Am 1. September beginnt das neue Ausbildungsjahr. Der Lehrstellenmarkt ist entspannt, längst vorbei sind die Zeiten, in denen im Herbst noch ein ganzer Schwung junger Menschen händeringend eine Stelle gesucht hat.

Rutesheim - Der Lehrstellenmarkt ist entspannt, längst vorbei sind die Zeiten, in denen im Herbst noch ein ganzer Schwung junger Menschen händeringend eine Stelle gesucht hat. Im Gegenteil – nicht nur Handwerker suchen dringend Azubis, auch in anderen Branchen macht sich der Fachkräftemangel bemerkbar.

 

Das zeigt ein Blick auf die Statistik. Zum Beginn des Ausbildungsjahres am heutigen 1. September sind im Landkreis noch 432 Jugendliche auf der Suche nach einer Lehrstelle, das sind 69 mehr als vor einem Jahr. Gleichzeitig waren nach Angaben der Agentur für Arbeit 439 Stellen noch nicht besetzt, 19 mehr als im Vorjahr. Theoretisch könnte also jeder junge Mensch eine Stelle finden, doch Angebot und Nachfrage klaffen auseinander.

Große Schwierigkeiten haben beispielsweise Bäcker, geeigneten Nachwuchs zu finden. 23 Stellen sind momentan noch offen. „Relativ viele junge Frauen möchten zwar Konditorin werden, aber nur wenige wollen in der Backstube stehen“, sagt Eberhard Binder, der Chef der gleichnamigen Bäckerei mit Sitz in Holzgerlingen. Ähnlich sicht es in Leonberg, Renningen oder Weil der Stadt aus.

Neue Möglichkeiten sollen mehr Azubis anlocken: Wer einen höheren Schulabschluss hat, kann die Ausbildung verkürzen. Angehende Bäckermeister werden in Betriebswirtschaft geschult, damit sie sich erfolgreich selbstständig machen können. „Bäcker können sich zum Ernährungsberater fortbilden lassen oder in die Gastronomie gehen, es gibt viele Möglichkeiten“, sagt Binder, der auch in der Böblinger Bäckerinnung mit 28 Mitgliedsbetrieben aktiv ist. Trotzdem gebe es Betriebe auch im Landkreis, die ihre Auszubildenden inzwischen im Ausland anwerben würden.

Genau 36 Stellen sind in Metzgereibetrieben des Kreises noch zu vergeben – offiziell. „Aber zwei Drittel der Betriebe melden offene Stellen gar nicht mehr, weil sie entmutigt sind“, sagt Axel Geiser, der Lehrlingsbeauftragte der Böblinger Fleischerinnung. „Weil der Metzgerberuf unbeliebt ist, bewerben sich bei uns 70 bis 80 Prozent junge Menschen, die anderswo nicht untergekommen sind.“ Auch die Metzger werben mit der Möglichkeit einer verkürzten Ausbildung um besser qualifizierten Nachwuchs. Daneben sind die Lehrlingsgehälter in den vergangenen Jahren gestiegen.

Viele junge Leute hätten allerdings ein zu eintöniges Bild von der Arbeit des Metzgers oder der Fleischereiverkäuferin. „Den ganzen Tag hinter der Theke stehen die wenigsten“, sagt Geiser. „Viele Metzgereien bieten zum Beispiel einen Mittagstisch an oder betreiben einen Catering-Service für Feste.“ Da gebe es viele Möglichkeiten, kreativ zu werden. So gibt es also noch Hoffnung, dass die Lücken geschlossen werden. Damit am Ende die meisten Stellen besetzt sind und jeder Jugendliche einen Platz findet, der Azubi werden will.