„In der Weihnachtsbäckerei . . .“ gibt es auch in Österreich so manche Leckerei! Manfred Hipp zeigt, wie unsere Nachbarn Plätzchen backen. Da kommt sogar Schauspieler Ernst Konarek vorbei

Leonberg - Es duftet nach Vanillekipferl in Florians Bistro in der Leonberger Altstadt. Herren mit Puderzucker im Bart lassen sich genießerisch kleine, köstliche Mehlspeisen auf der Zunge zergehen, während sie alte Beziehungen pflegen und neue Kontakte knüpfen. Katharina Haslauer, die Vizekonsulin des österreichischen Honorarkonsulats in Stuttgart, hatte zum Weihnachtsempfang mit Keks-Back-Workshop nach Leonberg in Manfred Hipps österreichisches Spezialitätenrestaurant gebeten.

 

Es ist kurz nach 17 Uhr. Manfred Hipp weiht die Gäste in die Kunst ein, einen Teig herzustellen. Die Zutaten müssen präzise abgewogen, das Mehl gesiebt, der Teig sorgfältig geknetet werden. „Kochen kann man über den Daumen“, erklärt er, „beim Backen muss man genau sein.“ Die umstehenden Damen und Herren sind ganz Ohr.

Schwaben sind besser als ihr Ruf

Seit Juni diesen Jahres ist Katharina Haslauer im Amt und hat gern die Gepflogenheit ihres Vorgängers Lukas Rupsch übernommen, den Konsulat-Stammtisch im Florians stattfinden zu lassen. Da entstand die Idee, gemeinsam „Platzerl“ zu backen. Sie habe sich gut in Stuttgart eingelebt, erzählt die quirlige, junge Vizekonsulin, und nein, den Ruf der Schwaben, ein verschlossenes, mürrisches und geiziges Volk zu sein, könne sie gar nicht bestätigen – im Gegenteil. „Stuttgart ist eine überraschend attraktive und lebhafte Stadt. Die Menschen sind sehr offen.“

Die unterschiedlichsten österreichischen Dialekte sind zu hören. In der Heimat geht es nicht immer so harmonisch zu – jedes Bundesland hat seinen eigenen Ruf: Die Tiroler gelten als hochnäsig, die Steirer und Kärtner als unzivilisierte Bauern und die Wiener mag man im restlichen Land ohnehin nicht. Aber hier in der Fremde hält man zusammen. Erstaunlich viele Österreicher sind in Baden-Württemberg zu Hause. Mit 190 Unternehmen im Handelsregister eingetragenen und und 523 nicht eingetragenen Unternehmen liegt Österreich auf Platz drei der Top-Herkunftsländer in der IHK-Region Stuttgart. „Wir pflegen gute Beziehungen zu den Österreichern“, sagt Tassilo Zywietz, Geschäftsführer der IHK-Exportakademie für Stuttgart und Umgebung.

Gemütliche Stimmung

Im Florians wird es zunehmend entspannter und gemütlicher. Die Backhendl, die Manfred Hipp zur Kompensation von Glühwein und Keksen vorbereitet hat, sind verspeist. In der einen Ecke wellen drei Kinder von Konsulatsmitarbeitern mit Feuereifer den Teig für die Linzer Augen aus, in der zweiten Ecke verkosten einige Herren die edlen Tropfen von Weinhändler Albert Strasser, ebenfalls Exil-Österreicher und jetzt ansässig in Remseck, und kommen dabei ins philosophieren.

Im Lokal kursieren Österreicher-Witze. Vom Klassiker „Warum ist die österreichische Fahne rot-weiß-rot? Damit sie nicht falsch herum aufgehängt werden kann“ bis zum besonders bei den Schwaben beliebten „Wieso fangen die Österreicher bei ihrer Arbeit immer mittendrin an? Weil sie vom Arbeiten hinten und vorne keine Ahnung haben.“ Der Österreicher kann über sich selbst lachen. Dann hat der Schauspieler Ernst Konarek einen furiosen Auftritt. Der gebürtige Wiener, der 23 Jahre lang am Staatstheater in Stuttgart arbeitete, bietet dem faszinierten Publikum einige wunderbar komische Weihnachtsgeschichten, darunter das von ihm selbst auf Wienerisch übersetzte „botanische Drama“ von Robert Gernhardt „Erna, der Baum nadelt“.

Ein bisschen Spaß muss sein

Dass ein Österreicher durchaus arbeiten kann, beweist übrigens Manfred Hipp den Leonbergern, und nicht nur ihnen, denn seine Gäste kommen auch aus Stuttgart und der weiteren Umgebung, mit seiner österreichischen Spezialitätenküche seit nun fünf Jahren. Auch er kommt mit den Schwaben gut aus. „Die Kärntner und die Schwaben sind sich ganz ähnlich“, sagt er. Die Liebe hat ihn damals nach Leonberg verschlagen, und es dauerte nicht lang, bis er mit seinen alpenländischen, stets frisch zubereiteten Köstlichkeiten ein treues Stammpublikum fand. Ein Mix aus traditionellen Schmankerln und saisonalen Gerichten, die er immer wieder neu variiert und komponiert, steht bei ihm auf der Karte. Nicht zu vergessen die feinen Desserts, die der gelernte Konditor seinen Gästen serviert.

Und so verlässt auch der letzte Gast den Weihnachtsempfang gegen 22 Uhr mit einem seligen Lächeln, einem Sackerl frisch gebackener Weihnachtskekse und dem Versprechen, bald wieder zu kommen.