Jürgen Troll ist seit 2013 Bürgermeister in Heimsheim. Im vergangenen Jahr musste er einige Konflikte mit Teilen des Gemeinderates ausstehen. Dennoch ist er gerne Bürgermeister in der Schleglerstadt und will die Stadtentwicklung voran treiben.

Heimsheim – - Jürgen Troll ist seit 2013 Bürgermeister in Heimsheim. Im vergangenen Jahr musste er einige Konflikte mit Teilen des Gemeinderates ausstehen, etwa um den Kreisverkehr beim Lailberg oder die Sanierung der Stadthalle. Inzwischen hat sich das Klima gebessert. Das wichtigste Thema ist der Umbau der Stadtmitte, aber auch die Stadthalle. Die Klage gegen den Ex-Bürgermeister Uwe Rupp auf Schadensersatz liegt vor Gericht.
Alle reden von der Stadtentwicklung, einem neuen Zentrum am Luna-Park. Wann sieht man davon etwas?
So eine Stadtentwicklung braucht viel Vorarbeit. Auch die Bürger binden wir mit Stadtspaziergängen oder einer Bürgerversammlung immer wieder ein. Die Planungen laufen auf Hochtouren, aber ich kann noch nicht sagen, wann man in der Stadt etwas konkret sieht. Ein nächster Schritt ist, Fördermittel des Landes zu beantragen.
Was sind denn Ihre Vorstellungen für den Luna-Park?
Ein Wohn- und Geschäftshaus stelle ich mir vor, für das wir nun noch einen Investor und Bauträger finden müssen. In der Ortsmitte wäre dringend auch ein Café oder Bistro nötig. Ob das im Luna-Park entstehen kann oder vielleicht am Schlossplatz, ist offen. Ich stelle mir im Luna-Park ergänzende Dienstleister und Händler vor, wie einen Optiker.
Und ein großes Ärztehaus?
Vielleicht können wir an der Stelle ein oder zwei Arztpraxen, die schon in der Stadt sind konzentrieren. Es muss ja nicht gleich ein ganzes Haus sein.
Die Bürger fragen aber schon nach: Wann wird konkret etwas geschehen?
Das kann ich verstehen, aber es geschieht andauernd was. Einen Zeitplan für die Stadtmitte kann man schwer aufzeigen – wir müssen weiter Ideen sammeln, Konzepte entwickeln und nach Fördermitteln und Investoren schauen. Wir werden in diesem Jahr dabei noch vorankommen.
Am Stadtrand ist ein kleines Marktzentrum mit Drogerie- und Supermarkt entstanden. Schadet das der Ortsmitte?
Da gibt es natürlich ein gewisses Spannungsfeld. Dennoch ist die Ansiedlung der Märkte am See ein Glücksfall, um den uns andere Kommunen beneiden. Wir müssen nun in der Stadtmitte die Einzelhändler und Dienstleister stärken, indem wir die Aufenthaltsqualität steigern. Zudem haben wir die Grundstückspolitik geändert: Wir kaufen Immobilien in der Ortsmitte auf, um später selbst gestalten zu können.
Ihre Kritiker im Gemeinderat, vor allem von CDU und Freien Wählern, kritisieren, dass zu wenig voranginge. Wie ist das Klima im Gemeinderat? Haben Sie noch eine Mehrheit im Gremium? Oder gar eine gegen sich?
Man muss bei unterschiedlichen Meinungen fair miteinander diskutieren. Mag sein, dass das Klima zeitweise angespannt war – es hat sich jedenfalls wieder deutlich verbessert. Wir gehen respektvoll miteinander um und diskutieren auf sachlicher Ebene. Das ist für mich persönlich ein Grundprinzip. Die besten Lösungen erhalten die Mehrheiten. Dabei kann es nicht um ein für oder gegen den Bürgermeister oder eine Fraktion gehen. Wir alle sind der Stadt verpflichtet.
Erfreulich ist die Entwicklung der Alten Autobahnmeisterei, auch Egelsee II ist in Planung. Gibt es einen Zeitplan dazu?
Ja, wir werden in den nächsten Wochen einen Bebauungsplan dafür aufstellen. Wenn es optimal läuft, kann Ende 2017 mit der Erschließung begonnen werden. Allerdings muss die Größe des Gewerbegebietes von bis zu sechs Hektar im Gemeinderat noch diskutiert werden.
Was könnte sich dort ansiedeln?
Die Nachfrage nach Gewerbeflächen ist sehr groß. Das Gebiet Egelsee I ist nahezu voll. Bei der Alten Autobahnmeisterei haben wir dem privaten Eigentümer einen Anstoß geben, die Brache zu erschließen Das ist gelungen, was wir sehr begrüßen. Egelsee II ist dann aber auch das Ende der Fahnenstange, weitere Gewerbegebiete wird es nicht geben. Wir wollen die besondere Lebensqualität in Heimsheim schließlich erhalten.
Wann wird das geplante Wohngebiet Lailberg II fertig sein?
Wir wollen im Herbst mit der Erschließung beginnen. Ich rechne damit, dass im Sommer 2017 baureifes Land zur Verfügung steht. Die Stadt wird selbst zehn Millionen Euro in Grunderwerb und Erschließung investieren. Ich schätze, dass wir insgesamt 120 der 180 Plätze selbst verkaufen können.
Ein Bauplatz in dem Gebiet Lailberg II ist besonders brisant: Er gehört dem Ex-Bürgermeister Uwe Rupp, der es günstig gekauft hat, bevor es Bauland wurde. Sie klagen auf Schadensersatz, wie sieht es damit aus?
Nach Beschluss des Gemeinderats hat die Stadt im Jahr 2014 Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht.
.Weil Herr Rupp als Bürgermeister wusste, dass aus dem günstigen Wiesen-Grundstück später teures Bauland werden sollte und so einen Vorteil erlangt hat...
Es steht im Raum, dass das Grundstück der Stadt angeboten wurde, der Gemeinderat aber nie gefragt wurde. Aber das soll der Richter beurteilen. Wenn das Gericht entscheidet, dass Herr Rupp die Dienstpflichten nicht verletzt hat, dann ist die Sache erledigt. Andernfalls wird es sicher zu einem finanziellen Ausgleich kommen. Die Angelegenheit einem Gericht zu übergeben, war klug , denn das entzieht weiteren Mutmaßungen die Grundlage und schafft damit auch Ruhe in der Stadt.
Haben Sie von Herrn Rupp seit 2014 in dieser Sache wieder etwas gehört?
Es gibt natürlich einen Austausch von Schriftsätzen der Anwälte. Die Stadt hat auch ein Angebot für eine außergerichtliche Einigung gemacht, das wurde aber von der Gegenseite nicht angenommen.
Von Ihrem Zimmer im Rathaus aus sehen Sie den Wald, in dem die Region Windkraft vorsieht. Warum lehnen Sie das ab?
In Heimsheim sind wir nicht generell gegen Windkraft. Es geht aber um die Frage, ob dieser Standort geeignet ist. Es ist schon erstaunlich, dass von allen möglichen Standorten im Kreis Böblingen ausgerechnet dieser direkt an der Markungsgrenze zu Heimsheim übrig geblieben ist.
Vermuten Sie politische Absicht?
Die Vermutung liegt nahe, weil die einzigen, die von diesen Windrädern betroffen sind, nicht in der Region Stuttgart leben, sondern in Heimsheim. Mich ärgert das. Der Standort ist vergleichsweise windschwach, und die Bedenken aus unserer Stadt wurden einfach überhört. Ich halte das für eine feige politische Alibi-Entscheidung. Von mir kommt dazu ein klares Nein.
Über die Sanierung der Stadthalle wird auch schon lange diskutiert. Welche Variante kommt wann zum Zug?
Der Anbau und die Mensa sind vorerst vom Tisch, allein schon wegen der Summe, die investiert werden muss. Grundsätzlich sehen alle Fraktionen im Gemeinderat Sanierungsbedarf bei Brandschutz, Hygiene und Wärmeschutz. Die Kosten von 1,3 Millionen Euro dafür sind unstrittig. Überlegt wird noch, ob man die Nebenräume umgestaltet, die nicht sportlich genutzt werden. Das ist ein komplexes Thema. Wir werden noch etwas Zeit brauchen.
In der Nachbarschaft gibt es bereits einige Gemeinschaftsschulen – war das nie ein Thema für Heimsheim?
Unsere Ludwig-Uhland-Schule als Real- und Werkrealschule ist gut aufgestellt. Im ländlichen Raum bevorzugen viele Eltern einen klassischen Realschulabschluss und wollen, dass ihre Kinder nachmittags nach Hause kommen. Es gibt aber ein Spannungsfeld zu den Gemeinschaftsschulen, weswegen ich die Landespolitik kritisiere.
Was genau kritisieren Sie?
Es geht mir nicht um die Frage, ob die Gemeinschaftsschule die richtige Schulform ist. Aber dass man nicht den Mut hatte, sie an den etablierten Schulstandorten einzuführen, bedauere ich sehr. So entstanden aus kleinen Hauptschulen ohne Zukunft Gemeinschaftsschulen. Das bringt Schulstädte wie Heimsheim in Bedrängnis und Kommunen untereinander in Konkurrenz.
Der Landkreis plant ein Nahverkehrskonzept fürs Heckengäu, was ist Ihr Wunsch?
Ich hoffe, dass dabei die S-Bahn-Anbindung mit betrachtet wird. Gerade für Heimsheim wäre eine Verbindung zum S-Bahnhof Malmsheim interessant.
Ihre ersten Jahre im Amt waren nicht konfliktfrei. Macht es Ihnen noch Spaß, Bürgermeister im Schloss zu sein?
Ich bin sehr gerne Bürgermeister hier. Die Heimsheimer sind sehr sympathisch und engagiert. Mit Teilen des Gemeinderates ist es nicht immer leicht gewesen, aber man muss doch auch das große Ganze betrachten. Und damit bin ich sehr zufrieden.