Hubert Kiechle ist beim Briefeaustragen immer gut gelaunt.

Leonberg - Wer mit Hubert Kiechle mithalten will, braucht gute Kondition. Mit großem Tempo eilt er durch die Warmbronner Gassen. „Das ist der Postschritt“, lacht der 42-Jährige. „Wenn ich langsamer gehen soll, sagen Sie’s nur.“

 

Doch der journalistische Begleiter schafft es gerade so. Hätte er allerdings ein Stoß Briefe und Prospekte in dem einen Arm und Päckchen im anderen, dann wäre das mit dem Tempo schon schwieriger.

Hubert Kiechle hat keine Probleme. Er hat den Postschritt schon seit einem Vierteljahrhundert drauf. So lange ist er als Zusteller unterwegs. Anfangs in seiner Heimat im Allgäu, seit 1997 in Leonberg. Warmbronn ist sein Lieblingsbezirk. „Hier geht’s sehr ländlich zu. Man kennt sich, die Leute grüßen“, erzählt Kiechle. „Fast wie daheim. Mit den meisten bin ich per du.“ Tatsächlich: „Grüß Dich, Lotte!“, ruft er einer älteren Dame zu. Ein Radler winkt dem Mann im schwarz-gelben Dress. Und der Anwohner Heinz Jurock nimmt den Postboten gleich persönlich in Empfang.

„Viele Leute wollen reden“, erzählt Kiechle. „Manchmal bin ich der einzige Mensch, den sie am Tag sehen.“ Doch viel Zeit für ein Schwätzle bleibt nicht. Zu groß ist der Zeitdruck. Gerade jetzt in der Weihnachtszeit. Rund 100 Pakete am Tag liefert der Postmann aus. Bei den Briefen wird meistens die 1000er-Marke überschritten. „Dafür bin ich mit dem Auto unterwegs.“ Die Kollegen im Leonberger Zentrum verteilen per Rad die Post aus. Die haben aber auch keine Pakete dabei.

In den kleineren Zustellbezirken muss ein Mann alles machen. Gerade das Paketgeschäft hat wegen des Internet-Booms mächtig zugelegt. Nicht nur zur Weihnachtszeit. „Es sind mindestens zehn Prozent mehr als vor zwei Jahren“, berichtet der altgediente Postler. „Das Geschäft ist härter geworden.“ Zumal die Post längst nicht mehr der alleinige Anbieter auf dem Zustell-Markt ist.

Um sechs Uhr morgens geht’s los

Es ist 13 Uhr. Hubert Kiechle hat schon sieben Stunden hinter sich. Und noch rund drei Stunden vor sich. „Normalerweise schaffe ich meine Tour bis etwa 15 Uhr“, erzählt er. „In den Adventswochen reicht das nicht. Wichtig ist, dass es noch hell ist.“

Los geht es für ihn und seine Kollegen um 6 Uhr in der Leonberger Hauptpost. Dort werden die Briefe und Pakete auf die einzelnen Wagen verteilt. Gegen 8 Uhr machen sich die Zusteller in ihre Bezirke auf. Hubert Kiechle fährt nach Warmbronn. Er muss freilich nicht den kompletten Stadtteil beliefern. Warmbronn ist in drei Zustellbezirke unterteilt. Der Allgäuer hat den südwestlich Bereich links und rechts der Büsnauer Straße, der an der Steigwaldhalle und am Waldrand endet. Zehn Kilometer Laufweg kommen am Tag locker zusammen. Plus die Kilometer per Wagen.

Aber nur in den wenigsten Fällen kann er vor die Haustür fahren. Viele Häuser liegen verwinkelt. Und bei manchen Kunden bietet er Sonderservice. Einer gehbehinderten Frau etwa, die zum Briefkasten die Treppe hinunter müsste, bringt Kiechle die Post extra vor die Tür.

Die meisten Warmbronner wissen die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft zu schätzen. Im Sommer gibt’s für den Mann von der Post Sprudel oder Apfelschorle. Im Winter bekommt Hubert Kiechle schon mal einen Kaffee angeboten. Jetzt vor Weihnachten gibt’s oft Plätzchen oder anderes Selbstgebackenes.

An vielen Briefkästen muss der Zusteller richtig drücken. Dann ist alte Post oder die Zeitung noch drin. „Ich darf die Briefe aber nicht einfach nur halb hineinstecken“, erklärt er. „Sie müssen richtig im Kasten drin sein.“ Das ist Arbeit, die wieder Zeit kostet. Seine Zeit.

Heiligabend: alles auf den letzten Drücker

Aber Hubert Kiechle will nicht klagen: „Ich mag meinen Beruf. Ich bin an der frischen Luft und habe viel mit Menschen zu tun.“ Da die meisten freundlich sind, macht es Spaß. Natürlich: immer mal wieder hat er es auch mit einem Griesgram zu tun. „Da sehe ich einfach drüber weg“, sagt er und lacht. Lachen gehört ohnehin zum Alltag des Allgäuers. „Da kommt man doch viel besser durchs Leben“, sagt er. „Manche haben mich schon gefragt, ob ich etwas nehme. Aber ich bin halt so.“

Heiligabend ist für ihn und seine Kollegen noch einmal Großkampftag: „Da kommen die ganzen Auf-den-letzten-Drücker Pakete“. Und dann ist Ruhe? „Im Gegenteil. Nach Weihnachten sind die ganzen Retouren dran, oder Lieferungen eingelöster Gutscheine. Das geht grad’ so munter weiter.“ Spricht’s und lacht.