Seit die Mitarbeiter des Vereins Fish regelmäßig kontrollieren, ist der Stadtpark viel sauberer geworden. Die Stadt überlegt nun, wie sie das Modell auch auf andere Schmutzecken übertragen kann. Am Ende ist alles eine Frage des Geldes.

Leonberg - Nummer 31 ist das Sorgenkind. Täglich gehen die Mitarbeiter des gemeinnützigen Vereins Fish bei ihm vorbei und sehen nach dem Rechten. Denn Nummer 31 erhält jeden Tag weiteren Besuch – allerdings ungebetenen. Nummer 31 ist ein Mülleimer. Er steht im Leonberger Stadtpark, nahe dem Martha-Johanna-Haus. Der ungebetene Besuch ist eine Tüte Hausmüll, die jeden Tag bei ihm entsorgt wird.

 

Doch zum Glück ist Nummer 31 auch das einzige Sorgenkind der Fish-Mitarbeiter, die seit Anfang April dafür zuständig sind, den Stadtpark von wildem Müll zu befreien. Dafür wurde eigens ein Mülltelefon eingerichtet, das 24 Stunden am Tag erreichbar ist. Ein Sticker mit der Hotline klebt auf jedem Papierkorb im Park, dazu die Nummer des Mülleimers. Das soll die Orientierung erleichtern, wo sich das Ärgernis befindet. Laut Robert Keller, dem Geschäftsführer des Vereins, wurde das Angebot am Anfang rege genutzt. „Das hat uns sehr geholfen, die beste Route zu erarbeiten. So können wir unsere Mitarbeiter jetzt gezielt an die Stellen schicken, an denen besonders häufig Abfall hinterlassen wird“, erklärt Keller. Wie etwa zu Nummer 31.

Schandfleck oder Schmuckstück?

Imbiss-Müll am See, verstreuter Abfall rund um die Papierkörbe, Plastikflaschen und Dosen in den Büschen – zu Beginn des Jahres war der Stadtpark stellenweise eher ein Schandfleck als ein Schmuckstück. In der Serie „Schmutzfink“ hat unsere Zeitung unter anderem auch auf diesen wilden Müll aufmerksam gemacht. „Man hat dort mehr Müll gefunden als hingehört“, meint Stadtsprecherin Undine Binder-Farr. Deshalb habe man die Aktion Mülltelefon und die Zusammenarbeit mit dem Verein Fish gestartet. Der Stadtpark bietet sich dafür an, weil das Gelände ganz der Stadt gehört und nur sie allein für Sauberkeit und Ordnung zuständig ist. An anderen öffentlichen Plätzen und Straßen überschneidet sich dies mit der privaten Pflicht, etwa den Gehweg vor dem eigenen Haus in Ordnung zu halten.

Motivierte Mitarbeiter

„Die Mitarbeiter des Vereins Fish haben wirklich hervorragende Arbeit geleistet“, findet auch der Erste Bürgermeister Ulrich Vonderheid. Neben einem sauberen Stadtpark hat das Projekt aber noch weitere Vorteile. „Meine Mitarbeiter sind wirklich sehr motiviert. Sie werden oft von Menschen angesprochen und für ihre Arbeit gelobt“, berichtet Robert Keller. Da gebe es auch mal ein Erfrischungsgetränk oder Trinkgeld als Dankeschön. Zwischen zwei und fünf Leute kümmern sich täglich um den Park. Der Verein betreut drei Kategorien von Mitarbeitern: Jugendliche, die Sozialstunden ableisten müssen, Erwachsene, die eine Bewährungsstrafe erhalten haben und Menschen mit einem Handicap.

Gefährliche Scherben auf der Wiese

Obwohl nur noch wenige Anrufe am Mülltelefon eingehen – von ein paar Spaßanrufen von Kindern abgesehen – haben die Fish-Leute gut zu tun. „Wenn Hinweise kommen, dann wegen Glasscherben auf der Wiese“, berichtet der Fish-Geschäftsführer. Wer Scherben bemerkt, solle so schnell wie möglich Bescheid geben. Immerhin gehen viele mit ihren Hunden im Stadtpark spazieren und Kinder könnten barfuß über den Rasen laufen. In der Schulzeit findet sich vor allem Imbiss-Müll, in den Ferien dagegen verstärkt Abfall von abendlichen Partys im Park. Ab und zu werde auch mal ein ganzer Mülleimer aus dem See gefischt.

„Ich finde, der Stadtpark ist schön belebt. Und es gibt auch nicht mehr diese Gewaltprobleme von früher, wo etwa Mülleimer angezündet worden sind“, meint Robert Keller.

Das Projekt im Stadtpark könnte bald Schule machen. „Wir sind dran, das als Beispiel zu nehmen, um in sensiblen Bereichen für mehr Sauberkeit zu sorgen“, sagt der Erste Bürgermeister. Dazu zählt er etwa die Altstadt oder die Spielplätze. Erst kürzlich hatte jede Menge Abfall auf dem wiedereröffneten Spielplatz Niederhofenstraße für Unmut gesorgt (wir berichteten). In der Stadtverwaltung wurde bereits eine Projektgruppe aus Ordnungsamt und Tiefbauamt ins Leben gerufen. Diese soll verschiedene Möglichkeiten prüfen, wie dem Müllproblem zu Leibe gerückt werden soll.

Begrenzte Ressourcen

Begrenzte Ressourcen

Laut Vonderheid geht es dabei um Aspekte wie eine bessere Organisation, um die technische Ausrüstung des Bauhofs, personelle Ressourcen, aber auch darum, Prioritäten zu setzen. „Wir haben nicht unendlich viele Ressourcen zur Verfügung“, erklärt der Erste Bürgermeister. So sind seit geraumer Zeit Stellen beim Bauhof, der für die Stadtreinigung zuständig ist, unbesetzt. So soll die Projektgruppe auch erarbeiten, welche Ergebnisse in puncto Sauberkeit mit welchem personellen Aufwand und für wie viel Geld zu haben sind. „Auch so ein Projekt wie im Stadtpark bekommt man nicht zum Nulltarif“, meint Vonderheid.

Zum Nulltarif ist nur das Mülltelefon – zumindest für die Anrufer. Robert Keller vom Verein Fish hofft darauf, dass wieder mehr Leute anrufen und Hinweise geben. Damit der Stadtpark möglichst schnell vom Unrat befreit wird. „Sauberkeit ist ein vergängliches Gut. Kaum haben wir aufgeräumt, kann nur zwei Minuten später schon wieder Müll herumliegen“, sagt er. Keiner weiß das so gut wie Mülleimer Nummer 31.