Der 44-Jährige wird wegen Drogenanbaus zu einer Bewährungsstrafe verdonnert.

Leonberg - Der Anruf auf der Leonberger Polizeiwache war nicht gerade alltäglich: „Kommen Sie her, hier riecht es nach Gras!“, meldete ein besorgter Nachbar. Wenig später stürmten die Beamten die Wohnung eines 44-Jährigen, der dort Cannabis-Pflanzen angebaut hatte. Der installierte Lüftungsschlauch hatte den Geist aufgegeben und wurde dem Maschinenarbeiter zum Verhängnis. Jetzt ist der Mann am Schöffengericht zu einer Bewährungsstrafe verdonnert worden.

 

Der Angeklagte hatte vier Cannabis-Pflanzen aufgezogen, deren Ernte insgesamt 150 Gramm Marihuana ergab. Außerdem stellte die Polizei bei der Wohnungsdurchsuchung im Dezember 2014 neben der Cannabis-Bibel „Weedology“ auch einen Vorrat von weiteren 40 Gramm sicher. Hinweise für einen Handel mit den illegalen Betäubungsmitteln fanden die Beamten aber nicht. Auch die Auswertung des beschlagnahmten Mobiltelefons brachte nichts zu Tage. Deshalb warf ihm die Staatsanwaltschaft lediglich den Anbau, die Herstellung und den Besitz von Betäubungsmitteln vor.

Nach der Arbeit gibt es einen Joint

Der sonderbare Geruch in seiner Wohnung und im Flur sei ihm gar nicht aufgefallen. „Als Raucher nimmt man das irgendwann nicht mehr wahr!“, sagte der 44-Jährige, der laut eigener Aussage schon seit knapp 20 Jahren Cannabis konsumiert. Wenn er nachts nach der Spätschicht nach Hause komme, müsse er erst wieder runterkommen. „Dann brauche ich einfach einen Joint“, erklärte der in der Automobilbranche tätige Mann.

Außerdem wies der Leonberger auf die medizinische Wirkung hin. „Wenn ich rauche, lindert das meine Kopfschmerzen, die ich regelmäßig seit meiner Krebs-Erkrankung habe“, berichtete dieser. „Sie wissen aber schon, dass Sie sich Cannabis auch von einem Arzt verschreiben lassen können?“, merkte der Staatsanwalt an.

Das sei ihm durchaus bekannt. „Aber da ich keine psychische Erkrankung habe, war das nicht möglich“, erklärte der Angeklagte. Mit dem Eigenanbau habe er übrigens angefangen, weil er sich nicht mehr länger mit der minderwertigen Qualität vom Schwarzmarkt abspeisen lassen wollte.

Bei den Ermittlungen habe sich der 44-Jährige überaus hilfsbereit gezeigt, wie die geladene Polizeibeamtin vor Gericht aussagte. Zwar habe er bei der Wohnungsdurchsuchung trotz mehrmaligem Auffordern die Tür nicht aufgemacht, weshalb ihre Kollegen gezwungen waren, sich den Zugang mit Gewalt zu verschaffen. „Aber am nächsten Tag brachte er noch die restlichen Cannabis-Samen beim Revier vorbei, die wir übersehen hatten“, berichtete die Polizistin.

Dies rechnete ihm auch der Vorsitzende Richter an. „Sie machen einen guten Eindruck, haben seit vielen Jahren einen festen Job, jetzt müssen Sie nur noch einen klaren Kopf behalten“, sagte Armin Blattner, der den bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getretenen Mann zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilte, diese aber zu Bewährung aussetzte. Außerdem muss der Leonberger eine Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro bezahlen.

Wie wäre es mit Kalifornien?

Trotz eines „minderschweren Falls“ hatte der Staatsanwalt mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr, einem Bußgeld in gleicher Höhe sowie einer Drogenberatung ein schärferes Urteil gefordert. Der Verteidiger hielt lediglich eine Geldstrafe, deren Höhe er nicht weiter konkretisieren wollte, für eine angemessene Sanktion.

Weil der Maschinenarbeiter noch vor Gericht die Ansage machte, auch künftig nicht auf seinen Joint verzichten zu wollen, gab ihm der Richter einen guten Rat mit auf den Weg: „Vielleicht sollten Sie darüber nachdenken, sich ins Werk nach Kalifornien versetzen zu lassen!“, sagte dieser mit einem Augenzwinkern. Dort ist nämlich der Konsum von Cannabis zu medizinischen Zwecken weitgehend erlaubt.