Leonberg - Wäre es in Kliniken nicht unüblich, so könnte das Team der Gefäßchirurgie im Leonberger Krankenhaus eine Flasche guten Sekt aufmachen. Ist doch die Klinik der engagierten Mediziner und Schwestern um den Chefarzt Joachim Quendt jetzt schon zum zweiten Mal nach 2010 von der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie (DGG) zertifiziert worden.

 

Eine besondere wie seltene Auszeichnung. Nur 14 Gefäßzentren in Baden-Württemberg und lediglich rund 100 in ganz Deutschland haben dieses Prädikat für eine außerordentlich umfassende wie konstante medizinische Betreuung.

Dass die Klinik für Gefäßchirurgie gleichsam das wohl größte Aushängeschild des Leonberger Krankenhauses ist, ein Leuchtturm, wie man heute sagt, ist das Ergebnis einer harten wie kontinuierlichen Aufbauarbeit, die vor knapp zehn Jahren begonnen hat.

Etliche Kriterien

„Gleich 22 Kriterien müssen erfüllt werden, um eine Zertifizierung durch die DGG zu erlangen“, erzählt Joachim Quendt. Der promovierte Chirurg und Gefäßchirurg hat im Jahr 2005 die Abteilung in Leonberg übernommen. „Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung muss gewährleistet sein, eine entsprechende personelle Ausstattung, eine enge Verzahnung mit anderen medizinischen Kliniken und niedergelassenen Ärzten sowie eine Mindestanzahl an Behandlungen und Operationen.“

Weitere Anforderungen: eine Gefäß-Sprechstunde muss in der Klinik angeboten werden, außerdem eine qualifizierte Ultraschall-Diagnostik. „Diese Voraussetzungen sind bei uns seit Jahren gegeben“, erklärt der Chefarzt nicht ohne Stolz. In der Klinik von Joachim Quendt arbeiten neben dem Chef selbst drei weitere Fachärzte, drei Assistenzärzte und eine Gefäßassistentin. „Wir sind Tag und Nacht einsatzbereit“, erklärt der Chefarzt. „Das bedeutet aber, dass jeder genau wissen muss, wie welches Krankheitsbild behandelt werden muss. Unsere internen Standards müssen von allen gelebt werden.“

Für viele Menschen ist die Gefäßchirurgie ein eher abstrakter Begriff. „Doch Gefäße gibt es vom Scheitel bis zur Sohle“, erläutert Quendt, der gleichzeitig Ärztlicher Direktor des Krankenhauses ist.

Weniger Raucherbeine

„Früher war das sogenannte Raucherbein ein klassisches Krankheitsbild“, erinnert Quendt an ein schweres Leiden aus vergangenen Zeiten. „Doch durch die erfolgreiche Kampagne gegen das Rauchen nehmen diese Fälle tendenziell ab.“

Genug zu tun haben die Mitarbeiter in der gefäßchirurgischen Klinik dennoch. „Durchblutungsstörungen bei Diabetikern nehmen überdurchschnittlich zu“, berichtet Joachim Quendt. „Dadurch wird die Abnahme bei den Raucherbein-Behandlungen mehr als kompensiert.“ Zum Alltagsgeschäft gehören zudem die Krampfaderbehandlungen, von denen es rund 200 im Jahr in Leonberg gibt. Diese Patienten müssen nicht zwangsläufig stationär versorgt werden, erklärt Quendt. „Hier liegt ein großes ambulantes Potenzial.“

Ein typischer Notfall ist beispielsweise der akute Verschluss einer Schlagader, der durch gefährliche Herzrhythmus-Störungen verursacht werden kann. „In dieser Situation ist die enge Zusammenarbeit mit der Kardiologie von besonderer Bedeutung“, erläutert Quendt. „Dass es bei uns im Krankenhaus einen Herzkatheter-Messplatz gibt, ist ein ganz großer Vorteil und ein integraler Bestandteil der Kriterien für die Zertifizierung.“

Insgesamt führen der Chefarzt und sein Team mehr als 1100 Eingriffe im Jahr durch, davon rund 70 Behandlungen an der Halsschlagader und gut 150 Bypass-Operationen. Joachim Quendt pflegt dabei eine enge Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Gefäßchirurgen, Neurologen und Kardiologen in Leonberg und Umgebung. Die Patienten kommen zum überwiegenden Teil aus dem Altkreis, aber auch aus den Bereichen Calw und Nagold, aus Herrenberg und Sindelfingen.

„Früher waren wir die einzige Gefäßchirurgie im Landkreis“, berichtet Quendt. „Deshalb überweisen noch viele Ärzte aus entfernteren Gegenden nach Leonberg.“ Zumal es im Krankenhaus Calw keine eigene Gefäßchirurgie gibt.

Etwa sieben Tage bleiben die Patienten nach einem Eingriff auf einer der beiden Stationen. „Wir haben hier regen Betrieb“, freut sich Joachim Quendt. „Höhere Behandlungszahlen erhöhen auch die Qualität der medizinischen Betreuung.“

Das Geld ist knapp

Und davon profitieren nicht nur die Patienten. „So können wir unsere Kosten senken. Und daher stoßen wir auch bei den Kostenträgern auf eine hohe Akzeptanz.“ In der heutigen Zeit der knappen Budgets ein nicht unwesentlicher Faktor.

Der Arbeitstag des 57-Jährigen ist lang. Nachdem er am frühen Morgen die aktuellen Befunde und Unterlagen gesichtet hat, geht es um 7.30 Uhr zur Visite. Um 7.45 Uhr ist Teambesprechung, um 8 Uhr beginnen die Operationen, die in der Regel den ganzen Vormittag andauern.

Um 12.15 Uhr ist eine weitere Abteilungssitzung, am Nachmittag empfängt Quendt die Patienten zur Sprechstunde.

Einmal in der Woche setzt sich der Chefarzt zudem mit Kollegen aus den anderen Kliniken zusammen, um bei einem „Interdisziplinären Gefäßkolloquium“ Gefäßprobleme zu erörtern, die in anderen Bereichen aufgetreten sind.

Der Stress macht dem Ärztlichen Direktor des Krankenhauses nichts aus. „Mein Beruf ist wunderschön“, sagt Joachim Quendt. „Menschen helfen zu können, ist ein sehr gutes Gefühl.“