Bedeutende Rollen spielen ein Feuerwehrauto und der fünfjährige Emil Lieckfeldt, der an einer tödlichen Muskelkrankheit leidet.

Leonberg - Es ist wahrscheinlich einer der schönsten Momente im Leben des fünfjährigen Emil Lieckfeldt, als er am Dienstagnachmittag den Korb an der Drehleiter eines Einsatzwagens der Freiwilligen Feuerwehr Leonberg betritt. Die lange Leiter wird in Richtung des Dachs des Hospizes in der Seestraße dirigiert.

 

Dort steht Monika Friedrich, die Koordinatorin des ambulanten Hospizdienstes für Kinder und Jugendliche in Leonberg. Beifall brandet unter den rund 150 Besuchern auf, als sie die sogenannte Angel-Fackel an den Fünfjährigen, der stilecht in einer nur etwas zu großen Feuerwehrjacke steckt, überreicht.

Startschuss mit einem Luftballonwettbewerb

Dann wird die Leiter wieder zu Boden gelenkt, stolz streckt Emil Lieckfeldt die Fackel Helga Grau-Ritter entgegen. Kurz darauf macht sich die Mitorganisatorin des City-Laufes mit elf Mitgliedern der Montags-Laufgruppe auf den Weg nach Stuttgart, der nächsten Station der Angel-Fackel auf ihrem Kinder-Lebens-Lauf. Den Startschuss dazu gibt der Sozialbürgermeister Ulrich Vonderheid mit einem Countdown. Gleichzeitig werden zahlreiche weiße Luftballons gen Himmel geschickt, an denen Kinder Postkarten befestigt haben. „Wir sind gespannt, wo die weitesten Karten herkommen“, sagt Claudia Berner, die Sprecherin des Hospizes. Auf die Gewinner warten Gesellschaftsspiele als Preise.

Unter den Zuschauern steht auch Per Toussaint, ein Vorstandsmitglied im Bundesverband Kinderhospiz. „Das ist großartig, wie die Leonberger das machen. Genau dafür machen wir den Kinder-Lebenslauf“, schwärmt er. Und es ist kein Zufall, dass Emil Lieckfeldt an diesem Nachmittag im Blickpunkt steht. Der Fünfjährige leidet an der sogenannten Muskeldystrophie des Typs Duchenne. „Die Muskelfasern bilden sich zurück, irgendwann sind die Kinder auf den Rollstuhl angewiesen und die Krankheit endet tödlich, wenn die Atemmuskulatur betroffen ist“, erklärt Ellen Lieckfeldt, Emils Mutter.

Die Familie versucht, dem Fünfjährigen in den Jahren, die ihm bleiben, so viel wie möglich zu bieten. „Wir haben Jahreskarten für drei Freizeitparks und sind eigentlich an jedem Wochenende unterwegs, zum Beispiel auf Tagen der offenen Tür“, erklärt Ellen Lieckfeldt. Auf die Möglichkeit, den Leonberger Kinderhospizdienst in Anspruch zu nehmen, sei sie durch einen Betriebsarzt im Leonberger Krankenhaus gekommen, erklärt die Krankenschwester.

Reiten auf Ponys und ein Drehorgelspieler

Derzeit besucht der fünfjährige Emil den regulären Kindergarten im Martha-Johanna-Haus. „Er mag unsere Kita sehr gern und kann sich leicht begeistern“, erzählt seine Bezugserzieherin Tanja Knapp.

Er ist in der Einrichtung sehr beliebt. „Als wir neulich einen Ausflug gemacht haben, und seine Kräfte ein wenig nachließen, haben ihn die anderen Kinder im Bollerwagen gezogen“, ergänzt Knapp.

Es sind Schicksale wie die von Emil Lieckfeldt, auf die der Bundesverband Kinderhospiz mit dem Kinder-Lebens-Lauf aufmerksam machen will. „Es soll nicht mehr weggeschaut werden, die betroffenen Familien brauchen unseren Zuspruch“, betont Per Toussaint bei der Feier im Garten des Elly-Heuss-Knapp-Kindergartens. Die Einrichtung in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hospiz hatte sich sofort bereit erklärt, beim Kinder-Lebens-Lauf mitzuhelfen. „Das passt zu unseren Werten und dem Leitbild“, sagt Erzieherin Sarah Litz.

Für die Feier haben sich die Mitarbeiter des Leonberger Hospizes für Groß und Klein allerhand einfallen lassen: Es gibt Crêpes vom Musikverein Stadtkapelle Leonberg, Bauernhof-Eis der Familien Kolbe und Müller vom Heidehof Merklingen, Reiten auf Kinderponys der Hippo- und Physiotherapie Schloss Scharnhausen, einen Drehorgelspieler sowie zahlreiche Spiel- und Bastelangebote.

Dass am Dienstagnachmittag ein paar dunkle Wolken einige Regentropfen und Abkühlung bringen, ist den zwölf Läufern nicht unrecht, die die Angel-Fackel knapp zwei Stunden lang rund 18 Kilometer weit nach Stuttgart in die Diemershaldenstraße zum dortigen Kinderhospiz tragen.

„Wir wollen zusammen laufen und werden den steilen Anstieg an der Doggenburg wohl gehen“, sagt die Laufexpertin Helga Grau-Ritter vor dem Start. Älteste Läuferin ist die 68-jährige Wilma Kiegler, jüngste die 14-jährige Karin Stamm, die zusammen mit ihrem Vater für den Kinder-Lebens-Lauf extra den Urlaub im Bayerischen Wald unterbrochen hat.

Am Mittwoch zieht die Angel-Fackel von Stuttgart aus weiter. Das Leonberger Hospiz und seine Mitarbeiter haben sich als eine ganz besondere Station erwiesen.

Das Projekt

Idee
Mit dem Kinder-Lebens-Lauf will der Bundesverband Kinderhospiz auf die Leistungen der Kinderhospize im ganzen Land aufmerksam machen. 132 Tage lang tragen Läufer, Radfahrer und Rollstuhlfahrer eine Fackel über 6000 Kilometer quer durch Deutschland von Hospiz zu Hospiz. Start war am 4. Juni in Berlin, dorthin soll die Fackel am 13. Oktober, dem Welthospiztag, auch wieder zurückkehren.

Angel-Fackel
Die Fackel hat die Figur eines Engels. In der Mitte hat sie ein LED-Licht, das in orange, blau und weiß leuchten kann. Kreiert hat sie der Vater der 17-jährigen Angelina aus Lörrach für das Grab seiner Tochter. Weil er so gute Erfahrungen mit dem Kinderhospiz gemacht hatte, schenkte er sie dem Bundesverband. Die Angel-Fackel soll eine dauerhafte Erinnerung an Angelina sein.