Zascha und Lieselchen sind die Stars des Tages. Die Kleinen lernen, mit den großen Hunden umzugehen.

Leonberg - Zascha gähnt. Der mächtige Leonberger sitzt auf den riesigen Hinterpfoten. Das Ende seiner Leine wird stolz von einem der Kinder aus dem Kinderhaus im Leonberger Spitalhof, bei denen der Leonberger Rüde zu Gast ist, gehalten, während die anderen Kinder der Gruppe ihn und seine Kollegin Mai-Li, genannt Lieselchen, streicheln und bewundern. Ein bisschen aufgeregt sind die Kinder schon, im Gegensatz zu den beiden Hunden. Lieselchen streckt sich, lässt sich von allen den Bauch kraulen und behält Frauchen Ute Schwarz im Auge, während der dreijährige Zascha gerne ein bisschen mehr Action hätte.

 

„Er hält sich immer noch für einen Welpen und will spielen“, sagt Herrchen Robert Krauss schmunzelnd und gibt dem braunen Riesen das Signal, sich wieder hinzulegen. Erzieherin Annika Richter lacht: „Da seht ihr, ein Hund muss genauso erzogen werden wie ihr!“ Die Kinder haben schon im Vorfeld des Besuches viel über Hunde gesprochen. „Bei einem unserer Kinder ist zuhause ein Welpe eingezogen. Darüber ist in der Gruppe viel geredet worden“, erzählt die Leiterin des Kinderhauses, Ellen Luebke. Das war Anlass genug, zu prüfen, ob die Kinder mehr über den besten Freund des Menschen wissen wollten. Luebke nimmt die UN-Kinderrechtskonvention ernst: „Die Kinder haben ein Recht auf Partizipation in verschiedenen Lebensbereichen, auch im Bereich Bildung“, unterstreicht sie. Die Gruppe hat abgestimmt, das Ergebnis war eindeutig: die Besuchshunde sind sehr willkommen.

Zascha bekommt jeden Morgen ein Ei

Doch warum sie hier sind, ist Lieselchen und Zascha eigentlich egal. Viel interessanter ist die kleine Dose, aus der hin und wieder ein Leckerli kommt, auch wenn man dafür zum Beispiel die Zehen spreizen muss. Robert Krauss erklärt, dass Leonberger Hunde sehr gerne ins Wasser gehen und Schwimmhäute zwischen den Zehen haben, dass junge Hunde auch Milchzähne haben, die ausfallen, und dass der 60 Kilo schwere Zascha eine Vorliebe für hart gekochte Eier hat. „Jeden Morgen bekommt er ein Ei. Das schiebt er lange hin- und her, bevor er es ganz genüsslich frisst.“ Die Kinder staunen und wollen wissen, ob das Ei gepellt ist. Ja, ist es.

Krauss erzählt den Kindern dann ein wenig vom Umgang mit Hunden. „Wenn ihr einen Hund streicheln wollt, müsst ihr immer vorher den Besitzer fragen“, sagt er, „und dann von vorne auf den Hund zugehen.“ Bei frei laufenden Hunden, so sein Rat, die Hände auf den Rücken nehmen und den Blick abwenden. Das signalisiert Desinteresse, und der Hund wird in den meisten Fällen weiterziehen. Vorsichtshalber üben einige Kinder das schon Mal, mit Blick auf den gelangweilten Zascha werden vorsichtig die Hände auf den Rücken gezogen. „Aber wenn er trotzdem auf euch zuläuft, dann rennt nicht weg, sondern bleibt stehen.“ Denn der Hund ist ein Jäger und immer schneller als der Mensch. Wenn sich aber nichts bewegt, dann langweilt ihn das schnell. „Doch das Wichtigste ist, den Hund immer zu beobachten“, gibt er den wesentlichen Hinweis, „und lernen, was der Hund signalisiert.“

„Hunde sind nicht zum Reiten da“

Robert Krauss und Ute Schwarz wollen Kindern den richtigen Umgang mit den Vierbeinern vermitteln: „Immer weniger Kinder haben Erfahrung im Umgang mit Tieren“, wissen beide. Deshalb erzählen und erklären sie vieles und ermuntern die kleinen Gastgeber immer wieder, Fragen zu stellen. Aber viele Fragen haben die Kinder nicht, eigentlich ist Anschauen und Streicheln wichtiger.

Doch warum der Leonberger so aussieht, wie er aussieht, und wofür man ihn gezüchtet hat, das wollen sie dann doch wissen: „Der Leonberger Stadtrat Heinrich Essig wollte einen Hund, vor dem seine Besucher Respekt haben, der aber trotzdem lieb ist. Und weil Leonberg früher Löwenburg hieß, wollte er seinem Hund das Aussehen von einem Löwen geben“, erklärt Ute Schwarz. Erzieherin Annika Richter nickt, ein bisschen Stadtgeschichte kennen die Kinder von der Führung, die sie erst kürzlich gemacht haben. Außerdem, weiß Ute Schwarz, haben die Leonberger früher kleine Karren gezogen, auf denen zum Beispiel Milchkannen transportiert wurden. „Der Zascha macht das auch“, erzählt sie, und Robert Krauss nickt: „Auf dem Pferdemarkt ist er mit seinem Karren mitgelaufen.“ Ein Mädchen fragt, ob man auf den Hunden reiten könne. „Nein“, kommt ganz entschieden von beiden Hundeführern. „Niemals. Hunde sind nicht zum Reiten da.“ Lieselchen legt sich jetzt auf den Boden und macht die Augen zu. Sie hat für heute genug. Und da die Hunde bestimmen, wann die Übungsstunde beendet ist, findet die Streichel- und Fragerunde pünktlich zur Mittagszeit ein Ende. Also nichts wie raus und hoffentlich noch Gassi gehen, bevor es Zeit wird für das Mittagsschläfchen.