Das gelbblühende Jakobskreuz-Kraut ist giftig für Mensch und Tier. Vor allem Pferde sind gefährdet. Entlang von Autobahnen wurde das Kraut früher sogar gezielt gesät, weil man es für harmlos hielt.

Heimsheim/Weissach - Wenn Anne Morlok-Klink von Weissach in Richtung Heimsheim fährt, überkommt die Heckengäu-Naturführerin ein beklemmendes Gefühl. „In den vergangenen Jahren haben sich das heimische Jakobskreuz-Kraut und das aus Südafrika stammende schmalblättrige Kreuzkraut auffallend ausgebreitet“, bemerkt die aufmerksame Naturbeobachterin. „Ich mache mir ernsthafte Sorgen um unsere Futterflächen“, sagt die Pferdehalterin aus Weissach.

 

Das gelb blühende Kraut, das an günstigen Standorten eine stattliche Größe erreicht, enthält sogenannte Pyrrolizidin-Alkaloide, die der tierische und menschliche Stoffwechsel in unterschiedlichem Maß in der Leber zu hochgiftigen, krebserregenden Substanzen umwandelt. Pferde, aber auch Rinder sind besonders empfindlich, während Schafe und Ziegen etwas größere Mengen des Giftes vertragen, das aber in jedem Fall zu einer unaufhaltsam tödlich verlaufenden Leberzirrhose führt.

Starke Ausbreitung entlang von Straßen

Bekannt sind das heimische Kraut und die damit zusammenhängende Schweinsberger Krankheit in Tierbeständen schon lange. Anne Morlock-Klink verweist vor allem auf die starke Ausbreitung entlang von Straßen, aber auch zunehmend in Grünlandbeständen, Naturschutzflächen und auf ungepflegten Weiden. Besonders auffällig sei es entlang der Autobahnen, wo bis vor wenigen Jahren unter völliger Fehleinschätzung der weiteren Ausbreitung die nicht minder giftige südafrikanische Kreuzkrautart in Saatgutmischungen für Straßenbegleitgrün beigemengt wurde.

Auch Elke Rommel aus Höfingen, die Milchschafe hält, beobachtet mit Sorge die starke Ausbreitung in der Region. „Ich kann nicht verstehen, dass das Problem noch immer nicht ausreichend ernst genommen wird. In der Schweiz und Großbritannien muss das Kraut gezielt bekämpft werden, während es hier immer noch stark auf dem Vormarsch ist“, sagt die Tierhalterin und macht auch in ihrem Umfeld auf die Problematik aufmerksam.

Das Landratsamt Böblingen hat ebenfalls reagiert. In den vergangenen zwei Jahren wurden laut der Pressereferentin Wiebke Höfer die Gemeinden und Bauhöfe gezielt auf das Problem mit der gelben Pflanze aufmerksam gemacht: „Wir empfehlen kurz vor oder nach der Blüte zu mähen um die Mutterpflanze zu schwächen und halten die Mitarbeiter an, den Folgeaufwuchs zu kontrollieren und einzelne Pflanzen auszureißen.“ Schließlich könne eine solch stattliche Pflanze nach Informationen des bundesweit aktiven Arbeitskreises Kreuzkraut e. V. bis zu 100 000 flugfähiger Samen entwickeln. Das Landratsamt empfiehlt den kommunalen Mitarbeitern mit Schutzhandschuhen zu arbeiten.

Daniel Hartmann, der im Weissacher Ortsbauamt nach eigenen Angaben zuständig „fürs Grüne“ ist, hat das Problem nach Hinweisen mehrerer besorgter Bürger direkt an der Wurzel gepackt. „Ich bin mit einem Ferienjobber vom Bauhof einen Vormittag lang losgezogen und wir haben das Kraut herausgezogen.“ Er ist überzeugt, dass es auch nur durch vollständiges Herausreißen wirklich wirksam bekämpft werden kann. „Chemischen Pflanzenschutz dürfen wir auf öffentlichen Flächen nicht einsetzen“, erläutert er das Dilemma zwischen der aufwendigen Handarbeit und der Notwendigkeit, die Pflanze vollständig zu vernichten. Hartmann ist es ein Anliegen, über die Gefahren, die von der in Fachkreisen schlicht JKK genannten Pflanze und ihren Verwandten der Gattung Senecio ausgehen, zu informieren. „Ich glaube, dass die Gefahr im Umfeld der Landwirtschaft noch unterschätzt wird“, fügt der Verwaltungsmann nachdenklich an. Er verweist auf Informationen des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zu diesem Thema und will es immer wieder bei den Mitarbeitern und Bürgern ansprechen.

„Gefahr im Umfeld der Landwirtschaft noch unterschätzt“

Besorgt hat auch die Weissacherin Renate Mann auf Vorkommen in der Gemeinde hingewiesen. Ihr Mann sei Hobbyimker und so beobachte sie sehr aufmerksam, was draußen in der Nähe der Bienenstöcke so wachse. Nicht zuletzt habe sie aber auch Bekannte in Österreich, deren zwei Pferde mit großer Wahrscheinlichkeit durch Jakobskreuz-Kraut qualvoll verendet sind.

Aus Norddeutschland wird immer häufiger von stark kontaminiertem Honig berichtet. Diese Gefahr entkräftet jedoch der Vorsitzende des Bezirksimkervereins Harald Müller aus Merklingen. Die bei der Landesanstalt für Bienenkunden in Hohenheim beprobten Honige seien bislang allesamt unauffällig gewesen. Und wenn die Imker spätestens Anfang Juni schleuderten, fange das JKK erst an zu blühen. Den späteren Eintrag in den Stock würde man aufgrund des geringen Nahrungsangebotes im weiteren Verlauf des Sommers den Bienen überlassen. In Heu ist das Jakobskreuz-Kraut dann auf kontaminierten Flächen aber allemal.

Bei der Rinder- und Pensionspferdehalterin Ingrid Kleiner aus Mönsheim löst es deshalb Kopfschütteln aus, wenn Leute aus Unwissenheit stattliche JKK-Pflanzen auf ihrem Stückle oder im Hausgarten sogar noch mit einen Stecken hochbinden, anstatt es herauszureißen und zu entsorgen.