Trotz der hohen Kosten sollen die zwei Häuser in Höfingen und die Container-Siedlung im Lohlenbachtäle gebaut werden. Bisher sind 2,6 Millionen Euro für beide Projekte veranschlagt. Die Fraktionen hoffen auf günstigere Ausschreibungsergebnisse.

Leonberg - Das Flüchtlingsheim in Höfingen und die Obdachlosen-Unterkunft im Lohlenbachtäle werden beide gebaut. Das hat der Gemeinderat am Dienstagabend nach intensiver Diskussion beschlossen. Während das Votum für die zwei Häuser in Höfingen einstimmig ausfiel, gab es für die Container-Siedlung unterhalb der Gartenstadt 18 Ja-, fünf Nein-Stimmen und acht Enthaltungen.

 

Doch so eindeutig, wie das Abstimmungsergebnis nahelegt, war die Entscheidung keinesfalls. Die Stadträte waren hin- und hergerissen zwischen der Notwendigkeit, weitere Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten aufzunehmen, und den signifikanten Kosten für beide Projekte. Die hatten schon Ende der vergangenen Woche im Finanzausschuss für starke Kritik gesorgt.

„Bei Weitem keine Goldrandlösung“

Wie berichtet, sind an der Strohgäuhalle zwei doppelgeschossige Flachbauten mit insgesamt acht Wohnungen geplant. Hier sollen bis zu 60 Kriegsflüchtlinge unterkommen, vor allem Familien. Die Kosten sind mit gut 1,7 Millionen Euro veranschlagt. Eine Summe, die im Gemeinderat erneut auf Unverständnis stieß. „Die beiden Häuser sind bei Weitem keine Goldrandlösung“, erklärte Axel Röckle. „Aber wenn wir in Leonberg bauen, ist es immer teurer als in Nachbarkommunen“, spielte der Fraktionschef der Freien Wähler auf einen größeren Bau für Sozialwohnungen in Rutesheim an, der für insgesamt 1,5 Millionen Euro realisiert wird.

Mehr Geld wollte Elke Staubach auch für das Höfinger Projekt nicht ausgeben, zumal sie mit weiteren Kosten rechnet. Die CDU-Fraktionsvorsitzende schlug daher einen Kostendeckel von 1,5 Millionen Euro vor. Ein Ansinnen, das „angesichts der Weltlage“ für die SPD-Fraktionschefin Christa Weiß „zu krass“ ist. Anfreunden konnten sie und auch Birgit Widmaier (Grüne) sich mit dem CDU-Vorschlag, die Arbeiten in einer offenen Ausschreibung zu vergeben. Es gibt also keine Vorgabe, ob die Unterkünfte an der Strohgäuhalle massiv oder in Modulbauweise errichtet werden.

Weitaus komplexer gestaltete sich die Diskussion um eine Containersiedlung für 24 Obdachlose im Lohlenbachtäle gegenüber dem Aldi-Kreisel. Da lagen die Kosten erst bei 600 000, dann bei 1,1 Millionen Euro. Nun hat das Architekturbüro Schneck eine abgespeckte Variante entwickelt, in der die Raummaße von 6,50 mal 3 Meter auf 6 mal 2 Meter reduziert wurden. Auch ein Dach, das die beiden Containerblöcke verbunden hätte, wurde gestrichen.

Dass dennoch mit fast 900 000 Euro zu rechnen ist, liegt nach den Worten von Dieter Häberle an den Sicherheitsauflagen des Kreisbrandmeisters. „Wir bekommen keine Befreiung von den baurechtlichen Auflagen“, erklärte der Chef des städtischen Gebäudemanagements den Stadträten.

Teure feuerfeste Innenverkleidungen

So sind 48 500 Euro für feuerfeste Innenverkleidungen fällig. 24 Lüftungsanlagen, die aus Lärmschutzgründen nötig sind (die Fenster dürfen nicht geöffnet werden, weil es draußen zu laut ist), kosten 18 000 Euro. Gesetzlich vorgeschriebene Solarkollektoren sind mit 17 000 Euro veranschlagt.

Die Diskussion im Gemeinderat drehte sich um ein weiteres Problem: Das Lohlenbachtäle ist hochwassergefährdet. Georg Pfeiffer (Freie Wähler) schlug vor, die Unterkunft auf die andere Seite des Kreisels zur Schweizer Mühle, direkt neben die Baustoffhandlung Greß, zu legen.

Zustimmung gab’s von SPD, Freien Wählern und der Linken, Ablehnung von Grünen, CDU und FDP. Die Kritiker an dem Alternativstandort führten besonders eine neuerliche Zeitverzögerung von mindestens einem Jahr an. Der Flüchtlingsstrom werde in dieser Zeit noch steigen.

Auch der OB mahnte: „Zurück auf Null bringt nichts. Der Kostendruck bleibt.“ Entsprechend froh war Bernhard Schuler über das „Ja“ zum geplanten Standort.

Kommentar

Bis es knallt

Flüchtlinge Mit seiner Entscheidung für die Unterkünfte hat der Gemeinderat Verantwortung bewiesen. Doch die Probleme werden eher größer. Von Thomas Slotwinski

Der Gemeinderat hat lange mit sich gerungen und am Ende für die Notunterkünfte gestimmt. Das ist ein gutes Signal. Unabhängig von der gesetzlichen Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen, zeugt das Ratsvotum von einem hohen Verantwortungsbewusstsein aller Stadträte. Sie haben in einer qualifizierten Debatte die, man muss es so sagen, ausufernden Kosten im Sinne der Not leidenden Menschen in Kauf genommen.

Das Grundproblem ist freilich immer noch da. Mehr Vertriebene werden kommen, so viel steht fest. Für sie ist aus heutiger Sicht kein Platz vorhanden. Wenn aber noch nicht einmal leer stehende Wohnungen genutzt werden können, weil sie den aktuellen Sicherheitsbestimmungen nicht entsprechen, ist keine Lösung in Sicht.

Es ist einfach ein Unding, dass behördliche Auflagen es den Kommunen de facto nicht möglich machen, den Flüchtlingen ein Dach über den Kopf zu gewähren. Die Gemeinden bekommen die Menschen von oben zugewiesen, werden mit ihnen alleine gelassen, kriegen dafür aber verboten, möglichst rasch und letztlich bezahlbar Hilfe zu leisten. Diese Rechnung geht nicht auf. Wenn hier die Regeln nicht deutlich gelockert werden, knallt es über kurz oder lang.

Eine wichtige Rolle in der Debatte spielen zudem die Immobilienbesitzer. Jede Wohnung, die leer steht, ist in solch einer dramatischen Situation eine zu viel. Verantwortungsvolle Eigentümer sollten der Stadt ihre Unterkunftsmöglichkeiten dringend melden. Sie leisten so einen wichtigen Beitrag für den Dienst an Menschen.