Dank privater Spenden können antike Bücher aus dem 17. und 18. Jahrhundert restauriert werden.

Leonberg - Im Leonberger Stadtarchiv liegen historische Bücher, die mehrere Jahrhunderte alt sind. Doch der Zahn der Zeit hat an einigen von ihnen genagt. Da sie zumeist in Kirchengewölben oder Kellern lagen, gibt es Feuchtigkeitsschäden, Schimmel auf den Seiten oder gar Löcher, weil Mäuse das alte Papier angeknabbert haben. Daher warb das Stadtarchiv am Tag der Archive Anfang März um Buchpaten, die mit einer Geldspende die aufwendigen Restaurierungen finanzieren sollten.

 

Erinnerung an den Vater

Der Aufruf war ein Erfolg: Fünfeinhalb Monate später sind drei historische Bücher dank dreier Geldspenden zwischen 700 und 2000 Euro fertig restauriert. Mit der Patenschaft von Karin Reth wurde das Warmbronner Fleckenbuch von 1648 wiederhergestellt. Das Original ist im Dreißigjährigen Krieg verloren gegangen. Der Schultheiß, einige Räte und andere alte Leute aus Warmbronn rekonstruierten in diesem Buch die örtlichen Regeln für die Landwirtschaft, das Zusammenleben im Dorf und die öffentliche Ordnung. „Bücher haben mich schon von Kindheit an fasziniert“, erklärt Karin Reth ihr Engagement. Mit der Patenschaft will sie zudem an ihren Vater Karl-Heinz Fischötter erinnern, der viele Jahre Kulturreferent in Leonberg und durch die Christian-Wagner-Gesellschaft eng mit Warmbronn verbunden war.

Ute Schönwitz hat die Patenschaft für die Eltinger Bürgermeister-Rechnung von 1725/26 übernommen, eine der ältesten Gemeinderechnungen dieses Stadtteils. Neben den Steuereinnahmen legt es auch Zeugnis ab über die Besoldung vom Schultheiß bis zum Nachtwächter. Ute Schönwitz hat selbst mehrere geschichtliche Beiträge zu Leonberg und seinen Literaten verfasst. „Ich weiß den Wert eines Stadtarchivs zu schätzen“, erklärt sie. Dank einer anonymen Patenschaft konnte zudem das Leonberger Steuerabrechnungsbuch von 1693/94 restauriert werden. Es ist das erste Mal, dass Buchpatenschaften für das Stadtarchiv übernommen wurden. Sozialbürgermeister Ulrich Vonderheid bedankte sich bei den beiden Frauen mit Patenschaftsurkunden der Stadt. „Sie haben im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltige Unterstützung geleistet und dafür gesorgt, dass die letzten Zeugen der damaligen Zeit erhalten werden konnten“, sagte er.

Tintenfraß und Wasserschäden

Diese Aufgabe war allerdings nicht einfach, wie die Restauratorin Caroline Gerken aus Hinterzarten betonte: „Bei jedem Buch gab es ein anderes Hauptproblem“, erklärte sie. Beim Warmbronner Buch seien nachträglich Seiten hinzugefügt worden, die grob aufgeklebt gewesen seien. Bei der Eltinger Bürgermeister-Rechnung sei der sogenannte Tintenfraß die größte Aufgabe gewesen. „Es wurden damals Tinten unterschiedlicher Qualität verwendet. Wenn sie zu dünn war, hat man zum Beispiel einfach etwas Wein hinzugeschüttet“, erklärte die Restauratorin. Manche Tinten hätten Löcher in die Seiten gefressen. Sie habe die Seiten daher in einer Calcium-Hydrogen-Carbonat-Lösung gebadet und mit dünnem Japanpapier stabilisiert.

Beim Leonberger Steuerabrechnungsbuch habe es viele Wasserschäden gegeben, so dass sie das Papier zum Teil ersetzen musste. „Das sind die drei größten Worst-Case-Schäden, die einer Restauratorin begegnen können“, verriet Gerken. Die Einbanddeckel habe sie nicht repariert, da dies sehr aufwendig gewesen wäre und diese keinerlei Information enthielten. „Ich habe sie neu gestaltet, wie sie zur damaligen Zeit aussahen“, sagte sie. Im Übrigen sei sie froh, dass die Bücher aus der Zeit vor 1850 stammten. „Damals hat man das Papier aus Lumpen und nicht aus Holz hergestellt, was das Papier nicht so brüchig macht“, erzählte sie. Lumpensammler seien damals angesehene Rohstofflieferanten gewesen.