Nach 27 Jahren als Pfarrer in Eltingen geht Gerhard Freund nun in den Ruhestand. Seine theologischen Kenntnisse will er weiterhin an der Universität in Heidelberg vermitteln. Seine alte Gemeinde hält er für gefestigt und gut aufgestellt.

Leonberg - Meine Eltinger Zeit war die dichteste Zeit in meinem Leben – mit vielen Höhepunkten, aber auch Tiefschlägen.“ Das sagt Gerhard Freund im Rückblick auf die 27 Jahre, die er als Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde Eltingen tätig war. Am Wochenende wurde er mit einem Festgottesdienst in der Michaelskirche und einem Empfang im benachbarten Gemeindehaus von der Gemeinde in den Ruhestand verabschiedet.

 

„Eltingen ist eine wunderschöne Gemeinde, hier habe ich große Offenheit erfahren, Unterstützung und Anregung“, sagt der scheidende Geistliche. Die Menschen seien offen und direkt und sagten, was sie denken, ob das nun Kritik oder Beifall ist. „Es war ein gutes Zusammenschaffen und Zusammenleben“, sagt Pfarrer Freund im Rückblick.

Im religiös-pietistischen Elternhaus aufgewachsen

Geboren wurde Gerhard Freund 1949 in Siegen und ist hier in einem religiös-pietistisch geprägten Elternhaus aufgewachsen. Es sei ein kirchenkritischer Pietismus gewesen, dem die Bekenntnisbewegung „Kein anderes Evangelium“ gegen eine modernistische Theologie nicht fremd war, erinnert er sich.

Er habe sich früh mit theologischen Fragen auseinandergesetzt, sagt Freund, aber so richtig für die Theologie begeistert habe ihn Ottfried Hofius, sein Religionslehrer am Gymnasium. Der war später Professor für Neues Testament in Tübingen. Hinzu kam noch die Jugendarbeit im CVJM und so hat Gerhard Freund nach dem Abitur 1969 das Studium in Wuppertal begonnen, bevor Tübingen sein zentraler Studienort wurde. Die Systematische Theologie, die sich mit Fragen des Glaubens beschäftigt, wurde sein Schwerpunkt. Sie setzt sich das Ziel, den gemeinsamen Glauben der Christen zu reflektieren und in Worte zu fassen.

Es folgten das Studium in Göttingen und Heidelberg und 1974 startete die wissenschaftliche Laufbahn von Gerhard Freund bei seinem Wuppertaler Lehrer Lothar Steiger, bei dem er 1979 mit einer Studie zum Thema „Erbsünde“ promovierte. „Es geht darum, wie uns die Schuld der Väter und Mütter beeinflusst und es war seinerzeit auch ein sehr brisantes gesellschaftlich-politisches Thema“, sagt der Theologe.

Es folgte die kirchliche Ausbildung in der Württembergischen Landeskirche, mit einem kurzen Vikariat in Heilbronn, bevor Gerhard Freund Pfarrverweser in der Pauluskirche in Zuffenhausen wurde, wo er auch ordiniert wurde. Doch auch die wissenschaftliche Karriere lockte und so war Freund sechs Jahre lang als Assistent für Systematische Theologie an der Theologischen Fakultät in Heidelberg tätig. Hier hat er auch 1987 über „Lessings theologische Schriften und Auseinandersetzungen“ habilitiert und wurde zum Privatdozenten ernannt. „Die Lehrverpflichtung in Heidelberg ist seither eine biografische Kontinuität, die auch in den Ruhestand wirken wird“, sagt Gerhard Freund.

Seit Sommer 1987 Pfarrer in Eltingen gewesen

Nach dem Eintritt in den kirchlichen Dienst 1986 an der Friedenskirche in Heilbronn wurde Gerhard Freund im Sommer 1987 zum Pfarrer in Eltingen benannt. In der Michaelskirche fand am 1. November 1987 die Investitur statt. „Es war eine Zeit reger Bautätigkeit“, blickt Freund aus seine Anfänge in Eltingen zurück. 1988 wurden die neuen Kirchenfenster eingebaut, 1990 wurde das benachbarte Gemeindehaus errichtet, 1993 das ökumenische Zentrum Ezach. „Damals gingen wir davon aus, dass auch Ezach III Mitte der 90er Jahre bebaut und abgeschlossen ist“, erzählt der Eltinger Pfarrer, zu dessen Steckenpferden auch die ökumenische Arbeit gehörte.

Auf die Zeit der Kirche in der Fläche, mit mehreren Gemeinden in der Stadt, folge heute die Tendenz der Zentralisierung zu großen Kirchen, blickt Freund in die Zukunft. Der Wandel sei an Eltingen nicht vorbeigegangen. Als er den Dienst antrat, zählte die Gemeinde 5700 Mitglieder, heute sind es 4200. „Aber die Gemeinde ist innerlich sehr gewachsen und gut aufgestellt“, so Freund, zu dessen Schwerpunkten Kinderkirche, Öffentlichkeitsarbeit, Konfirmanden- und Jugendarbeit zählten.

„Ich gehöre zu denen, die trotz schmerzlichen Änderungen zuversichtlich in die Zukunft der Kirche sehen, denn sie wird von einer großen Welle der Sympathie in der Gesellschaft getragen “, sagt der Vater zweier Töchter und Opa von fünf Enkeln. Und so kam es nicht von ungefähr, dass sein letzter Predigt-Text auf dem „Haus der lebendigen Steine“ fußte. „Die Kirche muss sich öffnen für ein nachbarschaftliches Wahrnehmen der Vielfalt und Allianzen und Netzwerke über die Religionen hinaus schaffen“, sagte er zum Abschied.

Nun heißt es, sich auf den Auszug aus dem Eltinger Pfarrhaus vorzubereiten. Vor einigen Jahren ist seine Frau gestorben. Mit seiner neuen Partnerin wird Gerhard Freund nach Renningen umziehen. Im Heidelberg wird er weiter lehren. „Ich will erleben, wie es ist, nicht immer nach dem Terminkalender zu leben und Überraschendes und Neues auf mich zukommen lassen“, wünscht sich Gerhard Freund.