Melancholisch und sinnlich durchströmt die Musik von Ignaz Netzer den St.-Augustinus-Saal.

Weil der Stadt - Mit knapp 40 Besuchern ist der Raum gefüllt. Die Zuhörer haben es sich im St.-Augustinus-Saal gemütlich gemacht. Manche haben ein Glas Wein vor sich stehen, andere haben vor dem Gig noch schnell etwas gegessen. Allesamt sitzen sie als Liebhaber der Blues-Musik in dem in Rot getränkten Saal.

 

Der Blues berührt die Herzen, wenn man sich darauf einlässt. Doch man kann die Musik auch unter anderen Gesichtspunkten an sich heranlassen. Aktiv beispielsweise. Wichtig dabei ist, wie man ihn präsentiert bekommt, den Blues. Ignaz Netzer ist ein Garant für gute Blues-Qualität. In Wangen im Allgäu geboren, arbeitete er neben seiner musikalischen Tätigkeit als Buchhändler und unterrichtete zwölf Jahre an einer staatlichen Realschule als Lehrer. Seit 2001 ist Netzer Profimusiker.

Ganz früh legt er los

Schon als Kind bekam er Gitarrenunterricht. Den Blues entdeckte er als Teenager bei einer Radiosendung. Danach sollte ihn dieser Stil nie wieder los lassen. Er gründete Blues-Bands. Erlebte viel mit dem Blues. Traf auf verschiedene Musiker dieses Genres. Zudem besuchte Netzer mehrfach die Südstaaten der USA, um dem Blues ganz nah zu sein und die Musik an ihren Wurzeln zu erleben.

Heute ist Netzer ein wahrer Blues-Experte. Auch bei seinem Gig in Weil der Stadt hat er viele Informationen über die Musik und seine Interpreten mit im Gepäck. Beispielsweise von Bessie Smith. Im Jahre 1894 in Chattanooga, Tennessee geboren, war sie die US-amerikanische Blues-Sängerin ihrer Zeit. Vorwiegend aktiv in den 1920er Jahren galt sie als „Kaiserin des Blues“. „Es gab eine Zeit, in der die Musik von Frauen dominiert war“, unterstreicht Netzer. „Es war die Zeit der rauschenden Ballsäle“, fährt er fort. Einblicke in diese Welt gibt Netzer mit dem Song „Corrine, Corrina“, mit „Summertime“, „I get the blues when it rains“ und „Will the circle be unbroken“, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch Musik des Schauspielers und Countrysängers Kris Kristofferson war an diesem Abend zu hören. Mit eigenen Songs machte Netzer zudem auf seine aktuelle CD aufmerksam.

Die Luft geht ihm nicht aus

Beeindruckend spielt Ignaz Netzer seine Gitarren. Auch die Mundharmonika, ein in der Musikszene oft vernachlässigtes Instrument, kommt bei Ignaz Netzer zum Einsatz, und man mag sich fragen: Wo bekommt der Musiker all die Luft her, um dieses Instrument so spielen zu können?

Mit dem Titel „Walk on“ forderte Ignaz Netzer sein Publikum auf, aktiv mit ihm zu singen. „Walk on, are you having Lust?“, fragt er scherzend. Und natürlich hatte das Publikum Lust. So war der Abend ein interaktives Musikerlebnis. In Wohlgefallen schwelgend schnipsten Finger und tippten Füße auf dem Holzboden im Rhythmus zur Musik. Ein Abend also, der darauf ausgelegt war, in Freude begangen zu werden.

Da rissen insbesondere die klackernden Füße so manch einen Zuhörer doch hin und wieder aus einer gewollten sinnlichen Tiefe. Schade, denn zwar bildet der Blues die Wurzel eines Großteils der populären Musik, doch in seinem Ursprung ist er ganz nah dran an der Melancholie. Nicht umsonst bedeutet „I’ve got the blues“ und „I feel blue“ so viel wie „Ich bin traurig“.