Viele Jugendliche stehen heute vor der Frage: Studieren gehen oder eine Ausbildung machen? Sie profitieren vom großen Angebot an Ausbildungsstellen und Plätzen an weiterführenden Schulen in der gesamten Region Stuttgart.

Kreis Böblingen - Viele Jugendliche stehen heute vor der Frage: Studieren gehen oder eine Ausbildung machen? Jungen Menschen stehen im prosperierenden Landkreis Böblingen vermeintlich alle Möglichkeiten offen. Doch sie profitieren auch vom großen Angebot an Ausbildungsstellen und Plätzen an weiterführenden Schulen in der gesamten Region Stuttgart. Das zeigt ein Blick in die aktuelle Statistik der Agentur für Arbeit.

 

Die überraschende Erkenntnis: Zwischen Weissach und Herrenberg gibt es weniger Ausbildungsplätze als Interessenten. „Rechnerisch stehen für jeden Jugendlichen 0,76 Stellen offen. 2013 waren es immerhin noch 0,91 Stellen“, berichtet Doris Reif-Woelki, die Sprecherin der Arbeitsagentur. Dabei spielten zwei gegensätzliche Entwicklungen eine Rolle. Im Juli waren mehr Jugendliche noch auf der Suche nach einer Lehrstelle als in den drei Jahren davor. Gleichzeitig ist seither die Zahl der Lehrstellen leicht zurück gegangen.

Eine ähnliche Problematik weisen auch der Kreis Göppingen und der Rems-Murr-Kreis auf. In den Landkreisen Ludwigsburg und Esslingen gibt es hingegen genauso viele Angebote wie Bewerber.

„Sehr viele Jugendliche im Kreis Böblingen profitieren aber vom guten Ausbildungsmarkt in der Landeshauptstadt, in der auf einen Bewerber 1,45 Stellen kommen“, erklärt Reif-Woelki. Das bedeute aber nicht, dass es genügend Ausbildungsplätze auch im Traumberuf gibt. Auch erfülle nicht jeder Bewerber die Anforderungen der Arbeitgeber.

Derzeit sind im Kreis Böblingen noch 577 Lehrstellen zu besetzen – 17 mehr als vor einem Jahr, Stand Juli. Besonders die Gastronomie, der Handel und das Handwerk suchen noch bis zum Ausbildungsbeginn Anfang September passende junge Leute. Ein wichtiger Indikator für den Ausbildungsmarkt, aber auch für die Wirtschaftslage, ist für die Industrie- und Handelskammer (IHK) die Zahl von neu angemeldeten Lehrstellen.

Das bezieht sich nicht auf bestehende Ausbildungsplätze, die mit einem neuen Lehrling besetzt wurden, sondern auf zusätzlich geschaffene Ausbildungsverhältnisse. „Im vergangenen Jahr hatten wir im Kreis einen Zuwachs um 0,4 Prozent. Für dieses Jahr gehen wir von einem stabilen Niveau aus“, sagt Marion Oker, die Geschäftsführerin der Bezirkskammer Böblingen der IHK. Bei den Jugendlichen entwickelt sich auch der Trend zum höheren Schulabschluss. So streben immer mehr Realschüler an die beruflichen Gymnasien und Abiturienten an die Hochschulen. Um dem entgegen zu wirken, wirbt die IHK in Schulen für die duale Ausbildung. Dafür werden sogenannte „Ausbildungsbotschafter“ geschickt, die von ihrer eigenen Berufslaufbahn erzählen. Oder es werden Programme gestartet, die Arbeitgebern und künftige Mitarbeiter zusammenbringen, wie etwa ein Job-Speed-Dating.

Auch ein Großteil der Abiturienten will laut Zahlen der Bundesagentur für Arbeit lieber studieren, sichert sich jedoch einen Ausbildungsplatz, falls es nicht mit dem Studienplatz klappt. „Das ist ein Problem für den Ausbildungsbetrieb, da Zusagen der Hochschulen noch bis Oktober eintreffen können und die Lehrlinge dann oftmals ihre Ausbildung abbrechen“, erklärt Doris Reif-Woelki von der Arbeitsagentur.

Derzeit suchen laut Agentur für Arbeit auch noch 822 Jugendliche im Kreis einen Ausbildungsplatz. Das sind 82 mehr als im Vorjahr. Welche Berufe interessieren besonders? Die kaufmännischen Berufe sind sehr gefragt. „Hier sind aber fast keine Lehrstellen mehr auf dem Markt“, berichtet die Sprecherin der Arbeitsagentur. Bei den Handwerksberufen liegt der Kfz-Mechatroniker hoch im Kurs.

Wer noch ohne Lehrstelle ist, hat meistens weniger gute Schulnoten. „Unternehmen tun sich schwer damit, sie in ein Ausbildungsverhältnis zu übernehmen“, erklärt Doris Reif-Woelki. Allerdings würden sich Jugendliche in der Schule schwerer tun als in der Ausbildung: „Die Lehre ist weniger abstrakt. Die Lehrlinge wissen, wofür sie eigentlich lernen.“

Sie hat aber noch ein paar Tipps parat: „Bewerber sollten sich für Alternativen interessieren und bewerben. Arbeitgeber sollten Bewerber mit schwächeren Noten in Betracht ziehen.“ Eine Möglichkeit für die Jugendlichen seien freiwillige Praktika in neuen Berufsrichtungen. So könnte man sich auch für den künftigen Job beweisen.