Leonberg
Ferienbetreuung für Schüler gibt es schon länger. Jetzt wird die Stadtranderholung der Arbeiterwohlfahrt zwei Wochen lang auch für Kindergarten-Kinder angeboten. Unterstützung durch die Stadt gibt es für die Awo aber nicht.

Leonberg – Da hat aber mal wieder jemand ausführlich verschlafen. „Oh je, der ist eine Schlafmütze“, ruft die Julia. Und Mia weiß: „Der ist bestimmt noch in seinem Bett.“ Also müssen alle Kinder ran. Und im Chor ein lautes: „Oskar! Aufwachen!“ rufen. Aber das reicht noch lange, lange nicht. Also noch drei Mal: „Oskar! Aufwachen!“ Und tatsächlich.

 

Im braunen Karton regt sich etwas. Ein großer, dicker Herr kommt heraus. Jetzt kann der Tag beginnen bei der Kleinkinder-Stadtranderholung. Hinter Oskar sitzt Markus Mörk. Aber nicht nur in der großen Handpuppe hat er seine Finger im Spiel. Die kompletten zwei Wochen Ferienfreizeit leitet er zusammen mit seiner Frau und zwei weiteren Betreuern. „Das macht großen Spaß hier“, sagt er und schaut in die großen Kinderaugen, die ihn umringen.

Matschrampe steht hoch im Kurs

Denn den ganzen Tag so rumlümmeln wie Oskar in seinem Karton, das ist nichts für die 16 Kinder. „Am liebsten renne ich die Matschrampe hoch“, berichtet Kai und rennt davon. Er ist sechs Jahre alt und damit einer der Ältesten hier. Das ist nämlich die Stadtranderholung für Kindergartenkinder. Für die gab es bisher in Leonberg noch keine Betreuung in den Ferien. „Deshalb hab ich meinem Vorstand vorgeschlagen, dieses Jahr eine Freizeit für die Kleinen anzubieten“, sagt Markus Mörk. Er ist der Vorsitzende der Leonberger Arbeiterwohlfahrt (AWO), die die Freizeit in diesem Sommer veranstaltet.

Und zwar zum ersten Mal. „Wir sind mit der Idee auf die Stadt zugegangen, aber dort hat man den Bedarf dafür nicht gesehen. Man sagte uns, wir wollten es einfach mal versuchen“, berichtet Mörk. Mit insgesamt 30 Kindern verteilt auf zwei Wochen habe man den Bedarf gedeckt. Viele der Eltern könnten so Beruf und Familie besser unter einen Hut bekommen. Und die Kleinen könnten schöne Tage mitten in der Natur erleben.

„Es ist richtig toll hier“, erzählt Kai. Er steht vor der Matschrampe, sein Kumpel Lasse sitzt schon oben. Logisch, dass Kai da jetzt auch hochklettern muss. „Da hat man nämlich eine tolle Aussicht“, ruft Lasse runter von dem steilen Stück Waldboden, das an das Eltinger CVJM-Heim grenzt. Hier, mitten in den Hügeln im Tiefenbach, logieren die Kinder in den ein oder zwei Wochen Ferien ohne Eltern. „Teils sind die Kids hier, weil ihre Eltern arbeiten müssen, teils, weil sie Freunde treffen wollen“, sagt Markus Mörk, der Ferien-Onkel. Aber das ist den Kindern egal. Hauptsache, sie haben viel Spaß. Und damit das auch so bleibt, hat er sich kein pädagogisches Konzept überlegt.

Der Vaterblick muss reichen

„Ich will hier mit meinem Vaterblick was Vernünftiges anbieten“, erklärt der Organisator. Und das ist gelungen, zumindest wenn man Kai und Lasse auf ihrer Matschrampe fragt.

„Hier haben wir sogar schon Frösche und Kröten gesehen“, wissen die beiden Jungs. Aber das war nicht die einzige Beute in dieser Woche. „Am allertollsten war der Schatz“, erzählt Clemens. „Der war im Sandkasten versteckt.“ Da war nämlich Piratentag bei der Stadtranderholung. Karibische Gefahren, hier im beschaulichen Tiefenbach? „Nöö, nöö, wir hatten keine Angst“, beteuert Antonia und bricht dann in schallendes Gelächter aus. „Der Pirat Wolfi, das warst nämlich Du“, sagt sie und zeigt auf den Betreuer Markus Mörk. Auch er macht mit bei der Gaudi, schließlich sind die zwei Wochen Ferienbetreuung sein Sommerurlaub. Im richtigen Leben ist er Bankkaufmann. „Das ist mal was anderes“, sagt er. „Aber in jedem Fall muss ich hier nicht an den Beruf denken, und das ist dann auch schon Urlaubseffekt.“

Ferien also, nicht nur für die Kinder, auch für die Betreuer. So versteht Mörk auch den Zweck der Arbeiterwohlfahrt in der heutigen Zeit. „Seit dem Krieg kümmern wir uns um die Not der Menschen“, sagt er, „und das ist heute der Betreuungsbedarf.“ Kinder seien deshalb der Schwerpunkt seinen AWO-Ortsverbands.

Nach so viel Arbeit im Dreck ist der Hunger groß. „Händewaschen bitte“, rufen Anja und Nadine, die beiden anderen Betreuerinnen. Und Jutta Röckle in der Küche hat festgestellt: „Bei so viel Frischluft hauen die Kinder ganz schön rein.“ Kartoffelsalat gibt es deshalb genug, an das Zuhause denkt da wirklich niemand. „Heimweh gab es noch nicht“, erzählt Markus Mörk. Sie ist also gelungen, die allererste Kleinkindfreizeit in Leonberg.