Janosch Kowalczyk läuft bei der Ultra Trail-Weltmeisterschaft in Spanien in die Top Ten.

Leonberg - Von Zufall oder Glück kann nun keine Rede mehr sein. Als der Höfinger Janosch Kowalczyk im vergangenen Jahr bei der Ultra Trail-Weltmeisterschaft in Italien auf Anhieb auf den elften Platz lief, war er selbst völlig überrascht. „Ich kann mir bis heute nicht erklären, was da los war.“ Jetzt hat er noch einen drauf gesetzt. Zum zweiten Mal für die deutsche Mannschaft nominiert, kam er auf dem Penyagolosa Trail (Provinz Castellon in der Nähe von Valencia) als Zehnter ins Ziel.

 

Ein Erfolg, der noch einmal deutlich höher einzustufen ist. Mussten im Vorjahr rund 50 Kilometer absolviert werden, waren es diesmal 85. Fast 5000 Höhenmeter ging’s dabei nach oben, rund 3700 runter. Und die Konkurrenz wächst stetig. „Es gibt mehr Rennen, mehr Sponsoren, es kommen immer mehr und bessere Leute“, bezeichnet Kowalczyk den Ultra Trail-Lauf als Wachstumsbranche.

Mit dem Team auf Platz fünf

Die Uhr für den 27-Jährigen, der inzwischen nach Ludwigsburg umgezogen ist und für den SKV Eglosheim startet, blieb nach 9:16,10 Stunden stehen. Der Spanier Luis Alberto Hernando war rund 38 Minuten schneller und verteidigte damit seinen Titel. Für die deutsche Mannschaft steuerten Matthias Dippacher und Markus Mingo die Plätze 31 und 44 bei. Das brachte in der Teamwertung für Deutschland Rang fünf. Über 300 Teilnehmer aus fast 50 Nationen waren an den Start gegangen, 263 Läufer kamen in die Wertung.

Wie schon im Vorjahr begann Janosch Kowalczyk das Rennen behutsam, zumal er einen Trail dieser Länge noch nie vorher gelaufen und der Respekt entsprechend groß war. Die 100 Kilometer von Biel stehen zwar in seiner Lauf-Vita. Weil diese Strecke aber flach ist, war hier nach nicht einmal acht Sunden alles vorbei.

Anfeuerung von den Eltern

Bis Kilometer acht blieb das Feld noch zusammen. Der Höfinger fand sich auf Platz 76 wieder und begann, das Feld von hinten aufzurollen. Vater Manfred und Mutter Anette verfolgten das Rennen vor Ort, fuhren die Strecke mit dem Auto mit und feuerten bei ihren Stopps, wenn immer möglich, ihren Sohn an. Einmal bemerkte Kowalczyk seine „Fans“ gar nicht, dann wieder waren die Rufe willkommene Ablenkung. Durchzuhalten und nicht der Versuchung zu erliegen, aufzugeben – diesen Kampf trägt der Läufer mit sich selbst aus. „Man rennt nicht schneller, weil die Mutter an der Strecke steht und schreit“ (Kowalczyk).

Die intensive Vorbereitung zahlte sich aus. An den Wochenenden machte sich der Ultra-Läufer regelmäßig in den Schwarzwald oder ins Allgäu auf, um Einheiten über bis zu 60 Kilometer zu absolvieren. Um Kosten zu sparen übernachtete er in seinem VW-Bus. Die sozialen Kontakte litten. Für Freunde und Bekannte blieb nicht mehr viel Zeit.

Aufholjagd in der zweiten Rennhälfte

In der zweiten Hälfte des Rennens, als viele Konkurrenten ihr Pulver schon verschossen hatten, machte Kowalczyk Platz um Platz gut. Bei Kilometer 51 nach einem schweren Streckenabschnitt lag er bereits auf Platz 16. Der Sprecher im Ziel begrüßte ihn schließlich mit den Worten: „Jetzt kommt der erste Deutsche, Janosch Kowalczyk – die Top Ten der Welt sind im Ziel.“

Wie er selbst solch einen Wettkampf wahrnimmt und verarbeitet, kann Kowalczyk kaum beschreiben: „So ein Rennen ist der pure Wahnsinn. Die Gegensätze sind riesig. Es ist, als ob man im Skianzug in den Sommerurlaub fahren würde.“

Der Wahnsinn geht weiter. Im Juni startet der Ausdauerspezialist bei der Team-WM im Salzburgerland. Am 14. Juli steht die Deutsche Meisterschaft im Rahmen des Maintal Ultratrails (64,5 Kilometer) bei Würzburg auf dem Programm. Der persönliche Höhepunkt ist für das Jahresende vorgesehen: Am 1. Dezember nimmt Janosch Kowalczyk den 100 Kilometer langen Ultra Trail in Kapstadt in Angriff.