„Wo es auch sei“: Ernst-Bloch-Chor Tübingen beeindruckt mit besonderem Heimatabend.

Leonberg - Gleich zu Beginn hat der Ernst-Bloch-Chor mit verschiedenen Titeln wie „We shall overcome“, „Im schönsten Wiesengrunde“ und „Kein schöner Land“, die nahtlos ineinander übergingen, begeistert. „Was ist mit Stuttgart 21? Und wie ist es mit dem Dieselskandal?“ lauteten die rhetorischen Fragen, die jedoch nicht musikalisch umgesetzt wurden.

 

Für die verdienstvolle Leonberger Stiftung „Zeit für Menschen“ fand dieses Benefizkonzert unter der inspirierenden Leitung von Anne Tübinger statt. Sie ist auch eine versierte Komponistin, was man gleich beim ersten Stück „Schönes Land“ deutlich hören konnte. „Es ist anders hier“ von Halit Ünal („Über Grenzen“) gefiel ebenfalls aufgrund der harmonisch reizvollen Verschränkung unterschiedlicher Themen.

Zahlreiche dynamische Wechsel

Im klangfarblich facettenreichen Arrangement von Patrick Bopp („die Füenf“) konnte sich der Ernst-Bloch-Chor bei „Mir im Süden“ überzeugend entfalten. Gegen die Geschichtsvergessenheit der Adenauer-Ära wollte Bertolt Brecht mit seiner eindrucksvollen „Kinderhymne“ angehen: „Anmut sparet nicht noch Mühe“. Hier überzeugte der Ernst-Bloch-Chor (Klavier: Sabine Joß; Choreografie: Udo Rau) aufgrund zahlreicher dynamischer Wechsel. Im stimmungsvollen Chorsatz von Anne Tübinger war „Mein Land“ von Reinhard Mey zu hören, wo die Sängerinnen und Sänger ebenfalls den Klängen in geheimnisvoller Weise nachzulauschen schienen.

Anne Tübingers eigener Song „Mein Land“ mit dem Text von Friederike Kuschnitzki schlug dann Brücken zu verschiedenen Liedern desselben Genres. In einen Philosophie-Kurs von Ernst Bloch entführte dessen Text „Was allen in die Kindheit scheint“ aus dem „Prinzip Hoffnung“. Hier wurde auch hintersinnig über Musik nachgedacht. Und Anne Tübinger spornte ihren Chor in temperamentvoller Weise immer wieder neu an. „Meine Heimat ist das Netz“ mit der abwechslungsreichen Musik von Berhard Mohl (Text: Monika Hunze, Friederike Kuschnitzki) schuf dann eine interessante Verbindung zum rhythmisch ansprechenden Arrangement „Füttert uns“ (Text und Musik: Bernadette La Hengst). Im Arrangement von Tübinger waren auch die „Rock-Paper-Scissors“ (Text und Musik: „Katzenjammer“) zu hören, die aufgrund ihrer harmonischen Vielschichtigkeit überzeugten.

Eine türkische Hymne

Anne Tübingers eigenes Stück „Wer ist denn schon“ sowie Rio Reisers „Bei Nacht“ überraschten aufgrund der beweglichen gesanglichen Linienführung. „Das Lied von der Erde“ (Musik: Hermstadt/Resetarits) fesselte als beeindruckendes Statement gegen den Faschismus. Mit der Musik von Zülfü Livaneli erinnerte man an den einfallsreichen Titel „Ey Özgürlük“ – eine Hymne der Linken in der Türkei. Dem bekannten Spiritual „Sometimes I feel like a motherless child“ folgte melancholisch „Im Exil“ mit dem Text von Mascha Kaleko und der Musik von Anne Tübinger. Erich Schmeckenbecher („Zupfgeigenhansel“) schrieb die nachdenklich machende Nummer „Andere, die das Land so sehr nicht liebten“. Mit Text und Musik von Wolf Biermann gefiel der Titel „Und als wir ans Ufer kamen“. Dieser Titel erinnerte an die deutsche Teilung. Melanie Arzenheimers „Gelobtes Land“ und Rio Reisers „Land in Sicht“ vereinigten ein ausgesprochen voluminöses Klangbild. „Ziehende Landschaft“ (Text: Hilde Domin) zog eine bewegende melodische Verbindung zu John Lennons „Imagine“ und Rose Ausländers „Gemeinsam“ mit der bewegenden Musik von Anne Tübinger.

Für diesen besonderen Heimatabend unter dem Motto „Wo es auch sei“ gab es herzlichen Schlussapplaus.