Kurz vor Weihnachten gibt der Gemeinderat endgültig den Weg für einen 25 Millionen Euro teuren Neubau frei. Der entsteht unmittelbar vor dem jetzigen Gebäude auf dem Belforter Platz und ist in zwei Jahren fertig.

Leonberg - Der Belforter Platz: die Grünfläche, benannt nach der französischen Partnerstadt am Rande der Vogesen, ist sozusagen das Entrée zum Neuen Rathaus. Ein Vorplatz, wie er vor fast allen Verwaltungszentralen zu finden ist.

 

Doch wer seinen Blick genauer über den Belforter Platz schweifen lässt, dem fallen mehrere Stangen auf. Zu klein, um als Fahnenmasten zu dienen. Grenzpfosten könnte man sie nennen. Markieren sie doch die Umrisse des künftigen Rathauses. Eines markanten Neubaus, dem der 53 Jahre alte Betonbau weichen muss. Genau in zwei Jahren soll die Nachfolgevariante des Neuen Rathauses bezugsfertig sein.

25 Millionen Euro wird das Vorhaben mit allen Drum und Dran kosten. Ein Anflug von Größenwahn, wie einige Kritiker in Internet-Foren meinen? Durchaus nicht. Das sogenannte Neue Rathaus, das Anfang der 60er als Landratsamt des Kreises Leonberg errichtet wurde, wäre gut und gerne viele Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte, als Hauptsitz der Stadtverwaltung tauglich gewesen. Die war nach der Zerschlagung des Kreises 1973 dort eingezogen. Doch im März 2013 platzt die Bombe. Experten entdecken gravierende Mängel beim Brandschutz und in der Elektrik. So könne das Haus auf keinen Fall weiterbetrieben werden, lautet ihr Fazit. Die Brandschützer im Böblinger Landratsamt verlangen entweder eine Generalsanierung oder einen Neubau.

Wahl zwischen Pest und Cholera

 

Rein finanziell gesehen, haben Rat und Verwaltung die Wahl zwischen Pest und Cholera. Denn zweistellige Millionenbeträge sind so oder so fällig. Ein Gutachten taxiert einen puren Neubau ohne Nebenkosten auf rund 23 Millionen Euro. Eine Sanierung ist demnach zwar knapp 6 Millionen Euro günstiger. Doch die seit Jahren drückenden Raumprobleme der Verwaltung, die Dienststellen in der ganzen Kernstadt unterhält, wären damit nicht gelöst.

Zunächst einmal muss der Gemeinderat aber eine 450 000 Euro teure Sofortsanierung absegnen, damit der Betrieb überhaupt weitergehen kann. Sonst, so die unverhohlene Drohung der Kontrollbehörden, würde der Bau direkt gesperrt.

Der Gemeinderat ringt sich zum Neubau durch, auch unter der Maßgabe, dass dort möglichst alle Ämter zentralisiert werden sollen. Lediglich das Ordnungsamt mit Pass- und Meldewesen bleibt im Historischen Rathaus – als Frequenzbringer für den Marktplatz.

Ein neues Haus in Hanglage in der oberen Bahnhofstraße findet keine Mehrheit. Vielmehr soll das künftige Rathaus vor dem jetzigen, auf dem Belforter Platz, entstehen. Die Kritik, dass dann ein Vorplatz wegfalle, weist der Baubürgermeister Klaus Brenner zurück und lässt, sozusagen als optischen Beleg, die eingangs erwähnten Begrenzungspfosten einrammen.

 

Im April 2014 spricht sich der Gemeinderat, zwar mit großer Mehrheit, aber dennoch mit finanziellen Bauchschmerzen, für den Neubau aus. Für die Suche nach einem geeigneten Entwurf wird ein sogenanntes kombiniertes Verfahren gewählt: Ein Architektenbüro muss gemeinsam mit einem Bauunternehmen ein Angebot abgeben. Das ermöglicht eine hohe Kostensicherheit. Denn die 25-Millionen-Marke, da sind sich Politik und Verwaltungsspitze einig, darf nicht überschritten werden. Was aber genau auf dem Belforter Platz entstehen soll, das erfährt die Öffentlichkeit erst kurz vor Weihnachten. Um Preisabsprachen zu verhindern, werden sämtliche Entwürfe von einer Jury aus Baufachleuten und Kommunalpolitikern hinter verschlossenen Türen gesichtet. Dem Gemeinderat werden auf Klausurtagungen die jeweiligen Modelle vorgestellt.

Herzstück ist ein Atrium mit Glasdach

Sieben Arbeiten haben die Juroren begutachtet. Am Ende macht der Entwurf des Stuttgarter Architektenbüros Schaller und des Bauunternehmens Wolff und Müller das Rennen. Sie haben ein Gebäude für 200 Mitarbeiter konzipiert, das nach allen Seiten offen ist. Herzstück ist ein 25 Meter langes und 17 Meter hohes Atrium, das nach oben verglast ist. Im Süden entstehen ein Parkplatz mit 70 Plätzen und eine Tiefgarage für 50 Autos, deren Dach begrünt ist.

In der letzten Sitzung des Jahres 2014 beschließt der Gemeinderat mit übergroßer Mehrheit den ersten Bau eines Leonberger Rathauses seit mehr als 500 Jahren.

Die Aussicht, dass ein heller freundlicher Bau, der aber nichts Pompöses hat, künftig den Mitarbeitern als moderne Arbeitsstätte dient und zugleich ein angemessenes Zentrum in der Stadt darstellt, mildert die monetären Bedenken. Oberbürgermeister Bernhard Schuler bekennt: „Dieses Kind war nicht gewollt. Aber auch solche Kinder muss man lieben.“