Die Haldenwangschule will Kindern mit Handicap zu mehr Selbstbewusstsein verhelfen.

Leonberg - Man hört es bereits beim Näherkommen: Der Jubel und die Freude der Karl-Georg-Haldenwang-Schüler. Es ist Spiel- und Sporttag auf dem Eltinger Sportplatz. Gerade findet der 100-Meter-Lauf statt. Auf die Plätze! Fertig! Los! Da rennen sie. Rufe werden laut.

 

Es ist nicht wichtig, wie lange die Einzelnen brauchen oder ob sie auf die Spur der anderen schwanken. Denn die Kinder sind trotz ihrer Behinderungen hoch motiviert und mit einer beeindruckenden Energie dabei. Es gibt drei Disziplinen, von denen sie sich zwei aussuchen dürfen: Sprung, Lauf und Kegeln. Gesprungen werden kann aus der Zone oder auf eine Matte. Es gibt 100- oder 50-Meter-Sprint. Wer dazu nicht in der Lage ist, geht die 50 Meter – wenn es erforderlich ist, auch mit Begleitung. Gekegelt wird auf einer schiefen Ebene. Zusätzlich gibt es eine wettbewerbsfreie Zone. Dort ist es ruhiger. „Für die, die nicht gut mit Trubel umgehen können, steht ein Rückzugsort zur Verfügung“, erläutert Eva Scheu, die Konrektorin der Schule.

Die Kinder aus Grund-, Haupt- und Berufsschulstufe sowie den Außenklassen, wurden zuvor in Gruppen eingeteilt. Um diese fair zu gestalten, wurde der Fitnessgrad und das Alter berücksichtigt, denn viele sind auch körperlich beeinträchtigt. In jedem Team gibt es Medaillen für die Erst- bis Drittplatzierten. „Die Einteilung der Gruppen war mit das Schwerste. Allgemein die Logistik war eine Herausforderung“, erzählt Katrin Karnein, Lehrerin für die erste Klasse. Sie war mit Tobias Benzinger und der Konrektorin im Planungsteam.

Das Motto: Dabei sein ist alles

Vor zwei Jahren fand der Spiel- und Sporttag zum ersten mal statt. Die Idee entstand als Alternative zu den Bundesjugendspielen der anderen Schulen. Angelehnt ist er an die „Special Olympics“, die auch schon mit ein paar Schülergruppen besucht worden sind. „Sie sollten sehen, wie das tatsächlich ist, an einem sportlichen Wettkampf teilzunehmen“, erklärt Karnein. Dabei sein ist alles. Das ist auch hier das Motto. „Jeder soll sich so bewegen, wie er kann“, erläutert die Konrektorin. „Da es keine Vorgaben gibt wie bei den Bundesjugendspielen, können auch die Schüler mit größerem Handicap teilnehmen.“

Als Helfer sind Eltern, Lehrer und zehn Schüler aus dem JKG auf dem Platz. Die Gymnasiasten wurden von ihrem Lehrer Sebastian Keck gefragt und haben sich freiwillig gemeldet. Er unterrichtet Sport, Gemeinschafts-kunde und Geschichte an ihrer Schule. „Die acht Mädchen und zwei Jungen sind selbst aktiv in Sportvereinen und auch hier voll dabei“, erzählt er. Von der Kooperation begeistert sind auch die Zehntklässlerinnen Béryl Rometsch und Julia Konienczny. „Mich interessiert einfach die Arbeit im Umgang mit geistig behinderten Menschen.“, meint Béryl. Das findet auch Julia: „Das ist ja einfach eine gute Sache. Wenn wir Zeit haben, kommen wir nächstes Jahr wieder.“ Eva Scheu freut sich: „Diese Zusammenarbeit ist wichtig für die Inklusion.“ Das JKG und die Gerhart-Hauptmann-Realschule haben die Schule schon mit ihrem Spendenlauf unterstützt. „Auch über Praktikanten, FSJler oder Bufdis freuen wir uns immer“, ergänzt sie, vor allem männliche Helfer werden gesucht.

Hier geht keiner frustriert nach Hause

„Es erfordert zwar viel Geduld, aber es lohnt sich. Die Kinder spüren, dass jeder Einzelne uns wichtig ist “, meint Berthold Halter, seit 16 Jahren Rektor an der Haldenwang-Schule. Er steht an der Seifenblasenstation und feuert die Kleinen an, die für den Fotografen posieren. „Es ist unglaublich, wie begeistert alle sind“, sagt er und lächelt stolz. Er erzählt vom 100-Meter-Sprint, bei dem einer sich während des Laufes mehrmals umdrehte um zu schauen, ob sein Hintermann noch nachkam.

Seine Stellvertreterin versichert: „Ich denke nicht, dass irgendwer frustriert nach Hause geht. Ich glaube viel eher, dass die Schüler stolz sind.“ Der Wettbewerbscharakter sei zwar teilweise da, aber er stehe nicht im Vordergrund, so Halter. Alle, die vollen Einsatz geben, seien die Gewinner. Eine Schülerin ruft ihrem Lehrer zu: „Hurra, wir haben alle gewonnen!“ Sie haben alles gegeben. Und das ist es, was zählt.