Die Hoffnungsträger Stiftung unterstützt mit ihren Projekten die Aussöhnung zwischen Tätern und Opfern in dem lateinamerikanischen Land. Lacides Hernández wird am Freitag, 21. September, um 20 Uhr im Seehaus über seine Arbeit in einem Vortrag informieren.

Leonberg - Rund 200 000 Menschenleben hat der seit mehr als 50 Jahre andauernde Konflikt zwischen den Streitkräften, rechten Paramilitärs und linken Guerillagruppen in Kolumbien gefordert, 45 000 Menschen werden vermisst und rund sechs Millionen wurden vertrieben. Regierung und Rebellen hatten sich nach mehrjährigen Verhandlungen auf einen Friedensvertrag geeinigt, doch eine knappe Mehrheit der Kolumbianer lehnte das Referendum Anfang Oktober ab.

 

Während diese historische Chance verpasst wurde, unterstützt die christliche Hoffnungsträger Stiftung die Initiative „Prison Fellowship“ (zu Deutsch: Gefängnis-Gemeinschaft)in Kolumbien auf dem Weg zu mehr Frieden im Land – die Partnerorganisation vom Seehaus-Verein engagiert sich in der Straffälligenhilfe. Im Kern geht es um die Integration von ehemaligen Guerillas und die Versöhnung zwischen Tätern und Opfern. „Mit unserer Arbeit fördern wir den Friedensprozess“, betont der Präsident Lacides Hernández bei seinem Besuch im Seehaus.

„Dörfer der Versöhnung“

Damit meint der Mann vor allem das Projekt „Dörfer der Versöhnung“, das er bei einem seiner früheren Besuche in Deutschland gemeinsam mit dem Seehaus-Leiter Tobias Merckle ausgearbeitet hatte, nachdem dieser in Ruanda war – dort bauen Täter und Opfer des Völkermordes zusammen Häuser in ihren Dörfern. Bei dem Projekt in Kolumbien entschieden sich die Macher aber für einen anderen Schwerpunkt: „Es ist uns wichtig, dass die Gemeinschaft profitiert“, sagt Hernández. Ganz konkret heißt das: „Ehemalige Guerilla-Kämpfer und Paramilitärs bauen gemeinsam mit den Opfern zerstörte Infrastruktur wieder auf“, erklärt er.

In den Örtchen San Ysidro, San Francisco und Ciudad Boliviar seien Schulen, Sportplätze, Kirchen oder auch eine kleine Brücke, die den Kindern einen sicheren Schulweg erlaube, entstanden. Zum Projekt gehören außerdem die Täter-Opfer-Gespräche, die auch ein fester Bestandteil in dem offenen Strafvollzug am Glemseck sind. Dabei nehmen die früheren Guerilla-Kämpfer und Paramilitärs an Gesprächsrunden mit Opfern des Konflikts teil. „Das heilt die Wunden der Opfer“, weiß Hernández und sagt: „Keiner von ihnen ist an materiellen Dingen oder einer finanziellen Entschädigung interessiert.“

Wie der Name erahnen lässt, engagiert sich „Prison Fellowship“ auch direkt in den Haftanstalten. So wurde mit Hilfe der Initiative aus dem Bellavista Gefängnis in Medellin, das früher zu den gefährlichsten im Land zählte, quasi ein Zentrum für soziale Wiedereingliederung gemacht. Durch Selbstverwaltung übernehmen die rund 500 Insassen in einem separaten Trakt Verantwortung und tragen damit zu einer völlig anderen Gefängniskultur bei.

Das Programm basiert auf der in Brasilien entwickelten APAC-Methode (Vereinigung zum Schutz und zur Unterstützung von Strafgefangenen) und dient auch dem Seehaus als Vorbild. „Die Häftlinge werden durch eine berufliche Ausbildung, Wertschätzung, ein abgestuftes System mit wachsender Verantwortung und Freiheit sowie die Integration in die Gesellschaft auf ein Leben ohne Straftaten vorbereitet“, erklärt Hernández, der das Programm auf weitere Gefängnisse ausweiten möchte.

Der Weg von Gewalt zur Hilfe

Im Vorfeld dazu waren Hernández und Merckle gemeinsam auf die Bosse der verschiedenen Gruppierungen in der Haftanstalt zugegangen, um ihnen das Programm vorzustellen. „Nach ihrem Einverständnis gaben die Insassen ihre selbst gebauten Macheten, Dolche und Messer ab und schworen Gewalt und Drogen ab“, erzählt der Mann aus Kolumbien. Der schwierige Prozess von einer „Kultur der Gewalt“ zu einer „Kultur der gegenseitigen Hilfe“ werde von einem Gefangenenbeirat und einem Mitarbeiterteam der Initiative bewacht. Lacides Hernández ist zuversichtlich, dass die Insassen, darunter auch viele, die den Guerillabewegungen FARC und ELN angehören, auf ein Leben in Frieden und Verantwortung vorbereitet werden und damit den Friedensprozess weiter begünstigen.