In der Leonberger Kneipe Domizil verfolgen rund 80 Spieler, Trainer und Fans der SG Leonberg/Eltingen den WM-K.o. der deutschen Mannschaft in Katar. Euphorische Stimmung will angesichts des Spielverlaufs keine aufkommen.

Leonberg - Sehr viel mehr Handball-Sachverstand an einem Ort versammelt geht in Leonberg fast gar nicht. Der Optimismus kurz vor dem Anpfiff um 16.30 Uhr ist groß, der Patriotismus ein Stück weit auch. Die Tipps – alle falsch. Von der SG Leonberg/Eltingen hatten sich zum Viertelfinale Deutschland gegen Katar einmal mehr in der Leonberger Kneipe Domizil alle eingefunden, die Zeit hatten oder sich die Zeit nehmen konnten. Vom Abteilungsleiter Matthias Groß angefangen, der in der Halbzeit kam, über Mitglieder des Fördervereins und Trainer bis hin zu den Spielern von A- bis C-Jugend oder den Akteuren aus erster, zweiter oder dritter Männermannschaft. In den Gewölbekeller zog sich das fast komplette Frauenteam zurück, auf das nach dem Spiel eine Trainingseinheit im Sportzentrum wartete.

 

Es geht gut los. Steffen Weinhold gelingt die Führung in der zweiten Minute. Was zu diesem Zeitpunkt noch keiner wusste und auch nicht für möglich gehalten hätte: Es sollte die erste und einzige für Deutschland in diesem Spiel bleiben.

Alle tippen auf einen deutschen Sieg. Domizil-Wirt Lothar Mattner, ein Fußball-Lehrer, der schon immer sehr genau auch andere Sportarten verfolgt, setzt auf ein 27:24. Torhüter Benjamin Seeger (28:26), Spielerin Lisa Baumgartl (29:26) oder Jugendtrainerin Larissa Wagner (28:24) sind überzeugt vom deutschen Weiterkommen. Nur Coach Peter Gubesch erwartet einen knappen Ausgang. 27:26 nach Verlängerung – für Deutschland. Er ist am nächsten dran (wenn man das überhaupt so nennen kann) und kriegt dafür einen Trostpunkt.

Nach knapp 14 Minuten ist Katar auf 8:4 davon gezogen. Die SG’ler bleiben ruhig. Schließlich wissen sie aus unzähligen Begegnungen: Die Entscheidung fällt in der Regel sowieso erst in der zweiten Hälfte. Als Katar bereits mit 13:7 führt, gibt’s dennoch schon etwas mehr Beifall für das 8:13 von Paul Drux. So macht man der Mannschaft und wohl auch sich selbst ein bisschen Mut.

Das Hauptquartier ist im Domizil

Es ist Handball-Weltmeisterschaft, und keiner merkt es. Keine Fähnchen an den Autos, kein Korso – nichts. Ein undenkbares Szenario noch vor rund einem halben Jahr, als die Fußballer in Brasilien zugange waren. Viertelfinale Deutschland gegen Frankreich: die Straßen waren leer gefegt. Die politische Diskussion darüber, dass sich der Pay-TV-Sender Sky die Übertragungsrechte gesichert hat, ist gerade wieder neu entfacht. Den Handball-Fans nutzt das nichts. Sie schauen in die Röhre. Dafür freuen sich die Kneipiers, die das Sky-Paket eingekauft haben. Schon vom ersten Gruppenspiel an hat die SG Leonberg/Eltingen im Domizil ihr Hauptquartier bezogen. Gestern waren rund 80 SG’ler vor Ort. Dazu kamen ein paar „externe“ Handball-Fans.

Deutschland kommt einfach nicht näher heran. Für das erste wirklich befreiende „Jaaa“ sorgt Uwe Gensheimer, der quasi mit dem Schlusspfiff der ersten Hälfte doch noch auf 14:18 verkürzt.

Wer kann, der lässt die Arbeit Arbeit sein

Selbst ein paar „Lang-Arbeiter“ wie Spielleiter Thomas Hettler oder Stefan Beske von der dritten Mannschaft haben sich frühzeitig freigeschaufelt. Beske, der sich auch im Bereich Sponsoring und Werbung verdient macht, hat aber zumindest sein Laptop dabei. Geschäftliche E-Mails lesen.

Langsam aber sicher wird es lauter im Domizil. Patrick Groetzki bringt die Deutschen in der 39. Minute auf 19:20 heran. Alles ist möglich. Genau dieser Groetzki scheitert in den Schlussminuten aber auch zweimal glockenfrei an Katars Keeper Saric. 24:26 – nichts geht mehr.

Ziemlich schnell gehen dafür nach dem Abpfiff die Gäste. Die Enttäuschung hält sich in Grenzen. Die Fachfrauen und- männer, die alle daneben lagen, beginnen zu analysieren. Waren es die liegen gelassenen Chancen, die zu schwache erste Hälfte oder gar die Schiedsrichter? Auch wenn es keiner wirklich mitkriegt: die Handball-Weltmeisterschaft ist noch nicht vorbei. Und die ersten SG’ler haben sich zumindest für das Endspiel am Sonntag schon mal im Domizil angekündigt.