Die Bilanzpressekonferenz der Vereinigten Volksbank spiegelt das Bemühen, sich in einer unsicheren Zukunft zu verankern.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Böblingen - Die Zukunft gleicht der Vergangenheit. „Crowdfunding ist nichts anderes als der Grundgedanke einer genossenschaftlichen Bank“, sagt Wolfgang Klotz, „was einer allein nicht schafft, schaffen viele gemeinsam“. Klotz ist Vorstandschef der Vereinigten Volksbank. Per Crowdfunding wird für Projekte Geld gesammelt, die kaum jemand mit Genossenschaftsbanken verknüpfen wird: Die Früherkennung von Kinderdepression per Handy ist aktuell im Angebot, ein Horrorfilm über die Kunstszene oder die Sanierung der Küche im Berliner Restaurant Bastard.

 

Skurrilitäten sind dort zwar nicht eingestellt, aber seit vergangenem Jahr bietet auch die Volksbank den Geldsammlern eine Plattform – was als Teil des Bemühens zu verstehen ist, das Unternehmen in einer ungewissen Zukunft zu verankern. Die skizziert Klotz bei der Bilanzpressekonferenz, die in Teilen einer Werbeveranstaltung gleicht. Zahlen spielen eine untergeordnete Rolle. Schlagwörtern wie „Kundenerlebnisse“ oder Slogans wie „Von begeisterten Mitarbeitern zu begeisterten Kunden“ gilt die Mehrzahl der Wortbeiträge.

Vordergründig schrumpft das Geschäft

Vordergründig schrumpft das Geschäft. Die Bilanzsumme ist gesunken, von 2,69 auf 2,63 Milliarden Euro. Das Ergebnis „liegt etwa auf dem Niveau des Vorjahrs“, sagt Klotz. Andererseits sind Zahlen gestiegen, die in die Zukunft weisen. Pro Monat wirbt die Bank rund 100 Neukunden unter 25 Jahren, mit hohem Aufwand. Sogar auf Abiturfeiern sind ihre Berater zu Gast. Das Interesse an Immobilien spiegelt sich in einem Plus von zehn Prozent bei der Vermittlung von Bausparverträgen. Am anderen Ende der Skala lassen sich immer mehr Sparer von der Geldanlage in Wertpapiere überzeugen. Der Absatz von Investmentfonds stieg um 13 Prozent. Die wichtigste Zahl für die 44 000 Bank-Mitglieder ist: Sie sollen zwei Prozent Dividende bekommen.

Anders als die Anleger hat die Volksbank massiv Wertpapiere verkauft. Ihr Anteil an der Bilanzsumme sank von 23 auf 15 Prozent. Die Entwicklung des Marktes sei kaum mehr abschätzbar, meint Klotz, „und wir wollen uns auf unser Kerngeschäft konzentrieren“ – das Geschäft mit Privatkunden, Handwerkern, Mittelständlern. Ihnen gelte es die „Kundenerlebnisse“ zu verschaffen. „Das ist ein wunderschöner Begriff“, sagt Klotz, der durchaus zur Ironie neigt. Gefüllt werden soll das Schlagwort mit neuer Denkweise. „Früher haben wir dem Kunden gesagt: ich hab’ eine Leistung, hast Du ein Problem dafür?“ Künftig sollen die Berater Probleme der Kunden ergründen und lösen. Die Volksbank will gleichsam volksnah werden. Ein Bemühen ist ihr kaum abzusprechen. Um die Akzeptanz einer App zu testen, reisten Mitarbeiter nach Berlin und befragten auf dem Potsdamer Platz Passanten. „Das ist eine Welt, die Banker nicht kennen“, sagt der Bankchef.

Die Mühen sind der Nullzinspolitik geschuldet

Was vor nicht allzu langer Zeit auch für die eigene Geschäftswelt galt. Selbstredend sind die Mühen und Umschichtungen in der Bilanz der Nullzinspolitik geschuldet, genauso wie immer schärferen Regeln für Finanzdienstleister. „Ich weiß nicht, für wen wir da in Sippenhaft genommen werden.“ So kommentiert Klotz dieses Stichwort. Weil der Markt sie zwingt, schließen die Banker inzwischen Kredite mit einer Laufzeit von 15 Jahren ab, obwohl nach zehn Jahren gemäß deutschem Recht der Kunde kündigen darf. Ob schiere Größe die Lösung globaler Probleme im lokalen Markt birgt, ist noch nicht entschieden. Die Vereinigte hat ihre Fusionsverhandlungen mit der Volksbank Reutlingen verlängert.

Altkunden werden sich ebenfalls neu orientieren müssen, wegen der Digitalisierung. Binnen fünf Jahren ist laut Klotz die Frequenz in den – noch – 28 Filialen um 30 Prozent gesunken. Die Bank sei am Ende in der Hosentasche, sagt er, das Handy.