Das Judentor ist das einzige Weiler Stadttor. Dort haben die Pfadfinder ihr Lager aufgeschlagen.

Weil der Stadt - Ein einsamer Knabe ist das Judentor in der westlichen Weiler Altstadt. Vier Genossen hat er unter den alten Gemäuern, aber die sind allesamt Türme. Unter den Toren, die die Besucher Weils herein- und wieder herauslässt, ist das Bauwerk in der Judenvorstadt das einzige, das heute noch erhalten ist.

 

Dass er heute noch steht, das ist der Widerspenstigkeit und dem Ungehorsam der Weil der Städter zu verdanken. Als die einstmals freie Reichsstadt vor mehr als 200 Jahren dem Herzogtum Württemberg zugeschlagen wurde, da ordnete die neue württembergische Obrigkeit den Abriss dieses Gemäuers an. So weit kommt’s noch, niemals führen wir das aus!, dachten sich die Weiler.

Vor- und Nachteile

Viel Holz, ein Ofen und vielleicht ein bisschen Widerspenstigkeit wohnen immer noch in den alten Zimmern über dem großen Tor. „Ja, das ist ganz wichtig, dass wir was Eigenes haben“, sagt Luca Blaszczyk. Er ist zusammen mit Jonas Pohle, Lara Mitic und Steffen Rüger der Vorstand der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg, Stamm St. Peter und Paul Weil der Stadt.

„Natürlich mit allen Vor- und Nachteilen, die es mit sich bringt, in so einem historischen Gebäude zu wohnen.“ Hier können sich die Pfadis ausbreiten, müssen sich um all die Räume aber auch kümmern, die in dem Turm Platz finden – ein Lagerraum, der Gruppenraum, die Küche, Toilette und das Leiterzimmer im Dach. Gerade erst hatte Jonas Pohle mit seinen Jungs und Mädels Turmputz. „Wir teilen uns dann in Gruppen auf“, erzählt er. „Und dann putzen wir gemeinsam.“

Gemeinschaft – das ist der Kern der etwa 80 bis 90 Jugendlichen, die sich hier jede Woche treffen. Die kleinen Wölflinge von sieben Jahren an, die Jungpfadfinder ab elf, die Pfadfinder ab 14 und die Rover ab 16 Jahren. 25 Leiter stehen den sechs Gruppen vor. Angestaubt ist weder der Turm, noch der Ruf der Pfadis in Weil der Stadt – ganz im Gegenteil. „Wir haben ständig Wartelisten, wir können gar nicht alle aufnehmen, die mitmachen wollen“, berichtet Steffen Rüger.

Grillhütte war der Anfang

Zwei Wölflingsgruppen mussten die Pfadis im vergangenen Jahr aufmachen, das gab es noch nie in der Stammesgeschichte. Und die reicht doch einige Jahre zurück. 2016 haben sie ihr offizielles 30-jähriges Jubiläum gefeiert, schon in den frühen 80er Jahren gab es immer wieder Gruppentreffen, ursprünglich waren es Ministranten, die das Pfarrjugendlager organisierten, und sich auch unter dem Jahr treffen wollen. Seit 1987 nimmt man auch Mädchen auf. „Da gibt’s noch Protokolle“, sagt Steffen Rüger und schmunzelt. „Das war damals eine heiße Diskussion.“ Seit vier Jahren ist auch Luca Blaszczyk, der heutige Vorstand, mit dabei. „Mir war langweilig“, berichtet er von einem Freitagnachmittag damals. Beim Alten Merklinger Sportplatz bauen die Pfadis da gerade einen Grillplatz mit Grillhütte und Blaszczyks Freunde waren mit dabei. Also hat er mitgeholfen. „Mir hat es Spaß gemacht“, sagt er heute. „Die Pfadis sind zu meinem Freundeskreis geworden.“

Und: „Ich durfte ziemlich schnell ziemlich viel Verantwortung übernehmen“, berichtet der 20-Jährige, der schon seit zwei Jahren zum Vorstand gehört. Denn das gehört dazu, bei dem sommerlichen großen Zeltlager und in den Gruppenstunden. Beim Fußballspielen und Gutsle backen, beim Ausflug in die einsame Hütte ohne Wasser und Strom, beim Schlittschuhlaufen und Diskutieren. „Das ist das gute bei uns“, sagt Jonas Pohle. „Wem die eine Aktion nicht gefällt, der ist dann bei der nächsten mit dabei.“

Denn eines ist immer am wichtigsten: Freundschaft und Zusammenhalt, die Werte bei den Pfadis. Offenheit auch, alle sind willkommen. Das haben sie sich wohl beim Judentor abgeschaut. Seit 2007 hängen dort zwar wieder zwei rekonstruierte, alte Holztore – aber die sind immer offen.