Wir schaffen Platz für Gärtner, Gärten und Freunde der Botanik. Heute befasst sich Barbara Bross-Winkler mal wieder mit dem an und für sich immergrünen Buchs. Der aber nur grün aussieht, wenn er mal nicht krank ist.

Vor drei Tagen konnte ich nicht mehr umhin und habe eine Zen-Weisheit in praktisches Tun umgesetzt. „Wage den ersten Schritt und ein Weg wird sich auftun“, heißt sie. Am diesem noch sonnigen Herbsttag habe ich zu einer neuen Gartenschere gegriffen und mich über meine Buchsbäume gebeugt. Ich weiß ja nicht genau, ob Sie dieselben Probleme haben wie ich. Meine Buchsbäume jedenfalls sind mal wieder lebensbedrohlich erkrankt. Der Zünsler hat meinem Garten heuer nur kleine Stippvisiten abgestattet. Es sei ihm gedankt. Dafür hat jetzt der Buchsbaumpilz zugeschlagen. Während ich die ersten Anzeichen in der vagen Hoffnung, dass auch Aussitzen Probleme lösen kann, noch geflissentlich ignoriert habe, waren sie zuletzt nicht mehr zu übersehen.

 

Cylindrocladium buxicola hat gewütet. Das ist kein Wunder, denn meine Recherchen haben ergeben, dass der feuchte Sommer geradezu optimal für sein Gedeihen war. Der Effekt eines proper heranwachsenden Buchsbaumpilzes ist ähnlich verheerend wie ein ordentlicher Befall mit dem Buchsbaumzünsler: Meine Buchsbäume sehen jetzt so trübsinnig aus wie das aktuelle Novemberwetter, und so ging mir dieser Tage durch den Kopf, ob es langsam an der Zeit wäre, eine nette Wohnung mit extensiv begrünter Dachterrasse zu beziehen. Doch dann kam mir wieder dieses mongolische Sprichwort in den Sinn, das da heißt: „Nicht ewig freut man sich der Ruhe und des Friedens, und doch ist Unglück und Zerstörung nicht das Ende. Wenn das Gras vom Steppenfeuer verbrannt ist, sprosst es im Sommer neu.“

Ein wenig positives Denken schadet nie

Ein bisschen mehr positives Denken kann nie schaden und so habe ich beschlossen, froh und dankbar zu sein, denn es hätte ja noch viel schlimmer kommen können. Jetzt weiß ich immerhin, dass ich keineswegs bloß 50 Buchsbäume habe, wie ich geschätzt hatte, sondern ziemlich genau 130! Und nicht alle haben den Pilz. Das ist doch toll. Und sagte nicht der Dalai Lama: „Wenn die Wurzeln nicht vertrocknet sind, ist der Baum noch nicht tot“? Hat nicht Marie von Ebner-Eschenbach mal behauptet, jedes Unglück sei gerade nur so schwer wie man es nehme? Ich habe also mit meiner neuen Schere alles ganz leicht genommen. Auch die Tatsache, dass die neue Schere das bisschen Ausschneiden der verpilzten Stellen und das Heruntersäbeln ganzer Buchskugeln krumm genommen hat und einfach zerbrochen ist. Ich sehe das positiv: Schon wieder was gelernt über deutsche Wertarbeit!

Sie sehen, es ist ganz einfach. Man muss nur die rosarote Brille hernehmen und das Gute aus dem Suboptimalen herausfiltern. Ihr Buchs ist krank? Schon haben Sie ein tolles Smalltalk-Thema für Plaudereien am Gartenzaun! Die ganze immergrüne Struktur Ihres Gartens ist hinüber? Eine Super-Gelegenheit, ihn endlich mal neu zu gestalten! Hundert neue Buchsbäume sind Ihnen zu teuer? Dann beleben Sie doch die Wirtschaft, indem Sie zu Eibe und Ilex crenata greifen! Wie? Sie wissen gar nicht, ob Sie überhaupt den Pilz haben? Das ist schnell geklärt.

Cylindrocladium buxicola breitet sich hierzulande erst seit einigen Jahren aus. Er liebt milde, feuchte Witterung. Am anfälligsten ist die Sorte „Suffruticosa“, aber der Pilz nimmt auch gern mit anderen Sorten vorlieb. Sie erkennen ihn an braunen Flecken auf den Blättchen, zu denen sich später ein heller Sporenbelag gesellt. Auch die Triebe verfärben sich schwarz und dann können Sie gar nicht mehr so schnell schauen, wie der Buchs seine Blätter abwirft und verkahlt.

Die Pilzsporen können jahrelang überleben

Man schneidet die befallenen Stellen aus und entsorgt das Schnittgut in der Restmülltonne, keinesfalls auf dem Kompost oder der Biotonne, denn die Sporen überleben einige Jahre lang. Deswegen sollte man auch die Schere nach jedem Schnitt der einzelnen Pflanzen desinfizieren – so wird es Ihnen beim Schneiden schon nicht langweilig . . . Außerdem sollte man die herabgefallenen Blättchen mitsamt der obersten Erdschicht abtragen und im Restmüll entsorgen.

Wer bisher verschont war, könnte die Tipps des Gartenarchitekten Andreas Mallin aus Bietigheim beachten: Buchs liebt lockere, kalkhaltige Böden und luftige Plätze, damit er nach Regen abtrocknen kann. Ab und zu kann man ein wenig Gartenkalk oder Gesteinsmehl über den Buchs streuen und mit Hornspänen düngen. Gewässert werden darf nicht über die Blätter und dichte Buchsbäume mögen ja schön sein, sind aber anfälliger als locker gebaute. Laubbläser fördern die Ausbreitung des Pilzes. Besser ist es, die heruntergefallenen Blättchen mit einem Laubsauger einzusammeln – wenn man damit leben kann, dass dabei auch viele nützliche Insekten und Kleintiere getötet werden. Egal, wie Sie vorgehen, folgen Sie einem tunesischen Sprichwort: Wer seinen Gegner umarmt, macht ihn bewegungsunfähig.

Leonberg -