Haus und Grund weist auf der 50-Jahr-Feier auf die Probleme des Immobilienmarktes hin.

Leonberg - Unser neuer Pressesprecher sucht eine Wohnung in Leonberg, so um die 60 Quadratmeter. Hätten Sie da was?“ In seinem Grußwort bringt Leonbergs Erster Bürgermeister Ulrich Vonderheid, der den erkrankten Oberbürgermeister Martin Kaufmann vertritt, eine von Leonbergs dringlichsten Aufgaben auf den Punkt. Das Problem des Pressesprechers nach einer bezahlbaren Wohnung ist in Leonberg und Umgebung ein alltägliches und trifft bei der Jubiläumsfeier des Vereins Haus und Grund in der Stadthalle auf ein Fachpublikum, nämlich die Mitglieder des 1968 gegründeten Vereins Haus und Grund.

 

50 Jahre ist es her, dass in Leonberg 18 engagierte Immobilienbesitzer unter dem Vorsitz des Juristen Wolfgang Glaser, heute Ehrenvorsitzender, den Verein gegründet haben. Jetzt ist das Jubiläum im Anschluss an die Mitgliederversammlung gebührend gefeiert worden. Rund 2600 Mitglieder zählt der Leonberger Verein heute, mehr als 250 davon haben vor Ort mitgefeiert. Daneben konnte der Vorsitzende Reinhard Brümmer etliche hochkarätige Gäste aus der regionalen, der Landes- und der Bundespolitik begrüßen, selbst CDU-Fraktionschef Volker Kauder ließ durch Michael Hennrich, der Vorsitzende von Haus und Grund Württemberg, Grüße ausrichten und seinen Dank dafür, dass die Mitglieder des Vereins einiges dafür täten, um vielen Menschen ein Dach über dem Kopf zu geben.

Viele private Kleinvermieter

Der Meinung ist auch der Festvortragsredner Michael Voigtländer, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte beim Kölner Institut für Wirtschaft, und belegt seine Ansicht mit Zahlen: „Rund 60 Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland werden von privaten Kleinvermietern, Vermietern also, bei denen die Mieteinnahmen Nebenerwerb und nicht Haupterwerb sind, angeboten. Das ist eine Besonderheit, die es außerhalb des deutschen Wohnungsmarktes so nicht gibt“, erklärt er. In anderen europäischen Ländern wie den Niederlanden oder Großbritannien gäbe es, so der Experte, entweder Eigentum, staatlichen Wohnungsbau oder große Wohnungsbaugesellschaften.

In Baden-Württemberg vermieten 15 Prozent der Haushalte eine oder mehrere Immobilien, selbst etwa sechs Prozent der einkommensschwachen Haushalte vermieten Wohnraum, den sie vielleicht geerbt oder sich als Altersvorsorge hart erspart haben. Damit ist das Ländle deutscher Spitzenreiter im Vermieten. Zum Vergleich: Schlusslicht Sachsen-Anhalt kommt auf drei Prozent Kleinvermieter.

Mieten sind in Leonberg um 35 Prozent gestiegen

Doch obwohl die Selbstnutzerkosten bei Wohneigentum auch dank der niedrigen Zinsen deutlich unter den Mietkosten liegen, steigt der Anteil an Wohnungseigentümern nicht. Die Gründe dafür sind vielfältig: „Die meisten Haushalte haben nicht das Kapital, um Eigentum zu erwerben. Hohe Grundsteuern, Makler- und Notargebühren oder auch die komplexen gesetzlichen Vorgaben erschweren es, Häuslebauer oder Wohnungsbesitzer zu werden“, so der Fachmann. Er zeigt auf, dass in Stuttgart die Mieten in den vergangenen Jahren um 40 bis 50 Prozent gestiegen sind. „In Leonberg“, schätzt er, „um 35 Prozent“. Eine spekulative Blase, die platzen könnte, sieht Voigtländer im Immobiliensektor übrigens nicht, denn der Wohnungsbedarf in Stuttgart und Umgebung, auch in Leonberg, wird durch die boomende Wirtschaft und die zuziehenden Fachkräfte nach wie vor steigen.

Vor den Stadttoren bauen

Um Abhilfe zu schaffen, so Voigtländer, müsse man die Möglichkeiten nutzen und dazu eben auch vor den Stadttoren bauen: „Stuttgart kann aufgrund der Kessellage nur nach außen wachsen“, betont er, „das heißt, dass im Umland gebaut werden muss. Und hier gibt es noch viel Grün, das erschlossen werden kann, da muss man ran. Wohnungsbau ist auch eine Frage der Haltung“, findet er und nennt Berlin in den 20er Jahren als Beispiel: „Da hat es Berlin trotz der schweren Zeiten geschafft, 140 000 Wohnungen zu bauen.“

Fakt ist, dass viel zu wenig gebaut wird, um den steigenden Wohnungsbedarf in unserer starken, durch Wachstum geprägten Wirtschaftsregion zu decken, die nach wie vor gut bezahlte Arbeitskräfte anziehen wird. Wohnungsmangel und hohe Mieten werden die Haushalte weiter in die Umlandgemeinden drängen, die darauf reagieren müssen. Doch den Kommunen, so Voigtländer, werde es auch durch Proteste ihrer Bürger schwer gemacht, Areale zum Bauen zu erschließen. Hier seien die Städte gefordert, Überzeugungsarbeit zu leisten, denn mehr Wohnraum käme allen zu Gute.