2017 ist Bundestagswahl. Fünf Bewerber wollen für die Union im hiesigen Wahlkreis antreten.

Kreis Böblingen - Es ist 14 Uhr. Die Senioren sitzen gemütlich beisammen, der Kaffee dampft noch. Es wird Kuchen gereicht. Ein ganz gewöhnliches Treffen der Leonberger Seniorenunion, könnte man meinen. Doch es stellen sich an diesem Tag die fünf Bewerber vor, die sich um die CDU-Kandidatur für den Bundestag im Wahlkreis Böblingen bemühen. Der bisherige Abgeordnete Clemens Binninger hatte kürzlich verkündet, 2017 nicht mehr antreten zu wollen. Das erste Mal treffen alle fünf Bewerber aufeinander und werben um Stimmen für die Kandidatenkür am 19. November.

 

Der Kampf um den aussichtsreichen Wahlkreis ist entsprechend hart. Wie hart, das zeigt sich in den kommenden zwei Stunden. Denn es geht nicht um Themen wie Rente oder Gesundheitssystem, die man in einer Runde bei der Seniorenunion erwarten könnte. Auch nicht um die Wirtschaft im prosperierenden Landkreis, um Verkehr, Umwelt oder Steuern.

Flyer der „Jungen Freiheit“ liegen aus

Worum es geht, das zeigt der Blick neben den Kuchenteller. Dort liegen Prospekte der rechtsgerichteten Wochenzeitung „Junge Freiheit“, die eine Zeit lang vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. „Die Asylkrise“, „Kriminalität explodiert“, „Political correctness – nein, danke“ steht dort unter anderem. In zwei großen Themenrunden geht es anschließend um die innere Sicherheit, um Intensivtäter, Abschiebungen, um den mutmaßlichen Terroristen Albakr, um die Scharia, das Burka-Verbot und Imame, die mit Hasspredigern gleichgesetzt werden.

Mehr Polizeipräsenz, konsequent abschieben

Da hilft es auch nicht, wenn Stefanie Behrens, die Kandidatin aus Waldenbuch, am Ende mahnt: „Wir sollten nicht auf die populistische Wortwahl der AfD aufspringen. Es tut der CDU nicht gut, die AfD zu imitieren.“ Doch genau das tun die Bewerber an diesem Nachmittag, gelenkt vom Moderator, dem Chef der Leonberger Seniorenunion, Eberhard Pflüger. Mehr Polizeipräsenz, mehr Stellen bei der Polizei und in der Justiz, eine bessere Zusammenarbeit der ermittelnden Behörden in Deutschland und europaweit – da waren sich die Bewerber noch einig. Auch, dass straffällige Ausländer konsequent abgeschoben werden, fordern etwa Stefanie Behrens und Swen Menzel (Nufringen). Der Ton der Debatte ist zu diesem Zeitpunkt weitgehend sachlich.

Dann folgt die zweite Themenrunde: Scharia, Burka-Verbot, Hassprediger. „In Deutschland gibt es nur ein Gesetz, das Grundgesetz. Wer sich nicht dran hält, hat hier nichts zu suchen“, sagt Oliver Zander. Der Leonberger fordert, man müsse mit aller Härte dagegen vorgehen. „Es gibt den Wert der Freiheit. Aber die hat ihre Grenzen“, meint Marc Biadacz (Böblingen). Er will gegen Hassprediger und Parallelgesellschaften vorgehen und ist für ein Burka-Verbot. Die Landtagswahl habe gezeigt, was die Wähler wollen. Er fordert zudem, dass Imame nur noch auf Deutsch predigen sollen.

Klare Kante, Unbehagen bei Burkas

Dem schließt sich auch Stefanie Behrens an. „Wichtig ist auch, dass Imame in Deutschland ausgebildet werden“, sagt sie. Ein völliges Burka-Verbot hält sie dagegen für rechtlich schwer durchsetzbar. „Aber teilweise ist es machbar, etwa in Ämtern, Schulen oder im Verkehr.“ Der Ruf nach der „klaren Kante“ seitens der CDU macht wieder die Runde. „Wenn wir nicht mehr die Partei der inneren Sicherheit sind, wofür steht die CDU dann noch?“, fragt der Nufringer Menzel.

Ein Vermummungsverbot sei wichtig, findet Iris Ripsam. „In Stuttgart sehe ich manchmal Frauen in Burkas. Das ist ein sehr unangenehmes Gefühl. Man weiß ja nicht, was sie da drunter haben“, sagt die Stuttgarter Gemeinderätin.

Die Steckbriefe der fünf Bewerber

Oliver Zander: 51 Jahre, aus Leonberg-Höfingen. Verheiratet, zwei erwachsene Kinder. Prokurist bei einem mittelständischen Unternehmen. Seit 2014 Gemeinderat in Leonberg. Schatzmeister im CDU-Kreisverband Böblingen. Kreisvorsitzender, stellvertretender Landesvorsitzender und Mitglied im Bundesvorstand der Mittelstandsvereinigung der Union (MIT).

Stefanie Behrens: 53 Jahre, aus Waldenbuch. Drei Kinder. Volljuristin mit Schwerpunkt Wirtschafts-, Steuer- und Europarecht. Arbeitet für die Konrad-Adenauer-Stiftung und ist Integrationshelferin. War Referentin im Auswärtigen Amt und Delegierte in Brüssel. Ist im Vorstand des CDU-Stadverbandes Waldenbuch und Vize-Chefin der Frauenunion im Kreis.

Swen Menzel 38 Jahre, ledig. Aufgewachsen in Rutesheim, lebt jetzt in Nufringen. Diplom-Betriebswirt. Investitionsförderer bei der Zentralbank der Genossenschaften. Chef des CDU-Stadtverbandes Herrenberg. Früherer Kreisvorsitzender der Jungen Union. Bei der letzten Bundestagswahl Zweitkandidat von Clemens Binninger.

Iris Ripsam 57 Jahren, zwei Kinder, geschieden. Wohnt in Stuttgart. Die Finanzwirtin hat einige berufliche Stationen, etwa in der Steuerverwaltung und im Sozialministerium. Rückte im Juni für Thomas Strobl in den Bundestag nach. Stadträtin in Stuttgart, dort bildungs- und schulpolitische Sprecherin. Landesvorsitzende der Union der Vertriebenen und Flüchtlinge.

Marc Biadacz: 37 Jahre, verheiratet, aus Böblingen. Der Sozialwissenschaftler arbeitet für eine Tochterfirma der Axel-Springer-AG und ist Lehrbeauftragter an der Universität Stuttgart. Früherer Kreisvorsitzender der Jungen Union. Stadtverbandschef der CDU und Stadtrat in Böblingen. Zweitkandidat zur Landtagswahl im Wahlkreis Böblingen 2016.