Roland Gäfgen ist Kantor und Organist in der evangelischen Petruskirche in Renningen.

Renningen - Angenehm ist es in der Petruskirche unter der Woche nicht gerade. Wenn kein Gottesdienst ist, läuft auch die Heizung nicht. Dann ist es drinnen zum Teil sogar noch kälter als draußen. Für den Kantor und Organisten Roland Gäfgen heißt das vor allem eines: warm anziehen. Denn um für das anstehende Adventskonzert am 9. Dezember zu üben, musste er sich in den vergangenen Wochen wohl oder übel in die kalte Kirche setzen. Dort steht die kleine Truhenorgel, eine Leihgabe des Orgelbaumeisters Tilman Trefz, an der er am Sonntag einige Werke von Johann Sebastian Bach intonieren wird.

 

„Die Töne übe ich am Anfang zu Hause am Elektronium“, erzählt der Organist. Aber für das Konzert muss er natürlich am richtigen Instrument spielen, um sich mit dessen besonderen Eigenheiten vertraut zu machen. „Die Tasten sind zum Beispiel kürzer, auch etwas schmaler, und der Tastenandruck ist ein ganz anderer.“ Truhenorgeln sind insgesamt sehr viel kleiner als die klassischen Kirchenorgeln, sodass sie sich optisch gut in ein Orchester einfügen. Und noch etwas macht gerade das Spielen auf diesem Instrument anspruchsvoll: „Wenn man eine falsche Taste auch nur streift, schlägt sofort der Ton an.“

Hochbetrieb an Heiligabend

Der studierte Kirchenmusiker Roland Gäfgen ist seit 27 Jahren Kantor und Organist in der evangelischen Petruskirche. Das heißt: Er leitet die Kirchenchöre und spielt Orgel während der Gottesdienste, hin und wieder gibt er auch Orgelkonzerte. In der Advents- und Weihnachtszeit hat er gut zu tun, allein an Heiligabend wirkt er an drei Gottesdiensten mit. Ein solcher Hochbetrieb, wie man es sich als Laie vielleicht vorstellt, herrscht für Gäfgen derzeit aber nicht, sagt er. Bis auf die Weihnachtsfeiertage finden im Dezember keine zusätzlichen Gottesdienste statt, auf die er sich vorbereiten muss. Kein Vergleich jedenfalls mit der Passionszeit.

Arbeitsreich ist der Advent vor allem wegen des anstehenden Konzerts. Jedes Jahr bereitet Gäfgen mit der Kantorei ein Adventskonzert vor. Dann geht die Arbeitszeit regelmäßig über die üblichen Probenzeiten hinaus. Mal sind es große Chorwerke, für die er auch mal Sonder- oder Wochenendproben ansetzen muss. Dieses Mal ist der Choranteil am Konzert geringer, dafür muss er selbst öfter in die Kirche, um an der Truhenorgel zu üben.

Vorbereitung ist wichtig

Abseits der Konzerte herrscht für Roland Gäfgen dafür gerade klassisches Tagesgeschäft – nur dass auf dem Programm vor allem weihnachtliches Liedgut steht. Aber muss man darauf nach so vielen Jahren überhaupt noch üben? Oder kennt man „O du fröhliche“ inzwischen auswendig? „Vorbereiten muss man sich natürlich.“ Einerseits spielt Gäfgen im Gottesdienst nicht ausschließlich Weihnachtsliturgie zum Mitsingen, gerade die Stücke zum Ein- und Auszug und die Zwischenspiele kann er selbst passend zum Gottesdienst auswählen.

Zugleich ist das Besondere an den bekannten Weihnachtsliedern, dass die Besucher beim Mitsingen sehr sicher sind. „Und je sicherer die Gemeindemitglieder sind, desto mehr kann man in der Begleitung improvisieren. Und Improvisieren muss man genauso lernen wie alles andere“, erklärt Roland Gäfgen.

Ein voller Terminkalender

An Heiligabend ist sein Terminkalender dann voll. Der erste Gottesdienst mit Krippenspiel ist um 15 Uhr, um 16.30 Uhr gestaltet seine Kantorei die Andacht mit. Auch beim Nachtgottesdienst um 22 Uhr sitzt Roland Gäfgen wieder an der Orgel. „Nur um 18 Uhr muss ich nicht ran, dann spielt nur der Posaunenchor.“

Das schränkt die private Gestaltung des Weihnachtsfestes natürlich ein. „Das ist schon bestimmend für den Familienalltag“, so Gäfgen. „Zu Hause feiert man eben zwischen den Gottesdiensten, und am ersten Weihnachtsfeiertag ist man morgens noch sehr müde.“ Gleichzeitig empfindet er das Ganze auch als strukturierend, „und es gibt einem inhaltlich auch etwas. Das ist an Heiligabend für mich nicht nur Arbeit, sondern man feiert auch mit.“

Adventskonzert in der Petruskirche

Termin
Für Besucher des Renninger Weihnachtsmarkts lohnt sich am Sonntag, 9. Dezember, ein Besuch in der benachbarten Petruskirche. Um 16.30 Uhr gibt das Kammerorchester „musica salutare“ zusammen mit der Kantorei und dem Chor „Kreuz und quer“ ein Adventskonzert. Der Eintritt kostet zehn Euro, Kinder und Jugendliche dürfen umsonst zuhören.

Programm
Das Instrumentalensemble „musica salutare“ unter der Leitung von Adelheid Abt spielt ein Concerto grosso von Arcangelo Corelli und ein Konzert für Oboe, Streicher und Basso continuo von Alessandro Marcello. Auch Werke von Johann Sebastian Bach erklingen: die Aria und verschiedene Variationen aus den Goldberg-Variationen BWV 988 für Streichtrio und auf der Truhenorgel. Chor und Kantorei führen gemeinsam mit dem Orchester die Kantate „Die Nacht ist vorgedrungen“ von Roland Gäfgen auf.