Seit 40 Jahren ist Margit Hartmann in der Leichtathletik aktiv – zuerst als erfolgreiche Hürdenläuferin, dann als nicht weniger erfolgreiche Trainerin. Jetzt wurde sie vom Landkreis Böblingen mit einem Ehrenamtspreis ausgezeichnet.

Renningen - Mit Sonnenbrille und tiefenentspannt sitzt Margit Hartmann auf der Tribüne des Rankbachstadions, ihr zweites Wohnzimmer sozusagen, genießt die Sonnenstrahlen und lässt die abgelaufene Saison, die für die Renninger Leichtathleten ziemlich erfolgreich war, noch einmal Revue passieren. Der Zehnkämpfer Luca Dieckmann gewann bei den deutschen Meisterschaften seiner Altersklasse U 20 die Goldmedaille und Hartmanns Tochter Lisa Sophie war bei den deutschen Leichtathletik-Jugendmeisterschaften die Schnellste über 400 Meter Hürden (U 23). Margit Hartmann hat die beiden aufgebaut, ist stolz auf deren kontinuierliche Entwicklung. „Ich hatte sie als Schüler übernommen und begleitete sie durch die Pubertät, was nicht einfach war, und jetzt durften sie die Früchte ihrer harten Arbeit ernten.”

 

Ein Rückblick. Es war kurz vor dem Tod von Werner Mayer, als sich Margit Hartmann zum Ziel gesetzt hatte, die Renninger Leichtathleten zurück in die Erfolgsspur zu bringen. Mayer hatte in den Siebzigern die Leichtathletikabteilung im Ort aufgebaut und später seine Schützlinge, darunter auch die heute 50-Jährige, zu den ersten Siegen auf Landesebene geführt. „Er sagte zu mir, du musst gucken, dass sich hier wieder etwas entwickelt“, erinnert sich Hartmann, die ihrem Ex-Coach viel zu verdanken und sich dessen Worte zu Herzen genommen hat. Die Verantwortlichen bei der SVR hätten die Kinder schon immer gut gefördert. „Doch da war eine Phase, als es keinen nahtlosen Übergang in den Jugendbereich gab“, sagt sie. Die jüngsten Erfolge möchte sie nicht für sich alleine beanspruchen. „Allen voran sind es natürlich die Sportler selbst, die dafür verantwortlich sind, und einen Anteil haben wir daran”, sagt die Renningerin. Mit „wir“ meint sie das gesamte Trainer-Team, das in der Abteilung 300 Kinder und Jugendliche betreut. Gerade bei ihrer Tochter war die positive Entwicklung aber nicht vorherzusehen. „Beim 400-Meter-Hürdenlauf muss man die Hürden mit beiden Beinen überqueren können, und als Schülerin war sie dazu technisch gar nicht bereit“, sagt die Mutter über ihre 17-Jährige, die sich dann eher zufällig an der Disziplin probierte.

"Das probiere ich mal aus"

Daher sieht Margit Hartmann nicht nur aufgrund des Erfolges bei den Jugendmeisterschaften Parallelen zu ihr. „Ich bin auch spät gewachsen und kam zufällig zum Hürdenlauf“, sagt sie. Inspiriert hatte sie damals der Olympiamedaillengewinner Harald Schmid. „Ich sah ihn und dachte mir, das probiere ich mal aus”, sagt sie. Kurz zuvor, 1977, war die Zehnjährige in die von Mayer gegründete Abteilung eingestiegen. Hartmann lachend: „Er hatte drei Töchter, und eine fehlte ihm noch für die Staffel.“ Zuhause war Sport kein Thema. „Meine Eltern hatten einen Bauernhof, und selbst meine beiden älteren Brüder durften nicht zum Sport.“ Die Tochter aber genoss Privilegien – nicht zuletzt, weil Coach Mayer die Fahrdienste übernahm.

Nach zehn harten Trainingsjahren verbuchte sie den größten Erfolg als Juniorin: In Wetzlar wurde Hartmann, geborene Grötzinger, deutsche Meisterin über 400 Meter Hürden. Auf Anraten ihres Trainers folgte kurz darauf der Wechsel zum VfL Sindelfingen, bevor sie 1990 unter Werner Späth mit der Staffel deutsche Hallenmeisterin über 4x200 Meter wurde. Dann musste sie aus gesundheitlichen Gründen ihre aktive Karriere beenden und wechselte ins Trainergeschäft, wo sie nicht weniger erfolgreich war. So führte sie Stephanie Kampf 1997 zur deutschen Jugendmeisterschaft – die Athletin startete später bei den Olympischen Spielen in Athen.

Tochter Lisa Sophie ist in ihre Fußstapfen getreten

Mit der Geburt ihres ersten Kindes zog sie sich aus dem Leistungstraining zurück und baute die Leichtathletik-Schule „Speedy” in Sindelfingen mit auf. Als 2004 das dritte Kind auf die Welt kam, und der Erstgeborene mit Leichtathletik begann, wurde sie Trainerin in Renningen und übernahm eine Schülergruppe. „Für mich war immer klar, dass meine Kinder vor Ort Sport machen“, sagt sie. Und sportlich sind sie alle. Tim, der älteste, hat die Tartanbahn inzwischen gegen die Muckibude eingetauscht, Bastian, der jüngste im Bunde, spielt Handball und turnt. Und Lisa Sophie ist bekanntlich in die Fußstapfen ihrer Mama getreten.

Inzwischen könne sie mit ihr nicht einmal mehr beim Dauerlauf mithalten. „Da muss ich das Fahrrad nehmen“, gesteht sie. Nach der kommenden Saison hält sie einen Vereinswechsel ihrer Tochter für möglich. „Das ist aber abhängig von der weiteren sportlichen Entwicklung und auch davon, ob sie nach dem Abi studiert oder ins Ausland geht“, sagt Hartmann. Die Entscheidung möchte sie der 17-Jährigen überlassen. Luca Dieckmann, das ist indes klar, wechselt zur kommenden Saison zum SSV Ulm. „Das ist enorm wichtig für seine Entwicklung“, sagt sie aus Erfahrung. Für die Renningerin zählt nach wie vor nicht ausschließlich der Leistungsgedanke. „Mir war es immer wichtig, Kinder auf spielerische Weise für Bewegung zu begeistern“, betont sie und meint schmunzelnd: „Wenn sie bei uns zwei Stunden Sport machen, dann haben sie zwei Stunden weniger Zeit, um auf der Straße herumzublödeln.“ Eine Devise, die auch eine Rolle bei der Auszeichnung durch den Landkreis Böblingen gespielt haben dürfte. Erst kürzlich nahm Margit Hartmann für ihr Engagement um die Leichtathletik einen Ehrenamtspreis entgegen – „stellvertretend für das ganze Team“, wie sie gleich mit aller Bescheidenheit anmerkt.