Die Kapazitäten müssen bis Ende dieses Jahres auf 1900 Plätze verdoppelt werden. Die Kosten für die Kommunen und das Landratsamt steigen, der Kreis schafft alleine 27 Stellen dafür. Von Bund und Land kommt zu wenig Geld.

Kreis Böblingen - Wir stehen mit dem Rücken zur Wand.“ Das hatte der Landrat Roland Bernhard schon in seiner Haushaltsrede gesagt. Von einer „Mammut-Aufgabe“ sprach er. Inzwischen wird klar, was er damit meint: Bis zum Jahresende muss der Kreis 1900 Wohnplätze für Flüchtlinge geschaffen haben. Die Kapazitäten werden noch einmal deutlich ausgebaut, vor allem in Renningen, Böblingen und Sindelfingen bereits bis Mitte des Jahres.

 

Wie deutlich der Anstieg ist, zeigt ein Vergleich: Waren es im Jahr 2008 noch ganze 88 Flüchtlinge im Kreis, stieg sie bis 2011 auf 247 an. Im vergangenen Jahr wurde mit 646 Flüchtlingen kreisweit ein Rekord verzeichnet – die Zahl steigt auf mindestens 1500 in diesem Jahr. Alleine vier Millionen Euro wird der Kreis für neue Wohnheime ausgeben müssen, derzeit stehen 900 Plätze bereit.

Zusätzliche Betreuungskräfte nötig

Dazu kommen 20 neue Stellen, die inzwischen geschaffen wurden, sieben weitere sind geplant. Das sind die Heimleiter, Sozialbetreuer, Hausmeisterstellen und Sachbearbeiter im Landratsamt, die Leistungen auszahlen – sonst könnte die Aufnahme der Heimatlosen nicht koordiniert werden.

Zwar gibt es eine sogenannte „Kostenpauschale“ von der Landesregierung von 12 560 Euro, sie wird auf 13 260 Euro pro Flüchtling erhöht. Das hängt damit zusammen, dass für jeden Ankömmling der Wohnraum von 4,5 auf sieben Quadratmeter erhöht wurde. Die Pauschale deckt die Ausgaben aber bei Weitem nicht. „Wir müssen 2,2 Millionen Euro draufzahlen“, erklärt der Landrat Roland Bernhard. Schließlich sind die Mieten im prosperierenden Kreis Böblingen viel höher als im ländlichen Raum. Der Landrat richtet daher deutlich die Forderung an höhere politische Ebenen, die Kommunen mit der Aufgabe nicht im Stich zu lassen.

Zumal es nicht so einfach ist, schnell neue Gebäude zu errichten oder alte umzubauen. Das zeigt das Beispiel Leonberg, wo das „Hotel Online“ in der Böblinger Straße zwar gekauft werden soll, aber die Eigentümer sich uneinig sind. In Sindelfingen hat der Kreis keine eigenen Gebäude, am ursprünglich geplanten Standort Allmendäcker gab es Demonstrationen und Proteste. Die Stadt hat nun ein halbes Jahr lang geprüft und drei neue Standorte genannt, als erstes wird in Darmsheim das ehemalige „Hotel Panda“ belegt, ein Grundstück in Maichingen und ein ehemaliges Labor in der Nüssstraße sollen folgen. Auch die Böblinger Rappenbaumschule soll als Notunterkunft dienen, in Renningen kommt eine Gemeinschaftsunterkunft mit 81 Plätzen dazu.

Anschlussunterbringung fordert weitere Kapazitäten

Aber mit der sogenannten „Erstaufnahme“ ist es nicht getan – wenn das Asylverfahren abgeschlossen ist, kommen die Ankömmlinge in die sogenannte Anschlussunterbringung (siehe Infokasten). Das sind derzeit im ganzen Kreis noch einmal 566 Personen. Für diese sind die Kommunen selbst zuständig. So wird in Weil der Stadt etwa in diesem Jahr ein neues Wohnheim gebaut.

Ein Problem sind auch die hohen Baustandards für neue Gebäude. Hier richtet der Landrat ebenfalls einen Appell ans Land: „Wir brauchen endlich eine Änderung im Baurecht.“ Denn die Zeit drängt – es werden fast jeden Tag mehr.

INFO

Der Weg in den Kreis

Erstaufnahme
Etwa 26 000 Flüchtlinge sind 2014 in die landeseigenen Aufnahmestellen Karlsruhe und Meßstetten (knapp 2900 Plätze) gekommen. Im März öffnet in Ellwangen eine weitere Aufnahmestelle.
Asylantrag
Wer einen Asylantrag gestellt hat, kommt in kreiseigene Unterkünfte, bis über den Antrag entschieden wurde. Wer eine Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung erhält, kann dann in die kommunale „Anschlussunterbringung“.