Brillantes Kabarett: Christine Rothacker nimmt den Pflegebereich gekonnt aufs Korn und verteilt bunte Pillen an die Zuschauer, passend zur Kleidung oder zur Gesichtsfarbe, je nachdem..

Heimsheim - Schwester Klitscherova, die slawische Krankenpflegerin im deutschen Pflegedschungel, hat im Heimsheimer Schleglerkasten einen schweren Stand gehabt: Nicht nur, dass sie sich in ihrem Arbeitsalltag mit bockigen Pfleglingen, renitenten Angehörigen und dem vorgeschriebenen Zeitkorridor für Pflegedienstleistungen herumschlagen muss, an diesem Abend hat sie auch noch versiertes Publikum vor sich.

 

Denn der betreute Kabarettabend, den Klitscherova alias Kabarettistin Christine Rothacker mit ihrem Programm „Pflege für alle“ bestreitet, ist anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Pflegeheims Haus Heckengäu vor allem für diejenigen gedacht, deren Arbeitsalltag Klitscherova in Auszügen so treffend aufs Korn nimmt. Freunde und Gönner des Hauses und Pflegekräfte jedweder Couleur, vom Krankenverband über Mitarbeiter des Krankenhauses bis hin zu pflegenden Angehörigen, amüsieren sich trefflich neben den Mitarbeitern des Hauses Heckengäu über die Spitzen der Kabarettistin.

Stützstrümpfe als natürliches Verhütungsmittel

Die verteilt erst einmal, ganz in Pflegermanier, bunte Pillen an die Zuschauer, passend zur Kleidung oder zur Gesichtsfarbe, je nachdem. Und bewundert ganz nebenbei die Stützstrümpfe einer Dame in der ersten Reihe, die deutlich schicker sind als ihre eigenen fleischfarbenen. „Ein natürliches Verhütungsmittel“ nennt sie diese. Und gibt gleich den ersten wichtigen Tipp an die Generation, deren Eltern heute pflegebedürftig sind: Alles, was die Eltern an Hilfsmitteln haben, aufbewahren. Prothese, Orthese, Brille oder Hörhilfe. Man weiß ja nie, in der eigenen Rente muss man vielleicht mangels Kostenübernahme durch die Krankenkassen darauf zurückgreifen.

Sie moniert den vorgegebenen Minutentakt für die kleine und große Toilette und auch für die Essenszubereitung, wobei die erlaubten drei Minuten fürs Pürieren reichen, wie sie festgestellt hat. Schwieriger wird es, wenn die Angehörigen die Wasseruhr kontrollieren oder die Ernährung überhaupt in Frage stellen. Doch die erfahrene Pflegekraft weiß: in ihrer Jobbeschreibung steht ebenso Blitzableiter, auch wenn ihr das nicht gefällt. Ihr Rezept: Yoga. Und sie führt bewundernswert vor, wie ein gelungener Kopfstand mit Stützstrümpfen aussehen kann, gefolgt von Übungen zur Stärkung der Körperkraft. Die braucht man, um seine Schützlinge fachgerecht versorgen zu können.

Doppelherz mit Alkohol und Koffein als Unterstützung

Schwester Klitscherova nähert sich jetzt dem Punkt, an dem sie die Unterstützung der zwei Herzen gebrauchen kann: Doppelherz, 18 Prozent Alkohol und Koffein. Trotzdem ist sie überzeugt: Sie hat den schönsten Beruf der Welt, sie ist trotz Niedriglohn kein Opfer, denn sie wird gebraucht und ist wertvoll für die Gesellschaft. Und ihr Job ist krisensicher, der demografische Wandel beweist das. Auch, wenn sie schon über 40 Jahre alt ist, keine Antiquität, sondern eine reife Frucht. Mit Leichtigkeit benennt Christine Rothacker in der Schwesterntracht der Pflegerin Klitschkova Brennpunkte in der Pflege und zeigt, dass mit Humor auch diese Hürden leichter zu nehmen sind. Und mit Musik, denn immer wieder an diesem Abend kommt auch das Akkordeon zum Einsatz, das auf einem fellbespannten Rollator auf seinen Einsatz wartet. Denn die vielseitige Kabarettistin hat neben Tanz und Schauspiel auch Gesang, unter anderem im Fachbereich Musical, studiert.

Die gebürtige Heidelbergerin ist als Schauspielerin, Sängerin, Kabarettistin, Choreografin, Regisseurin und Theaterpädagogin im deutschsprachigen Raum unterwegs, spielt sowohl große Rollen an Theatern in großen Städten als auch auf kleinen Bühnen. Wie in Heimsheim, wo sie Angehörigen eines fordernden Berufes einen schönen Abend beschert hat.