Rathaussturm, Guggenmusik, verkaufsoffener Sonntag und Konzerte: Leonberg kommt aus dem Feiern nicht mehr heraus. Bernhard Schuler schlägt sich vor dem narreten Richter wacker.

Leonberg: Thomas Slotwinski (slo)

Leonberg - Ein Oberbürgermeister muss alles können. Zur Not auch ein Kind wickeln. Insbesondere für einen zweifachen Vater dürfte das kein Problem sein. Doch Bernhard Schulers Erfahrungen in Sachen Babybetreuung sind schon ein paar Jährchen her. Dennoch schlägt sich der OB beim Ableisten seiner Strafe wacker. Zum Glück ist das Kind nur eine Puppe und die Windeln sind nicht echt.

 

Und in Wirklichkeit ist das Stadtoberhaupt ja auch nicht entmachtet. Zwar haben ihn die Waldhexen mit äußerst brachialer Gewalt aus der höchsten Ecke des Alten Rathauses nach unten auf den Marktplatz gezerrt – dort wartet schon der närrische Richter Harald Lutz –, doch nur noch bis Dienstag kann der Präsident des Ersten Karnevalsvereins seine Sprüche kloppen. Dann geht in der Verwaltung alles wieder seinen gewohnten Gang.

Aber was plagen wir uns mit der schnöden Wirklichkeit? Bleiben wir noch zwei Tage in der traumhaften Welt des Pferdemarkts und der Fasnet, die sich diesmal friedlich vereinen. In dieser narreten Welt wird der OB schwerer Vergehen bezichtigt, weiß sich gegen die Vorwürfe des närrischen Richters Lutz aber gut zu wehren.

Denn schuld an fast allem ist ohnehin der Landkreis, den sowieso niemand braucht. Und in persona natürlich der Chef: „Der Landrat ist, echt Scheibenkleister, Steuerausgaben-Landesmeister.“

Die Zweifel des Anklägers, der Elan des Angeklagten beim Kampf fürs Krankenhaus würde erlahmen, zerstreut Schuler sofort: „Das Krankenhaus, das ist gesund! Doch ist der Klinikverbund krank, drum geht jetzt weg Frau Dr. Frank. Der Landkreis steht ihr bis zum Hals, sie geht nach Mainz in Rheinland-Pfalz. Dort feiert man die Fassenacht: Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht. Dort ist es anders als beim Kreis, der macht viel . . . wie jeder weiß.“

Der Richter Lutz hat noch einen Trumpf: „Die Vorschriften des Brandschutzes sind maßlos übertrieben, wo ist der gesunde Menschenverstand geblieben?“, fragt er den Beschuldigten.

Doch auch hier weiß sich Bernhard Schuler, ein studierter Jurist, zu wehren: „Ich bin selbst ein Mann des Rechts, belesen in Gesetzen, deshalb weiß ich, dass Augenmaß durch nichts ist zu ersetzen. Der Brandschutz ist ein edles Gut, er rettet viele Leben. Doch kommt’s drauf an, wie der es tut, dem man den Job gegeben. Egal ob Bund, ob Landestag, für mich ist’s keine Frage, weil hier wie dort der Maßstab fehlt, wird Brandschutz heut’ zur Plage.“

Und selbst beim aktuellen Thema Nummer eins kann der Angeklagte seinen Richter schließlich überzeugen: „Wer hier ist, so meine ich, hat neben Rechten doch auch Pflichten, er muss sich nach unseren Bräuchen richten. Und wer Regeln nicht achtet und sie hält nicht aus, dem geben wir die Fahrkarte nach Haus.“

Das findet nicht nur beim Präsidenten Zustimmung, sondern auch bei den allermeisten Zuschauern, die zu Hunderten die narrete Gerichtsverhandlung verfolgen. So sind alle mit dem milden Urteil – der OB als Hilfskraft im Kinderhaus – zufrieden. Und wenden sich wieder dem echten Leben zu.