zum nächsten Verkaufsstand flitzte, um Ersatz zu besorgen. „Da frage ich mich bis heute, wieso mir das nicht aufgefallen war.“

Die Tagesform spielt eine entscheidende Rolle

Der 38-Jährige ging in diesem Jahr bereits zum vierten Mal bei dem Triathlon-Wettkampf im mittelfränkischen Roth an den Start. „Man nimmt sich immer viel vor, aber so ein Tag ist verdammt lang, und da durchlebt man Höhen und Tiefen“, weiß der Warmbronner, der vor allem die Tagesform für entscheidend hält. Während die meisten froh wären, überhaupt ins Ziel zu kommen, hadert er mit dem Gesamtergebnis. „Das war mein schlechtestes“, sagt Misselwitz, der gleich bei der Premiere in 2010 mit seiner persönlichen Bestzeit von zehn Stunden und 21 Minuten ins Ziel kam.

Muskelkater und Gelenkschmerzen – wozu die ganzen Qualen? „Die Faszination für mich ist die Kombination aus den drei grundverschiedenen Sportarten, die man beim Wettkampf ohne Pause absolvieren muss”, erklärt Misselwitz. Aber auch er ist nicht vor dem Gedanken gefeit, mittendrin hinzuschmeißen. „Spätestens nach hundert Kilometern denkt man: Warum tue ich mir das an?“, gesteht der Ausdauersportler, der aber immer einen Motivationsschub bekommt, wenn er an das Ziel denkt. „Man muss sich vor Augen halten, dass man ein dreiviertel Jahr hart trainiert hat, da kann man nicht einfach abbrechen.“

Der Weg zum Triathlon

Misselwitz kam als Zivildienstleistender durch eine Freundin auf den Geschmack. „Sie wollte einen Marathon laufen, und ich dachte mir, das kannst du doch auch“, sagt der Mann, der trotz eines blauäugig angelegten Trainingsprogramms ins Ziel kam. Durch den Erfolg angespornt, erhöhte er sein Trainingspensum und entdeckte den Triathlonsport. Und dass er zeitlebens auch noch ein leidenschaftlicher Schwimmer war, passte da ganz gut in den Kram. Er ist auch Mitglied bei den Leonberger Wasserfreunden. Martin Dempf, Schwimmer und ebenfalls Triathlet, ist sein Trainingspartner.

Stammgast beim Waldmeisterlauf

Neben der „Challenge Roth“ war der gebürtige Hallenser mehrmals in Buschhütten im Siegerland unterwegs – der Wettkampf gilt als Saisonauftakt für den Triathlonsport – oder auch beim Steinheimer Triathlon. Und als Warmbronner lässt er sich natürlich den Waldmeisterlauf nicht entgehen. Der „Ironman 70.3 Kraichgau“ im Juni war die Generalprobe für den Wettkampf in Mittelfranken. Und weil ihm das alles scheinbar nicht genug ist, schwebt ihm noch der Supermarathon über 73,5 Kilometer beim Rennsteiglauf im Thüringer Wald vor. „Das ist für mich die schönste Strecke überhaupt“, sagt Misselwitz, der als Student unweit des bekannten Kammwegs gewohnt hat und bei dem Wettkampf den Marathon gelaufen war.

Doch das ist Zukunftsmusik. Der 38-Jährige nimmt sich jetzt erst einmal eine längere Auszeit vom Leistungssport. „Mit der Geburt unseres dritten Kindes im April habe ich mich entschieden, dass ich nach Roth kürzer treten werde“ (Misselwitz). Er wolle zwar an dem ein oder anderen kleineren Wettkampf teilnehmen, aber bis zu 17 Trainingsstunden pro Woche seien mit dem Familienleben schlichtweg nicht vereinbar. „Ich werde es schon vermissen, aber es ist eine bewusste Entscheidung“, sagt der Maschinenbau-Ingenieur, bei dem wohl künftig etwas weniger Kuchen auf den Tisch kommt. Aber seine Gattin und die Kinder wird die Pause freuen.