Fahrlässige Körperverletzung: Dem Angeklagten wird vorgeworfen, seinen Nachbarn beinahe angefahren zu haben.

Heimsheim - Mit dem Urteil von Bernd Lindner, dem Direktor des Amtsgerichts Maulbronn, geht ein Verfahren zu Ende, in dem der Heimsheimer Landwirt und Gemeinderat Walter Gommel angeklagt war, einen seiner Nachbarn fast angefahren zu haben. Schon am ersten Verhandlungstag im September wurde das Geschehen im April 2017 mithilfe mehrerer Zeugen weitgehend aufgerollt: Der 77-jährige Gommel und sein Nachbar liegen seit Längerem im Streit. Von Hundehaufen im öffentlichen Grün entlang von Feldern war die Rede, aber auch von Spuckattacken auf den Verfahrensgegner und dessen Frau.

 

Der Angeklagte soll an einem Abend kurzzeitig sein Fahrzeug auf den Nachbarn zugesteuert haben, als dieser auf dem Weg zu seinem Haus im Mühlrain war. Der Nachbar soll daraufhin zur Seite gesprungen sein. Seine Frau alarmierte die Polizei, während ihr Mann so erschrocken gewesen sei, dass er sich zitternd ins Bett legte. So trafen ihn auch herbeigerufene Polizeibeamte an, wie einer von ihnen gestern vor Gericht bestätigte. Der Geschädigte hatte auch ein ärztliches Attest vorgelegt, das ihm in der Folge dieses Vorgangs Schlafstörungen bescheinigte.

In der Verhandlung bestritt der Angeklagte jede Absicht, den Nachbarn erschrecken oder bedrohen zu wollen. Allerdings soll er bei seiner Festnahme, nachdem er an diesem April-Abend von einem Gaststättenbesuch offensichtlich alkoholisiert zurückgekehrt war, mehrmals damit gedroht haben, dass er den Nachbarn das nächste Mal umbringen werde. Ein als Zeuge geladener Polizeibeamter bestätigte dies. Dieser Polizist sagte auch, dass nicht nur Gommels Sohn – dieser sei mit Pfefferspray gestoppt worden – dem Vater zu Hilfe eilen wollte, sondern auch seine Frau.

Verteidiger führt Sachsenspiegel ins Feld

Der Polizist habe die 76-Jährige abwehren wollen und dabei mit einem Handstoß so getroffen, dass sie auf den Rücken fiel. Allerdings – das betonten sowohl Staatsanwalt als auch Richter – seien die Vorgänge bei der Festnahme an dem Abend des Geschehens nicht Gegenstand des aktuellen Verfahrens in Maulbronn.

Schließlich plädierte der Staatsanwalt auf Nötigung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung – vor allem wegen der Beschwerden des Nachbarn nach dem Vorfall. Der Staatsanwalt war der Meinung, dass Walter Gommel den Nachbarn durchaus gesehen habe, während er mit dem Auto unterwegs in der Straße war. Der Nachbar habe zur Seite springen müssen, weil er sonst vielleicht touchiert worden wäre. Die Aussagen der Polizisten und des Geschädigten sowie seiner Frau seien glaubhaft gewesen. Es sei eine „Riesenschweinerei, einen anderen mit einem Auto zu erschrecken“, so der Staatsanwalt.

Demgegenüber plädierte Gommels Verteidiger auf Freispruch. Der Jurist führte den Sachsenspiegel, ein Rechtsbuch aus dem 13. Jahrhundert, ins Feld, der damals schon mindestens drei „gute Zeugen“ verlangte. Hier stehe Aussage gegen Aussage. Er könne nicht nachvollziehen, wieso die Aussagen der Geschädigten glaubhafter sein sollten als die des Angeklagten. Im Übrigen habe der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ Verfassungsrang.

Richter: Kein Raum für Missinterpretation

Der Direktor des Maulbronner Amtsgerichts, Bernd Lindner, hielt hingegen die Aussagen des Geschädigten und seiner Frau für glaubhaft. „Hier gibt es keinen Raum für Missinterpretationen“, sagte er. Allerdings traue er dem Angeklagten nicht zu, dass er den Nachbarn verletzen wollte. Vielmehr habe er wohl spontan beschlossen, ihn zu erschrecken. „Hier habe ich im Zweifel keine Nötigung gesehen“, erklärte Lindner.

Was die Verletzungen des Geschädigten betreffe, wolle er zwar auch „die Kirche im Dorf“ lassen. Den Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung wollte der Richter jedoch nicht fallen lassen. Hierfür hielt Lindner eine Strafe von 30 Tagessätzen zu je 30 Euro für angemessen. Außerdem muss Walter Gommel einen Monat lang auf seinen Führerschein verzichten.