Der Angeklagte will, dass sein Bekannter in Stuttgart und nicht im Krankenhaus vor Ort behandelt wird.

Leonberg - Er kam, um zu helfen, dann wurde er aber selbst zum Opfer: Ein Rettungssanitäter wurde bei einem Einsatz von einem 51 Jahre alten Leonberger angegriffen, weil dieser nicht wollte, dass sein Bekannter zur Behandlung ins Krankenhaus Leonberg gebracht wird, sondern nach Stuttgart. Jetzt ist der Mann am Amtsgericht wegen Körperverletzung verurteilt worden.

 

Die Fahrt nach Warmbronn im vergangenen Februar war für die beiden Rettungssanitäter Routine, mussten sie doch einen älteren Patienten zu einer Gesichtstumor-Behandlung ins Olgahospital nach Stuttgart bringen. Doch aus dem Einsatz wurde ein Notfall. „Als wir ankamen, hatte der Mann große Atemprobleme, er atmete röchelnd“, erzählte der 22-Jährige. Weil die Lage ernst war, galt es, keine Zeit zu verlieren. „Daher wollten wir ihn ins nächstgelegene Krankenhaus nach Leonberg fahren“, erklärte der Renninger.

Früherer Pfleger kümmert sich um Ziehvater

Doch damit war der Angeklagte ganz und gar nicht einverstanden. „Ich hatte die Schnauze gestrichen voll vom Leonberger Krankenhaus“, sagte der frühere Pfleger, der sich laut eigener Aussage 13 Jahre lang um den Senior, den er als seinen „Ziehvater“ beschrieb, gekümmert hatte. Der 51-Jährige sagte, er habe schlechte Erfahrungen mit der Leonberger Klinik gemacht. Daher habe er darauf bestanden, dass sein Bekannter nicht dorthin gebracht werde.

Die beiden Rettungssanitäter sagten aus, der Leonberger sei richtig aggressiv gewesen. „Wir schlugen dann vor, den Mann nach Sindelfingen zu fahren“, sagte der 22-Jährige und betonte: „Wir haben nur versucht, das Beste für den Patienten zu tun.“ Doch der Angeklagte habe nicht mit sich reden lassen. Als sich der Renninger dann vor den Senior gekniet habe, um diesen zu untersuchen, habe ihm der Leonberger zwei Schläge auf die Schulter verpasst. „Ich kann nicht sagen, ob er mit der offenen Hand oder mit der Faust zugeschlagen hat, aber die Schläge waren kräftig“, sagte er.

Am Ende warf der Angeklagte die Sanitäter aus der Wohnung. Dann bestellte er ein Taxi, das ihn und seinen Bekannten ins Stuttgarter Spital brachte. Später wurde bei dem Renninger eine Schulterprellung diagnostiziert. Er konnte fünf Tage lang nicht arbeiten und musste Schmerztabletten einnehmen. Der Angeklagte wies aber jegliche Schuld von sich. „Ich habe niemanden geschlagen, der Sanitäter lügt“, wiederholte er mehrmals in der Verhandlung.

„Die Zeit drängte!“

Die Richterin Sandra De Falco war anderer Meinung. „Der Sanitäter hatte keinen Grund, Ihnen etwas in die Schuhe zu schieben“, befand sie. Zwar könne sie seine Gründe für eine Behandlung in Stuttgart durchaus nachvollziehen. „Aber die Einschätzung der Sanitäter, den Mann dorthin bringen zu wollen, war richtig, weil die Zeit drängte“, sagte sie und verurteilte den Angeklagten zu 60 Arbeitsstunden und einer Bewährungsstrafe von vier Monaten.

Mit diesem Strafmaß war der arbeitslose Mann noch gut bedient. Denn er stand zum Tatzeitpunkt unter zweifacher Bewährung und war schon mehrmals vor allem wegen Vermögensdelikten verurteilt worden. Deshalb forderte die Staatsanwältin eine Strafe von sechs Monaten und 80 Arbeitsstunden. Sein Anwalt hielt dagegen einen Monat für angemessen. Im Nachhinein dürfte die Strafe für den Leonberger aber etwas höher ausfallen. Weil die Einzelstrafen aus seiner letzten Verurteilung wegen Nötigung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr dem Gericht nicht vorlagen, wird unter deren Einbeziehung noch eine nachträgliche Gesamtstrafe gebildet, sobald das aktuelle Urteil rechtskräftig ist.