Durch den Besuch von Kaiser Otto dem Großen wurde die Stadt vor 1050 Jahren erstmals urkundlich erwähnt. Anlässlich des Jubiläums spekulierte der Historiker Jeff Klotz im Schleglerschloss über den Anlass.

Heimsheim - Genau 1050 Jahre ist es her, als Heimsheim erstmals urkundlich erwähnt worden ist. Damals kehrte Otto der Große nach der Kaiserkrönung in Rom nach Deutschland zurück und wurde am 28. oder 29. Januar des Jahres 965 von seinen beiden Söhnen, König Otto II. und Erzbischof Wilhelm von Mainz, an der alemannisch-fränkischen Grenze im damaligen Heimbodesheim empfangen.

 

Doch warum legte der Kaiser ausgerechnet hier eine Rast ein? Eine durchaus berechtigte Frage, der Jeff Klotz am Mittwochabend im Schleglerschloss nachging. Der Archäologe und Historiker sowie Leiter des Römermuseums Remchingen folgte einer Einladung der Stadt, gab zum Jubiläum mit dem Vortrag „Heimsheim vor 1050 Jahren“ einen Einblick in die Historie.

Zunächst aber widmete er sich den Entwicklungen im östlichen Enzkreis vor der Ersterwähnung. „Um die Geschichte eines Ortes zu verstehen, müssen wir erst einmal schauen, was im Kontext der Zeit in den Jahrhunderten vorher passierte“, erklärte Klotz und nahm die Zuhörer, darunter Heimsheims Bürgermeister Jürgen Troll und sein Mönsheimer Amtskollege Thomas Fritsch, im vollbesetzten Kasten auf eine Reise durch 700 Jahre.

„Keine Christen“

Eine wichtige Rolle spielte die hier damals lebende Bevölkerung. Dabei hob der Archäologe das Jahr 260 hervor. „In diesem entschied sich das Römische Reich dazu, das heutige Baden-Württemberg aufzugeben, wodurch die römische Bevölkerung verschwand“, sagte er. Später ließen sich die Alemannen nieder, die auch ihre Kultur mitbrachten. Zwischen dem dritten und fünften Jahrhundert folgten dem Experten zufolge religiöse Umwälzungen. Die Alemannen führten die Brandbestattung ein, die durch die fränkischen Gräberfelder ersetzt wurde. „Diese Menschen waren aber keine Christen“, sagte Klotz, „denn unsere Region war bis ins siebte Jahrhundert nicht christianisiert.“ Erst mit der Missionierung durch irische Mönche habe die christliche Symbolik auf den hiesigen Gräbern Einzug gehalten.

Zeitgleich setzte die Grundsteinlegung für die Struktur der Orte ein, sagte der Archäologe und Historiker, Straßennetze wurden ausgebaut und auch die Vergabe der Ortsnamen wurde anders gehandhabt. „Während die Menschen bis dahin in einer stammesrechtlichen Kultur lebten und ihren Ort nach dem Sippenherr benannten, bekamen die Ortsnamen geografische Zuschreibungen wie etwa Bach oder Berg“, erklärte er. Das Wort „Heim“ in Heimbodesheim war Jeff Klotz zufolge im Fränkischen nicht unüblich, „Bodes“ hielt er für eine mögliche Abwandlung eines Namens.

Jeder Ort braucht einen Pfarrer

Als im achten Jahrhundert Karl der Große an die Macht kam, führte er die Pfarrordnung ein – fortan musste jeder Ort einen Pfarrer, eine Kirche sowie einen Friedhof haben, erläuterte der Leiter des Römermuseums in Remchingen. In dieser Zeit schossen dem Referenten zufolge die Ortschaften wie Pilze aus dem Boden. Dies sei aber nicht nur dem Bevölkerungswachstum geschuldet gewesen. „Die Gründung war auch interessant, weil man mit jeder neuen Ortschaft den Zehnt erheben konnte“, sagte er. Dies und der wirtschaftliche Aufschwung des zehnten Jahrhunderts hätten dafür gesorgt, dass später große Städte wie Pforzheim entstanden.

Nun aber zurück zum Jahr 965 und dem Besuch von Kaiser Otto, der die Grundstrukturen des frühen Mittelalters und auch das Pfalzsystem – also die Errichtung von königlichen Residenzen, die im Abstand von 30 Kilometern gebaut wurden – beibehielt. Eine solche aus Wohnanlagen und Nutzgebäuden bestehende Pfalz gab es laut der urkundlichen Erwähnung auch in Heimsheim, dies führte Klotz auf das Wörtchen „Villa“ in dem lateinischen Schriftstück zurück. „Hier war ein fest eingesetztes Personal zur Dauerbestellung dieses Gebiets, immer darauf vorbereitet, dass der König vorbeikommt“, sagte er. Demzufolge könne Heimsheim kein kleines Dorf gewesen sein. „Eine ‚Villa’ konnte man nur mit einem funktionierenden infrastrukturellen Netz aufrechterhalten“, erklärte er und mutmaßte: „Heimsheim muss ein wichtiger Ort dieser Zeit gewesen sein.“

Politische Brisanz

Nur mutmaßen konnte der Referent Klotz auch über den Anlass des Herrscherbesuches. Denn der Kaiser war auf der Rheinstraße nach Worms unterwegs und legte damit einen Umweg ein. „Man kann von politischer Brisanz ausgehen, möglicherweise kamen die drei zusammen, um eine Fehde im ostfränkischen Raum zu schlichten“, spekulierte er. Auch der kurze Aufenthalt deute darauf hin, dass der Besuch einem politischen Zweck gedient habe. „Hier muss etwas beschlossen worden sein, was nur hier beschlossen werden konnte“, sagte der Historiker Jeff Klotz, der am Ende nicht umhinkam, diesen prominenten Besuch entsprechend zu würdigen: „Dass Heimsheim seine Anfänge auf den Stammvater des deutschen Mittelalters zurückführen kann, ist schon etwas ganz Besonderes.“