Hildegard und Franz Thoren sind von Amerika-Reise zurück. Bald geht es nach Australien.

Renningen - Um zu tun, was Hildegard und Franz Thoren tun, braucht es drei Dinge: „Zeit, Geld und Gesundheit. Und das gleichzeitig!“ Franz Thoren, ein lebhafter Mittsechziger, lacht. Die Rede ist von einer mehrjährigen Reise durch Süd- und Nordamerika und Australien, die sich das Paar schon lange für den Ruhestand vorgenommen hatte. Doch als der Elektroingenieur Ende 2013 und die Hochschuldozentin sechs Monate später in den Ruhestand gingen, zwei Jahre früher als geplant, gab es noch viel zu tun.

 

Unter anderem ein Auto finden. Ein Toyota Camper sollte individuell umgebaut werden, doch das war nicht so einfach wie gedacht. Freunde haben schließlich auf einem Offroad-Treffen das perfekte Auto für die Reise der beiden Wahl-Renninger gefunden: Leoni heißt das treue Gefährt, das für drei bis vier Jahre das Zuhause der Thorens werden soll. Und Leoni ist bestens gerüstet. Sie versorgt ihre Fahrer mit ausreichend Strom aus den Solarzellen auf dem Dach, verfügt über eine Nasszelle und fasst 200 Liter Frisch- sowie 60 Liter Abwasser, hat natürlich eine Standheizung und einen zweiflammigen Gasherd.

Im September 2014 ist es dann soweit. Leoni ist bis auf die letzte Nische mit Vorräten, Werkzeug, Kleidung und allerlei Ersatzteilen bestückt. Knapp vier Wochen lang schippern die Weltenbummler von Hamburg aus übers Meer nach Uruguay, Leoni gut gesichert und verriegelt im Untergeschoss, die Zweibeiner oben. Und mit der Landung in Südamerika beginnt das Abenteuer richtig.

Von Uruguay bis nach Alaska

Die Reise führt von Uruguay an der Küste entlang nach Feuerland und weiter durch Chile, Argentinien, Paraguay, Brasilien, Peru, Ecuador und Kolumbien nach Mexiko, USA, Kanada und Alaska. Überall haben sie sich umgesehen: „In Paraguay haben wir deutschstämmige Mennoniten getroffen, deren Vorfahren seit 1927 den Chaco, ein Gebiet mitten in Paraguay so groß wie Hessen, urbar gemacht haben. Sie sprechen reinstes Hochdeutsch und schauen deutsches Internetfernsehen, um die Sprache nicht zu verlernen“, erzählt Hildegard Thoren. In Rada Tilly im patagonischen Teil Argentiniens haben die beiden das südlichste Seebad der Welt besucht und dort im 23 Grad warmen Wasser gebadet, und wie das kalte Feuerland zu seinem Namen kam, haben sie auch gelernt: „Als Magellan dort bei seiner ersten Weltumseglung ankam, sah er überall Lagerfeuer brennen. Deshalb nannte er das Land Tierra del Fuego, Land des Feuers.“ Reisen bildet eben, auch erfahrene Globetrotter.

Franz Thoren hat in seinem Leben schon fast die ganze Welt gesehen. „Ich habe in meinem Arbeitsleben keinen einzigen Urlaubstag verschwendet, ich war immer vom ersten bis zum letzten Tag unterwegs, ehrlich wahr“, grinst er. Er hat die Gabe, sich immer wieder aufs Neue für das Andere begeistern zu können. Besonders beeindruckt hat ihn Südgeorgien: „Die Tiere dort, einmalig. Königs- und Goldschopfpinguine, Seeleoparden, Seeelefanten, Robben und Seebären, die sich ohne Scheu vor den Menschen aus nächster Nähe ablichten lassen, das war wirklich einer der Höhepunkte unserer Reise“, findet er, und das will was heißen, denn erlebt haben die beiden so einiges.

In Chile haben sie den Ausbruch des Vulkans Calbuco miterlebt, auf dem Amazonas zu Mittag Piranhas verspeist, in Bolivien die Standheizung eingebüßt: „Jetzt wissen wir, dass eine Standheizung nur bis 2200 Höhenmeter funktioniert, darüber sollte man sie nicht mehr einschalten“, schmunzelt Thoren, „auf knapp 6000 Metern Höhe ohne warmes Wasser und ohne Heizung zu campieren, macht nicht wirklich Freude.“ Nicht einmal der rheinischen Frohnatur, die er eigentlich ist.

„Ich brauche mein Zuhause, in das ich zurück kann“

Cartagena, Hauptstadt von Kolumbien, ist die schönste Stadt der Welt, finden sie, in Mexiko haben sie den schönsten Strand entdeckt. Sie haben den kanadischen Top of the World Highway befahren und in der historischen Goldgräberstadt Dawson City den Can-Can-Tänzerinnen applaudiert, sie haben im Schilderwald von Watson Lake am Yukon River ein Namensschild ihrer Leoni hinterlassen und in Alaska den Bären beim Lachsfischen zugesehen.

75 000 Kilometer hat das Paar schlussendlich auf der legendären Panamericana, die von Feuerland durch Südamerika und die USA nach Alaska führt, zurückgelegt, zwei Jahre haben sie sich dafür Zeit genommen. Übernachtet haben sie auf wilden Bergkämmen, an einsamen Stränden, mitten im Nichts oder auf Campingplätzen, manchmal auch in privaten Gärten. Sie haben fast überall selbstverständliche Hilfsbereitschaft, Gastfreundschaft und Freundlichkeit erlebt.

Vom kanadischen Halifax aus schippert die unverwüstliche Leoni im September 2016 zurück nach Hamburg, die Thorens nehmen diesmal den Flieger nach Hause. Sie bereiten schon alles für den zweiten Teil der Reise, den Trip nach Australien, vor. Doch davon soll an anderer Stelle erzählt werden.

Während der zwei Reisejahre ist Hildegard Thoren zweimal nach Hause geflogen, ihr Mann Franz einmal. „Wir haben unterwegs mehrmals Leute getroffen, die ihr Zuhause komplett aufgelöst haben, bevor sie auf Weltreise gegangen sind“, erzählt Hildegard Thoren, „aber das würde ich nie tun. Ich brauche mein Zuhause, in das ich zurück kann“, hat sie festgestellt. Sie genießt im Moment die Ellbogenfreiheit im Renninger Zuhause, die im Gegensatz zur Enge im Camper steht. Ihr Mann zeigt dagegen nach zwei Wochen Reiseunterbrechung schon die ersten Zeichen von Rastlosigkeit, schließlich steht Leoni in Brisbane, Australien, bereit für den letzten Abschnitt der Tour. Im Juni geht es weiter. Bleibt nur zu wünschen: Bon Voyage!

Infos
: Wer mehr über die Reise erfahren möchte, kann im Blog unter www.opp-joeck.de alles nachlesen, was die beiden Weltenbummler erlebt haben.