Die Künstler Beau Bijou und Matthias Eder zeigen im Leonberger Hospiz in der Seestraße ihre sehr gegensätzlichen Werke. Die Skulpturen und bunten Mandalas sind bis 8. Juli hier zu sehen.

Leonberg - Sie haben ihre jeweils eigenen persönlichen Bezüge zum Leonberger Hospiz. Der Leonberger Bildhauer Matthias Eder hat hier den Raum der Stille konzipiert. Einen Raum, der vom dunklen Industrieparkett geprägt ist und von jenem schmalen Lichtband aus gelblichem Glas, durch das ein warmes Licht direkt auf eine große Bronzeschale am Boden fällt. Nun zeigt der Künstler im ersten Stockwerk eine kleine Auswahl seiner Bronzefiguren, in denen es immer auch um Begegnungen geht.

 

Begegnungen sind im Hospiz so wichtig wie im „normalen“ Leben draußen. Vielleicht sind sie noch wichtiger. Deswegen laden die Verantwortlichen immer wieder zu Vernissagen oder Konzerten ein, zu Vorträgen oder Filmabenden. „Es fällt vielen leichter hierher zu kommen und sich dabei auch mal umzuschauen, wenn es dafür einen Grund gibt wie eine Ausstellung oder einen Vortrag“, sagt die Hospizreferentin Gabriele Reichle.

Verfärbungen und Narben

„Spitzen“ und „Paar“, „Spannung“ und „Wir“ heißen die vier reduzierten, in sich gekehrten Bronzeskulpturen von Matthias Eder, die im Hospiz bis zum 8. Juli gezeigt werden. „Mich interessieren immer die Beziehungen von Menschen, wie sie zueinander stehen, was sie verbindet oder trennt. Und meine Figuren entstehen aus dem Bauchraum heraus“, erklärt der Künstler, also ganz wie jeder echte Mensch auch. Den Menschen in seiner existenziellen Nacktheit, aber auch seiner fundamentalen Einsamkeit zeigen Eders Figuren, die ohne Kopf und Gliedmaßen auskommen und eine fast sakrale Eleganz ausstrahlen. Eine Aura der Stille umgibt sie, sie erscheinen wie ein Universum aus Introversion. Spuren des Arbeitsprozesses finden sich auf ihrer Haut, Gipsspuren, Verfärbungen. Narben auf einem verletzlichen Menschenkörper, die auch für jene Menschen stehen könnten, die ins Hospiz nur kommen, um für immer zu gehen.

Ganz anders geartet, bunt und zugleich meditativ, sind die Mandala-Werke von Beau Bijou. Die Leonbergerin ist gelernte Floristin und Krankenschwester, hat auch einige Jahre in einem Sportstudio gearbeitet und ist heute in den Schmieder Kliniken auf der Gerlinger Schillerhöhe als Assistentin in der Psychologie tätig, wo sie unter anderem ein kunsttherapeutisches Angebot macht. Ehrenamtlich kommt sie seit zehn Jahren ins Hospiz und malt, filzt, zeichnet mit den Bewohnern und ihren Gästen. „Ich lasse mich da auch sehr darauf ein, was die Leute wollen“, sagt sie. Als eine Bewohnerin gemeinsam mit ihr die eigene Urne bemalen wollte, haben sich die beiden in vier Sitzungen an die Urne gemacht.

Kreative Energie

„Die Menschen werden hier oft unglaublich kreativ“, hat die Leonbergerin mit dem Künstlernamen Beau Bijou festgestellt. „Sie sehen, dass sie etwas hinterlassen können und genießen und nutzen das sehr gern und intensiv.“ So komme es, dass manchmal 80-Jährige, die seit der Schulzeit kein einziges Bild gemalt hätten, hier wie im Rausch malten. „Was ich hier von den Patienten zurückbekomme, das bekomme ich sonst nirgends“, schwärmt Bijou von der intensiven Zusammenarbeit.

Beau Bijous Mandalabilder sind Werke, die wie eine Sternengeburt aus einem Kern zu explodieren scheinen. Sie dehnen sich in eine mal runde, mal eckige kosmische Ursuppe aus organischen Formen, Schnörkeln, Punkten, Wellen, hieroglyphischen Schriftzeichen in ein oft symmetrisches Bilduniversum aus. „Ich habe kein Motiv, male komplett intuitiv, ganz ohne Kopf“, erklärt die Künstlerin ihre Arbeitsweise. „Die Bilder, ich nenne sie oft Energiebilder, drücken das aus, was in mir drin ist“, erklärt sie. Das kann nicht wenig sein, häufig malt die Leonbergerin bis zu 60 Stunden an einem der farbenprächtigen Werke.

Die Hospiz-Bewohner hatten sich eine Ausstellung mit den neueren Arbeiten von Beau Bijou gewünscht, mit der sie oft die Dienstage verbringen, erzählt Gabriele Reichle. Und nicht selten stehe der eine oder andere nachts andächtig vor einem der Bilder und lasse sich von deren Energie ein wenig berauschen. Die Kontraste zwischen den Werken der beiden Künstler dieser Ausstellung könnten größer kaum sein. Aber passt nicht genau das in ein Haus, in dem der Tod dem Leben so nah ist?