In den Sporthallen von Ditzingen und Münchingen trainieren derzeit in den Morgenstunden die Frauen-Nationalteams der Gruppe B, darunter der Titelverteidiger aus Norwegen. Viel Trubel wünschen sie sich nicht.

Ditzingen - Internationales Stimmengewirr am Samstagmorgen in der Ditzinger Sporthalle Glemsaue – erst tschechisch, dann schwedisch und zuletzt norwegisch. Die Handball-Nationalteams der Frauen geben sich die Klinke in die Hand. Die Übungseinheiten – die letzten vor den ersten Weltmeisterschafts-Vorrundenspielen an diesem Abend in Bietigheim – wirken sehr entspannt. Eine Gruppe spielt Fußballtennis, die andere macht Wurftraining, wieder eine andere Koordinationsübungen. Nora Mork, einer der großen Stars im norwegischen Team, kräftigt ihre Schultermuskulatur, Kollegin Heidi Loke macht lockeres Lauftraining, die Torhüterinnen testen noch einmal ihre Reaktionsfähigkeit.

 

Kaum von öffentlichem Interesse ist die Vorbereitung der Nationalteams – nur ein paar Neugierige sind in die Halle gekommen. Die Verantwortlichen hatten ohnehin gebeten, in Ruhe trainieren zu dürfen. Allein um den amtierenden Weltmeister Norwegen schart sich eine Gruppe von mitgereisten Journalisten. Darunter Gro Hammerseng-Edin, Welthandballerin des Jahres 2007 – die nach ihrer aktiven Karriere für den norwegischen Fernsehsender TV 2 als Expertin vor der Kamera steht. „60 Medienvertreter aus Norwegen haben sich für die WM akkreditiert, das Interesse ist größer als bei den deutschen Kollegen“, sagt Hartmut Binder, der für die Pressebetreuung am Standort Bietigheim zuständig ist. In ihrer Heimat werden die Handball-Frauen gefeiert. Fotos und Interviews sind in Ditzingen nur in den letzen Minuten erlaubt. Trainer Thorir Hergeirsson, der in der Journalisten-Schar für einen Moment verschwindet, steht Rede und Antwort. Dann ist die Mannschaft auch schon wieder im Bus verschwunden.

Die potenzielle Staugefahr auf der Autobahn A 81 in Fahrtrichtung Heilbronn hat die Planung rund um die Handball-Weltmeisterschaft der Frauen ein wenig durcheinander gebracht. Plötzlich rücken neben der Ege Trans Arena Bietigheim-Bissingen, dem Austragungsort der Vorrundenspiele in der Gruppe B, auch die beiden Städte Ditzingen und Korntal-Münchingen in den Fokus, bekommen einen weltmeisterlichen Hauch zu spüren.

In der Ege Trans Arena Bietigheim machen die Mannschaften des Titelverteidigers Norwegen, Schweden, Ungarn, Argentinien, Polen und die Tschechen den Gruppensieger unter sich aus. Dort hätten sie sich auch für ihre Spiele vorbereiten sollen. Doch kurz vor dem WM-Start am vergangenen Samstag hatten die Verantwortlichen der Internationalen Handballföderation (IHF) mit Sitz im schweizerischen Basel befunden: Das mit der Autobahn sei zu riskant für den eng getakteten Zeitplan. Denn alle Spielerinnen samt Trainer und Betreuerstab der Gruppe B sind in einem Weilimdorfer Hotel untergebracht. Der schnellste Weg nach Bietigheim führt über die A 81 – und kann ruckzuck in einem quälenden Stau enden. Also fragte man in den Rathäusern von Ditzingen und Korntal-Münchingen an. Und die stellten spontan die Sporthallen in der Glemsaue (Ditzingen) und die Münchinger Sporthalle zur Verfügung.

Schüler, deren Sportunterricht ausfällt, bekommen Karten für ein Spiel in der Arena. „Es gab auch Anfragen, ob sie beim Training zuschauen dürfen, das wurde vom Deutschen Handballbund abgelehnt“, bedauert Thomas Wolf, Leiter des Amtes Kultur, Freizeit und Familie bei der Stadt Ditzingen. Das sei die normale Praxis bei einer Weltmeisterschaft, sagt Thomas Freyer, der WM-Projektleiter beim Deutschen Handballbund in Dortmund. „Wir müssen die Interessen der Teams vertreten, und die wollen keine Öffentlichkeit beim Training.

Der Warmbronner Bernhard Bauer, von 2013 bis 2015 Präsident des Deutschen Handballbundes, hat Verständnis für den Ausschluss der Öffentlichkeit. „Bei so einem wichtigen Turnier wollen sich die Mannschaften in aller Ruhe auf den nächsten Gegner vorbereiten.“ Der 63-Jährige, der selbst in seinen aktiven Torwartzeiten in der Bundesliga spielte, ist ein starker Befürworter des Frauen-Handballs und wünscht sich mehr Akzeptanz. „Er wird, im Vergleich zu den nordischen Ländern, in Deutschland nicht mit dem nötigen Respekt behandelt.“ Bernhard Bauer ist Ehrenpräsident des Handballverbandes Württemberg und ist da, wenn sein Rat gefragt ist. Bei der WM ist er stellvertretender Leiter des regionalen Organisationskomitees für die Spiele in Bietigheim-Bissingen.

Titelverteidiger Norwegen hat gleich am Samstagabend die erste Pflicht erfüllt, siegte gegen Ungarn mit 30:22.