Im Pomeranzengarten wachsen genau jene Pflanzen und Heilkräuter, die schon vor 400 Jahren Sibylla zu schätzen wusste. Trotz der frühen Jahreszeit gibt es im Kleinod unter dem Schloss viel zu sehen. Nur die Namensgeber sind noch im Warmen.

Leonberg - Es ist zwar um die acht Grad frisch am Sonntagmorgen, aber die Sonne lacht vom Himmel. Gute Vorzeichen für einen Rundgang durch den Pomeranzengarten. So haben sich mehr als 50 Interessierte rund um den großen Brunnen versammelt. Die Gartenbauingenieurin Jana Hubbes hat zur Führung durch den Pomeranzengarten eingeladen – ein Höhepunkt der Leonberger Stadtrundgänge.

 

Gemeinsam mit ihrem Mann, dem Gärtnermeister Volkmar Hubbes, pflegt sie von März bis Oktober den Garten. Im Winter sind die beiden mit ihren Kollegen aus der städtischen Gartenbauabteilung im gesamten Stadtgebiet unterwegs und übernehmen den Winterschnitt.

1609 wurde der Pomeranzengarten von Heinrich Schickhardt im Auftrag der Herzogin Sibylla im italienischen Renaissancestil erbaut. In späterer Zeit geriet er in Vergessenheit und verwilderte. 1980 wurde die Anlage im alten Stil wieder angelegt. Der Garten rund um den ehemaligen Witwensitz im Renaissanceschloss umfasst 24 000 Quadratmeter. Jede Menge zu tun also für die beiden Gartenbauexperten.

Alles im Stil der damaligen Zeit

Die Wechselbeete werden zum Sommer und Winter umdekoriert, die Sträucher und Beetumfassungen werden geschnitten, Unkraut gezupft, die Wege gerichtet und die Pflanzen gegossen. „Alles wird im Stil der damaligen Zeit angepflanzt“, erklärt Jana Hubbes.

Die Stauden und Arzneikräuter selbst sind natürlich neueren Datums. „Stauden halten rund zehn bis 15 Jahre erklärt die Expertin. Es sind alles Arten, die es damals schon gab und die die Herzogin besonders schätzte: Schön sollten sie sein und duften. Auch auf Arzneipflanzen legte sie viel Wert.

Das besondere Interesse der Herzogin galt der Botanik und der Heilkunde. Blüten, Blätter und Wurzeln habe sie sogar selbst gesammelt, um sie an Kranke abzugeben.

Die Pomeranzen, die dem Garten ihren Namen geben, überwintern noch in der Gärtnerei. Die Kübel kommen erst Mitte Mai nach draußen, wenn kein Frost mehr droht. Denn den mag die weiß blühende Kreuzung aus Pampelmuse und Mandarine überhaupt nicht.

Die Stauden treiben schon wieder aus

„Das ist bei den Stauden anders“ erklärt Jana Hubbes. „Der Frost diese Woche hat zwar einige Blätter schwarz werden lassen, aber die Stauden nehmen das nicht krumm und treiben wieder Blätter aus“. Beim weithin duftenden Schneeball aber sind die Blüten schwarz geworden.

Trotz der noch frühen Jahreszeit blühen bereits einige der Pflanzen: Ganze Beete mit dunkelblauen Hornveilchen stehen in voller Blüte, dazwischen eingestreut nur einzelne Tulpen. Die rote Triumphtulpe zum Beispiel oder die weiße Papageientulpe mit den spitzen Blüten.

Dabei war die Tulpe der Herzogin Sibylla eine absolut kostbare Rarität. „Eigentlich stehen bei uns im Garten schon zu viele Tulpen“, meint Jana Hubbes. „Im Mittelalter waren sie so kostbar, dass nur einzelne Exemplare in die Beete gesetzt wurden.

Giftig und ätzend

Gerade blühen auch die Küchenschellen, die zu den Arzneipflanzen gehören. „Sie sind giftig, das wissen die wenigsten“, erklärt Hubbes. Kleine gelbe Blüten sind an der Schlüsselblume zu sehen und auch die gelb-weißen Blüten der Teppichkamille leuchten in der Sonne. Ebenfalls blühen die Wolfsmilchgewächse. „Sie sollen gegen Warzen und Hühneraugen helfen“, meint die Expertin. Wer sie im Garten hat, sollte aufpassen: Den die aus den Stielen austretende Milch wirkt ätzend.

Die violettfarbene persische Kaiserkrone ist mit ihren pflaumenfarbigen glockenförmigen Blüten dagegen etwas unauffälliger. Dabei ist sie eine echte Rarität. Sie stammt aus dem Iran, wächst dort bevorzugt in Höhenlagen und duftet sehr süß.