Heiderose Berroth und Dieter Maurmeier (FDP) reagieren skeptisch auf den möglichen neuen Partner und kritisieren das Gutachten von Teamplan. Ein Interview.

Auch bei einem neuen Medizinkonzept wird das Krankenhaus Leonberg eine gute Zukunft haben. Davon sind die Chefin der FDP-Kreistagsfraktion, Heiderose Berroth, und ihr Kollege im Gemeinderat, Dieter Maurmaier, überzeugt. Sie tendieren zum Klinikverbund.
Frau Berroth, Herr Maurmaier, der Oberbürgermeister hat Kontakte zum Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK) geknüpft. Wäre das für Leonberg ein guter Partner?
Berroth: Man muss natürlich alle Möglichkeiten prüfen. Aber ich kann mir nur schwerlich vorstellen, dass das RBK ein wirklich besseres Angebot als der Klinikverbund Südwest macht.
Warum?
Berroth: Ich schätze das Robert-Bosch-Krankenhaus sehr. Aber auch dort wird genau auf das betriebswirtschaftliche Ergebnis geachtet. In Leonberg müsste auf jeden Fall einiges geändert werden. Ich glaube, dass das Medizinkonzept, das wir am 5. Mai beschließen wollen, auch für die Standortsicherung in Leonberg gut ist.
In der Beschlussvorlage ist eine Zentralisierung aller Hauptabteilungen in einem Klinikneubau am Flugfeld vorgesehen. In Leonberg und Herrenberg soll es nur noch eine Basisversorgung geben. All das soll unter immensem Zeitdruck über die Bühne gehen.
Berroth: Es gibt keinen Zeitdruck. Wir diskutieren das Thema seit Jahren .
Trotzdem geht jetzt alles sehr schnell.
Berroth: Es geht darum, die Doppelstrukturen am Standort Böblingen/Sindelfingen aufzulösen. Dort gibt es zwei Krankenhäuser in unmittelbarer Nachbarschaft.
Maurmaier: Ein 20 Millionen Euro hohes Defizit im Klinikverbund kann auf Dauer niemand tragen. Auch Leonberg muss daran gelegen sein, dass es zu kostenreduzierenden Strukturen kommt.
Aber muss ein Klinikneubau sein, der jetzt mit 360 Millionen Euro veranschlagt ist?
Berroth: Wir haben die Frage, ob das Böblinger Krankenhaus erweitert werden kann, lange diskutiert. Es ist nicht sinnvoll.
Also fällt Leonberg durch den Rost. . .
Maurmaier: Nein. Leonberg bekommt medizinische Leuchttürme, nicht nur einen. Die Klinikverbund-Geschäftsführerin Elke Frank hat uns versichert, dass das Darmkrebszentrum erhalten bleibt.
Berroth: Nicht nur das. Auch Dr. Joachim Quendt, der Chefarzt der Gefäßchirurgie, wird bis 2024 bleiben. So lange wird die Abteilung nicht aus Leonberg abgezogen.
Und dann?
Berroth: Dann wird sich zeigen, wie sich das Ganze entwickelt hat. Es kommt letztlich auf die Patientenresonanz an. Das beste an der Debatte ist ja, dass viele jetzt entdecken, dass es in Leonberg ein leistungsfähiges Krankenhaus gibt. Wir alle müssen dafür kämpfen, dass dies so bleibt.
Maurmaier: Wichtig ist auch, dass wir für Leonberg neue Felder erschließen. Die Altersmedizin hat eine große Zukunft.
Das Einzugsgebiet des Leonberger Krankenhaus hat nur in Teilen mit dem Landkreis Böblingen zu tun. Es ist viel größer.
Berroth: Die Gutachter haben offenbar keine Ahnung gehabt, wo Leonberg liegt. In manchen Dingen ist im Gutachten geschlampt worden. Aber das Gutachten ist ein Gutachten, nicht das Medizinkonzept.
Maurmaier: Die meisten Leonberger Patienten werden nicht nach Böblingen gehen.
Sie gehen gleich nach Stuttgart.
Berroth: Deshalb muss es eine intensivere Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus und den Ärzten geben. Sie müssen die Patienten nach Leonberg schicken.
In ein Krankenhaus, das in absehbarer Zeit keine Chefärzte mehr hat . . .
Berroth: Kommt es wirklich nur auf die Chefärzte an? Das künftige Modell in der Gynäkologie klingt doch sehr gut: In Leonberg gibt einen Leitenden Oberarzt, der ein ausgewiesener Fachmann ist.
Also sind Chefärzte eher überflüssig?
Berroth: Nein. Der Automatismus, dass eine frei werdende Chefarztstelle abgebaut wird, ist völlig blödsinnig. In Leonberg ist die Unfallchirurgie die größte Abteilung. Da brauchen wir einen Chefarzt. Dafür habe ich mich sehr stark gemacht. Es wird auch künftig fünf oder sechs Chefärzte hier geben, aber eben nicht in jedem Bereich.
So oder so: die Einschnitte sind gravierend. Und mit welchen Fördermitteln vom Land zu rechnen sind, ist nicht absehbar.
Berroth: Deshalb muss die Landesregierung jetzt die Chance bekommen, Farbe zu bekennen. Und deshalb brauchen wir auch jetzt den Beschluss für das Medizinkonzept. Der neu gewählte Kreistag würde erneut zwei Jahre benötigen, um sich in die komplexe Materie einzuarbeiten.
Wenn das Land doch nicht so mitmacht? . . .
Berroth: . . . müssen wir neu entscheiden.
Wenn die Beschlussvorlage für das Medizinkonzept am 5. Mai abgesegnet wird, hat Leonberg keinerlei Garantien.
Maurmaier: Es muss klar ersichtlich sein, dass es bei uns Teilschwerpunkte geben wird. Die sind bisher nicht dargestellt. Sie müssen Bestandteil des Beschlusses sein.
Berroth: Das wird schwierig. Wenn wir detaillierte Ansätze für Leonberg festlegen, brauchen wir das Papier dem Sozialministerium erst gar nicht mehr vorzulegen.
Maurmaier: Darüber müssen wir diskutieren. Wir brauchen etwas Schriftliches.
Momentan sieht es so aus, als würde das Teamplan-Gutachten komplett umgesetzt.
Berroth: Teamplan hat sich disqualifiziert. Meiner Meinung nach dürfen sie auch nicht den Bauauftrag bekommen.